Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.der Höhe des Ufers, wenn die See, wie es häufig Die Monotonie dieser Linien, dieser Farben, dieser der Höhe des Ufers, wenn die See, wie es häufig Die Monotonie dieſer Linien, dieſer Farben, dieſer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0106" n="96"/> der Höhe des Ufers, wenn die See, wie es häufig<lb/> geſchah, unmittelbar den Fuß der Kreidefelſen beſpülte,<lb/> bald auf dem feſten körnigen Sande des ſchmalen<lb/> Vorſtrandes. Hier und da hatte einer der kurzen<lb/> waſſerreichen Bäche, die aus dem Innern der Inſel<lb/> dem Meere zueilen, das Ufer durchbrochen und eine<lb/> Schlucht gehöhlt, die jedesmal mit einer faſt ſüdlich<lb/> üppigen Vegetation bedeckt war. Aber mit Ausnahme<lb/> dieſer wenigen grünen Oaſen zeigte ſich dem Auge<lb/> nichts als kahler Fels, nackter Sand, das eintönige<lb/> blaue Meer, auf dem hier und da ein weißes Segel<lb/> ſchwamm, und der eintönige blaue Himmel, an dem<lb/> hier und da eine weiße Sommerwolke unbeweglich<lb/> ſtand. Und zu dieſem eintönigen Bilde die einförmige<lb/> Muſik der brandenden Wellen und dann und wann<lb/> der gelle Schrei der Möve oder das melancholiſche<lb/> Pfeifen der kleinen Strandläufer...</p><lb/> <p>Die Monotonie dieſer Linien, dieſer Farben, dieſer<lb/> Töne wäre für ein glückliches, lebensfrohes Gemüth<lb/> unerträglich geweſen, aber ſie paßte wunderbar zu<lb/> Oswald's Seelenzuſtand. Es giebt Stunden, wo wir<lb/> Regenwetter oder eine öde Landſchaft wie Freunde<lb/> willkommen heißen, auf deren Geſichtern ſchon die<lb/> Theilnahme, die ſie an unſerm Schmerze nehmen,<lb/> ausgeprägt iſt; Stunden, wo uns Sonnenſchein und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [96/0106]
der Höhe des Ufers, wenn die See, wie es häufig
geſchah, unmittelbar den Fuß der Kreidefelſen beſpülte,
bald auf dem feſten körnigen Sande des ſchmalen
Vorſtrandes. Hier und da hatte einer der kurzen
waſſerreichen Bäche, die aus dem Innern der Inſel
dem Meere zueilen, das Ufer durchbrochen und eine
Schlucht gehöhlt, die jedesmal mit einer faſt ſüdlich
üppigen Vegetation bedeckt war. Aber mit Ausnahme
dieſer wenigen grünen Oaſen zeigte ſich dem Auge
nichts als kahler Fels, nackter Sand, das eintönige
blaue Meer, auf dem hier und da ein weißes Segel
ſchwamm, und der eintönige blaue Himmel, an dem
hier und da eine weiße Sommerwolke unbeweglich
ſtand. Und zu dieſem eintönigen Bilde die einförmige
Muſik der brandenden Wellen und dann und wann
der gelle Schrei der Möve oder das melancholiſche
Pfeifen der kleinen Strandläufer...
Die Monotonie dieſer Linien, dieſer Farben, dieſer
Töne wäre für ein glückliches, lebensfrohes Gemüth
unerträglich geweſen, aber ſie paßte wunderbar zu
Oswald's Seelenzuſtand. Es giebt Stunden, wo wir
Regenwetter oder eine öde Landſchaft wie Freunde
willkommen heißen, auf deren Geſichtern ſchon die
Theilnahme, die ſie an unſerm Schmerze nehmen,
ausgeprägt iſt; Stunden, wo uns Sonnenſchein und
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