Stunden, Minuten, gleichviel -- zu verlieben, und jede nur einigermaßen passende Gelegenheit zur An¬ knüpfung einer Intrigue zu benutzen. So war er denn noch nicht vierundzwanzig Stunden auf dem Schlosse gewesen, als er schon Mademoiselle Mar¬ guerite und die hübsche Luise als diejenigen Personen herausgefunden hatte, welche besonders dazu geeignet sein dürften, ihm die Langeweile des Landlebens und die Unbequemlichkeit einer Brautwerbung tragen zu helfen. Er hatte Albert, den buon camerado so vieler ähnlicher Heldenthaten in der Cadettenzeit, über Mademoiselle auszuholen versucht und seinem Jean den Auftrag ertheilt, die Moralität der hübschen Luise gelegentlich auf die Probe zu stellen. Albert war einen Augenblick in Zweifel gewesen, ob er Felix' saubern Plan nicht wenigstens so weit begünstigen sollte, um einen Grund zu haben, auf den er sich stützen könnte, wenn es ihm später vielleicht einmal darauf ankäme, mit Marguerite zu brechen. Dann aber hatten die Eifersucht und der Haß, welchen er gegen seinen frü¬ heren Kameraden, "den Glückspilz", empfand, doch den Sieg davon getragen. Er hatte Felix erzählt, wie er ganz bestimmt -- von Mademoiselle selbst -- wisse, daß sie -- "mit einem Candidaten der Theolo¬ gie, der Himmel weiß wo? ich glaube in Grünwald" --
10 *
Stunden, Minuten, gleichviel — zu verlieben, und jede nur einigermaßen paſſende Gelegenheit zur An¬ knüpfung einer Intrigue zu benutzen. So war er denn noch nicht vierundzwanzig Stunden auf dem Schloſſe geweſen, als er ſchon Mademoiſelle Mar¬ guerite und die hübſche Luiſe als diejenigen Perſonen herausgefunden hatte, welche beſonders dazu geeignet ſein dürften, ihm die Langeweile des Landlebens und die Unbequemlichkeit einer Brautwerbung tragen zu helfen. Er hatte Albert, den buon camerado ſo vieler ähnlicher Heldenthaten in der Cadettenzeit, über Mademoiſelle auszuholen verſucht und ſeinem Jean den Auftrag ertheilt, die Moralität der hübſchen Luiſe gelegentlich auf die Probe zu ſtellen. Albert war einen Augenblick in Zweifel geweſen, ob er Felix' ſaubern Plan nicht wenigſtens ſo weit begünſtigen ſollte, um einen Grund zu haben, auf den er ſich ſtützen könnte, wenn es ihm ſpäter vielleicht einmal darauf ankäme, mit Marguerite zu brechen. Dann aber hatten die Eiferſucht und der Haß, welchen er gegen ſeinen frü¬ heren Kameraden, „den Glückspilz“, empfand, doch den Sieg davon getragen. Er hatte Felix erzählt, wie er ganz beſtimmt — von Mademoiſelle ſelbſt — wiſſe, daß ſie — „mit einem Candidaten der Theolo¬ gie, der Himmel weiß wo? ich glaube in Grünwald“ —
10 *
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0157"n="147"/>
Stunden, Minuten, gleichviel — zu verlieben, und<lb/>
jede nur einigermaßen paſſende Gelegenheit zur An¬<lb/>
knüpfung einer Intrigue zu benutzen. So war er<lb/>
denn noch nicht vierundzwanzig Stunden auf dem<lb/>
Schloſſe geweſen, als er ſchon Mademoiſelle Mar¬<lb/>
guerite und die hübſche Luiſe als diejenigen Perſonen<lb/>
herausgefunden hatte, welche beſonders dazu geeignet<lb/>ſein dürften, ihm die Langeweile des Landlebens und<lb/>
die Unbequemlichkeit einer Brautwerbung tragen zu<lb/>
helfen. Er hatte Albert, den <hirendition="#aq">buon camerado</hi>ſo<lb/>
vieler ähnlicher Heldenthaten in der Cadettenzeit, über<lb/>
Mademoiſelle auszuholen verſucht und ſeinem Jean<lb/>
den Auftrag ertheilt, die Moralität der hübſchen Luiſe<lb/>
gelegentlich auf die Probe zu ſtellen. Albert war einen<lb/>
Augenblick in Zweifel geweſen, ob er Felix' ſaubern<lb/>
Plan nicht wenigſtens ſo weit begünſtigen ſollte, um<lb/>
einen Grund zu haben, auf den er ſich ſtützen könnte,<lb/>
wenn es ihm ſpäter vielleicht einmal darauf ankäme,<lb/>
mit Marguerite zu brechen. Dann aber hatten die<lb/>
Eiferſucht und der Haß, welchen er gegen ſeinen frü¬<lb/>
heren Kameraden, „den Glückspilz“, empfand, doch<lb/>
den Sieg davon getragen. Er hatte Felix erzählt,<lb/>
wie er ganz beſtimmt — von Mademoiſelle ſelbſt —<lb/>
wiſſe, daß ſie —„mit einem Candidaten der Theolo¬<lb/>
gie, der Himmel weiß wo? ich glaube in Grünwald“—<lb/><fwplace="bottom"type="sig">10 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[147/0157]
Stunden, Minuten, gleichviel — zu verlieben, und
jede nur einigermaßen paſſende Gelegenheit zur An¬
knüpfung einer Intrigue zu benutzen. So war er
denn noch nicht vierundzwanzig Stunden auf dem
Schloſſe geweſen, als er ſchon Mademoiſelle Mar¬
guerite und die hübſche Luiſe als diejenigen Perſonen
herausgefunden hatte, welche beſonders dazu geeignet
ſein dürften, ihm die Langeweile des Landlebens und
die Unbequemlichkeit einer Brautwerbung tragen zu
helfen. Er hatte Albert, den buon camerado ſo
vieler ähnlicher Heldenthaten in der Cadettenzeit, über
Mademoiſelle auszuholen verſucht und ſeinem Jean
den Auftrag ertheilt, die Moralität der hübſchen Luiſe
gelegentlich auf die Probe zu ſtellen. Albert war einen
Augenblick in Zweifel geweſen, ob er Felix' ſaubern
Plan nicht wenigſtens ſo weit begünſtigen ſollte, um
einen Grund zu haben, auf den er ſich ſtützen könnte,
wenn es ihm ſpäter vielleicht einmal darauf ankäme,
mit Marguerite zu brechen. Dann aber hatten die
Eiferſucht und der Haß, welchen er gegen ſeinen frü¬
heren Kameraden, „den Glückspilz“, empfand, doch
den Sieg davon getragen. Er hatte Felix erzählt,
wie er ganz beſtimmt — von Mademoiſelle ſelbſt —
wiſſe, daß ſie — „mit einem Candidaten der Theolo¬
gie, der Himmel weiß wo? ich glaube in Grünwald“ —
10 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/157>, abgerufen am 23.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.