Es war am Abend desselben Tages. Man hatte so eben die Mahlzeit, die bei gutem Wetter jetzt stets auf der Terrasse eingenommen wurde, beendet und bereitete sich zu einem gemeinschaftlichen Spaziergange vor, den man, auf den Vorschlag der Baronin, durch den Buchwald nach dem Strande machen wollte. Os¬ wald hätte sich ausschließen mögen, da ihm in seiner augenblicklichen Stimmung die Gesellschaft wirklich peinlich war, aber Felix, der ein großes Gefallen an dem schweigsamen, ernsten Mann zu finden schien, hatte ihn so lange gebeten, kein Störenfried und Spiel¬ verderber zu sein, daß er sich endlich, zu Bruno's großer Freude, zum Mitgehen entschloß. So brach man denn auf und gelangte bald in den schönen Wald, wo in den grünen Zweigen noch die rothen Abend¬ lichter spielten und die Vögel sangen. Felix hatte der Baronin den Arm gegeben; Fräulein Helene ging an ihres Vaters Seite; Oswald, Albert und die Kna¬ ben und Mademoiselle Marguerite gingen voran oder folgten, bald einzeln, bald paarweise, wie der schmale Waldweg es eben erlaubte. Felix, den sein Arzt be¬ sonders vor Erkältung gewarnt hatte, fand es im Wald doch kühler und feuchter, als er vermuthet, und er wünschte im Stillen sehnlichst, daß die Partie sich nicht zu sehr in die Länge ziehen möchte. Indessen
Es war am Abend deſſelben Tages. Man hatte ſo eben die Mahlzeit, die bei gutem Wetter jetzt ſtets auf der Terraſſe eingenommen wurde, beendet und bereitete ſich zu einem gemeinſchaftlichen Spaziergange vor, den man, auf den Vorſchlag der Baronin, durch den Buchwald nach dem Strande machen wollte. Os¬ wald hätte ſich ausſchließen mögen, da ihm in ſeiner augenblicklichen Stimmung die Geſellſchaft wirklich peinlich war, aber Felix, der ein großes Gefallen an dem ſchweigſamen, ernſten Mann zu finden ſchien, hatte ihn ſo lange gebeten, kein Störenfried und Spiel¬ verderber zu ſein, daß er ſich endlich, zu Bruno's großer Freude, zum Mitgehen entſchloß. So brach man denn auf und gelangte bald in den ſchönen Wald, wo in den grünen Zweigen noch die rothen Abend¬ lichter ſpielten und die Vögel ſangen. Felix hatte der Baronin den Arm gegeben; Fräulein Helene ging an ihres Vaters Seite; Oswald, Albert und die Kna¬ ben und Mademoiſelle Marguerite gingen voran oder folgten, bald einzeln, bald paarweiſe, wie der ſchmale Waldweg es eben erlaubte. Felix, den ſein Arzt be¬ ſonders vor Erkältung gewarnt hatte, fand es im Wald doch kühler und feuchter, als er vermuthet, und er wünſchte im Stillen ſehnlichſt, daß die Partie ſich nicht zu ſehr in die Länge ziehen möchte. Indeſſen
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0019"n="9"/><p>Es war am Abend deſſelben Tages. Man hatte<lb/>ſo eben die Mahlzeit, die bei gutem Wetter jetzt ſtets<lb/>
auf der Terraſſe eingenommen wurde, beendet und<lb/>
bereitete ſich zu einem gemeinſchaftlichen Spaziergange<lb/>
vor, den man, auf den Vorſchlag der Baronin, durch<lb/>
den Buchwald nach dem Strande machen wollte. Os¬<lb/>
wald hätte ſich ausſchließen mögen, da ihm in ſeiner<lb/>
augenblicklichen Stimmung die Geſellſchaft wirklich<lb/>
peinlich war, aber Felix, der ein großes Gefallen an<lb/>
dem ſchweigſamen, ernſten Mann zu finden ſchien,<lb/>
hatte ihn ſo lange gebeten, kein Störenfried und Spiel¬<lb/>
verderber zu ſein, daß er ſich endlich, zu Bruno's<lb/>
großer Freude, zum Mitgehen entſchloß. So brach<lb/>
man denn auf und gelangte bald in den ſchönen Wald,<lb/>
wo in den grünen Zweigen noch die rothen Abend¬<lb/>
lichter ſpielten und die Vögel ſangen. Felix hatte<lb/>
der Baronin den Arm gegeben; Fräulein Helene ging<lb/>
an ihres Vaters Seite; Oswald, Albert und die Kna¬<lb/>
ben und Mademoiſelle Marguerite gingen voran oder<lb/>
folgten, bald einzeln, bald paarweiſe, wie der ſchmale<lb/>
Waldweg es eben erlaubte. Felix, den ſein Arzt be¬<lb/>ſonders vor Erkältung gewarnt hatte, fand es im<lb/>
Wald doch kühler und feuchter, als er vermuthet, und<lb/>
er wünſchte im Stillen ſehnlichſt, daß die Partie ſich<lb/>
nicht zu ſehr in die Länge ziehen möchte. Indeſſen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[9/0019]
Es war am Abend deſſelben Tages. Man hatte
ſo eben die Mahlzeit, die bei gutem Wetter jetzt ſtets
auf der Terraſſe eingenommen wurde, beendet und
bereitete ſich zu einem gemeinſchaftlichen Spaziergange
vor, den man, auf den Vorſchlag der Baronin, durch
den Buchwald nach dem Strande machen wollte. Os¬
wald hätte ſich ausſchließen mögen, da ihm in ſeiner
augenblicklichen Stimmung die Geſellſchaft wirklich
peinlich war, aber Felix, der ein großes Gefallen an
dem ſchweigſamen, ernſten Mann zu finden ſchien,
hatte ihn ſo lange gebeten, kein Störenfried und Spiel¬
verderber zu ſein, daß er ſich endlich, zu Bruno's
großer Freude, zum Mitgehen entſchloß. So brach
man denn auf und gelangte bald in den ſchönen Wald,
wo in den grünen Zweigen noch die rothen Abend¬
lichter ſpielten und die Vögel ſangen. Felix hatte
der Baronin den Arm gegeben; Fräulein Helene ging
an ihres Vaters Seite; Oswald, Albert und die Kna¬
ben und Mademoiſelle Marguerite gingen voran oder
folgten, bald einzeln, bald paarweiſe, wie der ſchmale
Waldweg es eben erlaubte. Felix, den ſein Arzt be¬
ſonders vor Erkältung gewarnt hatte, fand es im
Wald doch kühler und feuchter, als er vermuthet, und
er wünſchte im Stillen ſehnlichſt, daß die Partie ſich
nicht zu ſehr in die Länge ziehen möchte. Indeſſen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/19>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.