Kokette zu Liebe? Nein, nein! ich habe kein Anrecht an diesem Kinde!"
Während der Baron so sprach, stieß er mit dem Fuße die halb verkohlten Feuerbrände aus dem Holz¬ stoß in den Sumpf, daß sie zischend verlöschten.
"Weshalb hat denn die braune Gräfin Sie auf¬ gesucht? weshalb Ihnen das Kind in die Hände ge¬ spielt? weshalb dieses Rendezvous selbst herbeigeführt?"
"Sie wollte den Geliebten ihrer Jugend, den ein¬ zigen Mann, den sie vielleicht je geliebt hat, noch einmal sehen; sie wollte ihm das Kind, sein Kind, in die Hände legen und zurücktauchen in ihre Waldes¬ nacht. Aber sie kann ohne das Kind nicht leben und das Kind nicht ohne sie. So mußte ich denn Beide ziehen lassen."
"Aber weshalb nicht Beide mit nach Cona neh¬ men?"
"Soll ich den Falken an die Kette legen? Der Falk fühlt sich nur wohl in dem unermeßlichen Aether¬ meer; er stirbt in der dumpfen Stubenluft. Kommen Sie! es ist für uns civilisirte Menschen die höchste Zeit, daß wir in's warme Bett kommen."
Der Baron stieß den letzten Brand hinunter in's Wasser; die Männer wandten sich, zu gehen.
Kokette zu Liebe? Nein, nein! ich habe kein Anrecht an dieſem Kinde!“
Während der Baron ſo ſprach, ſtieß er mit dem Fuße die halb verkohlten Feuerbrände aus dem Holz¬ ſtoß in den Sumpf, daß ſie ziſchend verlöſchten.
„Weshalb hat denn die braune Gräfin Sie auf¬ geſucht? weshalb Ihnen das Kind in die Hände ge¬ ſpielt? weshalb dieſes Rendezvous ſelbſt herbeigeführt?“
„Sie wollte den Geliebten ihrer Jugend, den ein¬ zigen Mann, den ſie vielleicht je geliebt hat, noch einmal ſehen; ſie wollte ihm das Kind, ſein Kind, in die Hände legen und zurücktauchen in ihre Waldes¬ nacht. Aber ſie kann ohne das Kind nicht leben und das Kind nicht ohne ſie. So mußte ich denn Beide ziehen laſſen.“
„Aber weshalb nicht Beide mit nach Cona neh¬ men?“
„Soll ich den Falken an die Kette legen? Der Falk fühlt ſich nur wohl in dem unermeßlichen Aether¬ meer; er ſtirbt in der dumpfen Stubenluft. Kommen Sie! es iſt für uns civiliſirte Menſchen die höchſte Zeit, daß wir in's warme Bett kommen.“
Der Baron ſtieß den letzten Brand hinunter in's Waſſer; die Männer wandten ſich, zu gehen.
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Kokette zu Liebe? Nein, nein! ich habe kein Anrecht
an dieſem Kinde!“
Während der Baron ſo ſprach, ſtieß er mit dem
Fuße die halb verkohlten Feuerbrände aus dem Holz¬
ſtoß in den Sumpf, daß ſie ziſchend verlöſchten.
„Weshalb hat denn die braune Gräfin Sie auf¬
geſucht? weshalb Ihnen das Kind in die Hände ge¬
ſpielt? weshalb dieſes Rendezvous ſelbſt herbeigeführt?“
„Sie wollte den Geliebten ihrer Jugend, den ein¬
zigen Mann, den ſie vielleicht je geliebt hat, noch
einmal ſehen; ſie wollte ihm das Kind, ſein Kind, in
die Hände legen und zurücktauchen in ihre Waldes¬
nacht. Aber ſie kann ohne das Kind nicht leben und
das Kind nicht ohne ſie. So mußte ich denn Beide
ziehen laſſen.“
„Aber weshalb nicht Beide mit nach Cona neh¬
men?“
„Soll ich den Falken an die Kette legen? Der
Falk fühlt ſich nur wohl in dem unermeßlichen Aether¬
meer; er ſtirbt in der dumpfen Stubenluft. Kommen
Sie! es iſt für uns civiliſirte Menſchen die höchſte
Zeit, daß wir in's warme Bett kommen.“
Der Baron ſtieß den letzten Brand hinunter in's
Waſſer; die Männer wandten ſich, zu gehen.
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/113>, abgerufen am 26.06.2024.
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