Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861."Ich vermuthe, es steckt dahinter eine romantische "Allerdings", sagte der Baron; "ich selbst stand Meine ganze Weltanschauung war in einem emi¬ Ich hatte damals das Studiren in Bonn und „Ich vermuthe, es ſteckt dahinter eine romantiſche „Allerdings“, ſagte der Baron; „ich ſelbſt ſtand Meine ganze Weltanſchauung war in einem emi¬ Ich hatte damals das Studiren in Bonn und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0044" n="34"/> <p>„Ich vermuthe, es ſteckt dahinter eine romantiſche<lb/> Geſchichte.“</p><lb/> <p>„Allerdings“, ſagte der Baron; „ich ſelbſt ſtand<lb/> damals noch in den Jahren, wo jeder Menſch, er<lb/> müßte denn zufällig ein geborner Stockfiſch ſein, ein<lb/> lebendiges Stück Romantik iſt. Ich ſchwärmte für<lb/> Eichendorff's mondſcheindurchleuchtete Zaubernächte,<lb/> für Brunnen und Wälderrauſchen, und vor allem<lb/> ſchwärmte ich für ſchlanke Mägdelein mit und ohne<lb/> Guitarre am blauen Bande.</p><lb/> <p>Meine ganze Weltanſchauung war in einem emi¬<lb/> nenten Grade romantiſch, vor allem meine Moral.<lb/> Das ganze Leben hatte für mich nicht mehr Bedeu¬<lb/> tung, als ein Schattenſpiel an der Wand, und das<lb/> einzige Reelle, was ich gelten ließ, war die ſouve¬<lb/> räne Ironie. Mit einem Worte: ich war ein char¬<lb/> manter Kerl, und wenn man mich an den erſten beſten<lb/> Galgen gehangen hätte, ſo wäre das nur „mir zur<lb/> gerechten Straff, anderen aber zum abſcheulichen<lb/> Exempul“ geweſen. —</p><lb/> <p>Ich hatte damals das Studiren in Bonn und<lb/> Heidelberg gerade herzlich ſatt. Ich hatte in tauſend<lb/> Büchern vergeblich nach der Löſung des Räthſels ge¬<lb/> ſucht, über dem ſich ſchon ſo viel beſſere Köpfe als<lb/> ich den Kopf zerbrochen haben, und wollte es nun<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [34/0044]
„Ich vermuthe, es ſteckt dahinter eine romantiſche
Geſchichte.“
„Allerdings“, ſagte der Baron; „ich ſelbſt ſtand
damals noch in den Jahren, wo jeder Menſch, er
müßte denn zufällig ein geborner Stockfiſch ſein, ein
lebendiges Stück Romantik iſt. Ich ſchwärmte für
Eichendorff's mondſcheindurchleuchtete Zaubernächte,
für Brunnen und Wälderrauſchen, und vor allem
ſchwärmte ich für ſchlanke Mägdelein mit und ohne
Guitarre am blauen Bande.
Meine ganze Weltanſchauung war in einem emi¬
nenten Grade romantiſch, vor allem meine Moral.
Das ganze Leben hatte für mich nicht mehr Bedeu¬
tung, als ein Schattenſpiel an der Wand, und das
einzige Reelle, was ich gelten ließ, war die ſouve¬
räne Ironie. Mit einem Worte: ich war ein char¬
manter Kerl, und wenn man mich an den erſten beſten
Galgen gehangen hätte, ſo wäre das nur „mir zur
gerechten Straff, anderen aber zum abſcheulichen
Exempul“ geweſen. —
Ich hatte damals das Studiren in Bonn und
Heidelberg gerade herzlich ſatt. Ich hatte in tauſend
Büchern vergeblich nach der Löſung des Räthſels ge¬
ſucht, über dem ſich ſchon ſo viel beſſere Köpfe als
ich den Kopf zerbrochen haben, und wollte es nun
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