hart." Er ließ sich auf einen Stuhl sinken, stützte den Arm auf die Lehne und verbarg sein Gesicht in der Hand.
Er stand wieder auf, ging, die Arme über der Brust kreuzend, mit langen Schritten in dem Gemache auf und ab und sprach, als ob er mit sich selbst redete: "Was beklagen sich denn die Menschen, die lieben und wieder geliebt werden, wenn sie, so oder so, um ihre Hoffnungen betrogen wurden? oder die, welche lieben, und wenn ihre Leidenschaft auch nicht erwiedert wird, doch wenigstens den Trost haben, daß man ihren Kummer ehrt, daß man Mitleid mit ihren Qualen hat? Nein -- lieben, lieben, wie nur ein Erdensohn lieben kann, mit allen Kräften seiner Seele, mit jedem Blutstropfen in seinen Adern, und dann erfahren -- nicht, daß man uns nicht wieder liebt -- pah, was ist das! -- nein, erfahren, daß man uns für einen Lügner hält, für einen Spaßmacher, einen Schäker -- ha, ha, ha! das ist das Wahre! das ist ein Labsal, wie es Teufel armen Gefolterten glühend in den lechzenden Mund träufeln" . . .
"Und wenn ich nicht an Ihre Liebe glaube, wer ist denn Schuld daran? wer hatte die Scene im Garten der Villa Serra di Falco arrangirt? ich oder Sie?"
F.Spielhagen , Problematische Naturen. III. 13
hart.“ Er ließ ſich auf einen Stuhl ſinken, ſtützte den Arm auf die Lehne und verbarg ſein Geſicht in der Hand.
Er ſtand wieder auf, ging, die Arme über der Bruſt kreuzend, mit langen Schritten in dem Gemache auf und ab und ſprach, als ob er mit ſich ſelbſt redete: „Was beklagen ſich denn die Menſchen, die lieben und wieder geliebt werden, wenn ſie, ſo oder ſo, um ihre Hoffnungen betrogen wurden? oder die, welche lieben, und wenn ihre Leidenſchaft auch nicht erwiedert wird, doch wenigſtens den Troſt haben, daß man ihren Kummer ehrt, daß man Mitleid mit ihren Qualen hat? Nein — lieben, lieben, wie nur ein Erdenſohn lieben kann, mit allen Kräften ſeiner Seele, mit jedem Blutstropfen in ſeinen Adern, und dann erfahren — nicht, daß man uns nicht wieder liebt — pah, was iſt das! — nein, erfahren, daß man uns für einen Lügner hält, für einen Spaßmacher, einen Schäker — ha, ha, ha! das iſt das Wahre! das iſt ein Labſal, wie es Teufel armen Gefolterten glühend in den lechzenden Mund träufeln“ . . .
„Und wenn ich nicht an Ihre Liebe glaube, wer iſt denn Schuld daran? wer hatte die Scene im Garten der Villa Serra di Falco arrangirt? ich oder Sie?“
F.Spielhagen , Problematiſche Naturen. III. 13
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hart.“ Er ließ ſich auf einen Stuhl ſinken, ſtützte
den Arm auf die Lehne und verbarg ſein Geſicht in
der Hand.
Er ſtand wieder auf, ging, die Arme über der
Bruſt kreuzend, mit langen Schritten in dem Gemache
auf und ab und ſprach, als ob er mit ſich ſelbſt
redete: „Was beklagen ſich denn die Menſchen, die
lieben und wieder geliebt werden, wenn ſie, ſo oder
ſo, um ihre Hoffnungen betrogen wurden? oder die,
welche lieben, und wenn ihre Leidenſchaft auch nicht
erwiedert wird, doch wenigſtens den Troſt haben,
daß man ihren Kummer ehrt, daß man Mitleid mit
ihren Qualen hat? Nein — lieben, lieben, wie nur
ein Erdenſohn lieben kann, mit allen Kräften ſeiner
Seele, mit jedem Blutstropfen in ſeinen Adern, und
dann erfahren — nicht, daß man uns nicht wieder
liebt — pah, was iſt das! — nein, erfahren, daß
man uns für einen Lügner hält, für einen Spaßmacher,
einen Schäker — ha, ha, ha! das iſt das Wahre!
das iſt ein Labſal, wie es Teufel armen Gefolterten
glühend in den lechzenden Mund träufeln“ . . .
„Und wenn ich nicht an Ihre Liebe glaube, wer
iſt denn Schuld daran? wer hatte die Scene im
Garten der Villa Serra di Falco arrangirt? ich
oder Sie?“
F.Spielhagen , Problematiſche Naturen. III. 13
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/203>, abgerufen am 16.02.2025.
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