Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Mensch -- ich kann es kaum über die Lippen bringen,
daß dieser Stein wirklich Harald's Sohn ist?"

"Möglich ist es immer;" sagte Felix.

"Nein, es ist nicht möglich," rief die Baronin mit
großer Heftigkeit; "es ist Alles ein höllischer Lug und
Trug, ein abgekartetes Spiel zwischen den beiden
Gaunern. Die Briefe sind gefälscht, sind von Beiden,
während sie hier die Köpfe zusammensteckten, geschmie¬
det und geschrieben worden. Es ist eine pure Erfin¬
dung, uns einen Schrecken einzujagen und Geld ab¬
zuschwindeln -- oder gar! ha! jetzt hab ich's! Sehen
Sie denn nicht, Felix, wo das Alles hinaus will?
auf Helene haben sie es abgesehen! dem Einen Geld,
dem Andern das Mädchen! ha, ha, ha! trefflich,
trefflich! schade, daß Helene nicht auch darüber an
Mary Burton geschrieben hat, denn ich wette: sie ist
mit im Complott! Aber nichts sollen sie haben! nichts,
nichts! nicht einen Thaler -- keinen Groschen!"

"Nehmen Sie die Sache nicht zu leicht, Tante!"
sagte Felix. Timm ist ein sehr gewitzter Bursche,
und wenn die Briefe wirklich gefälscht sind, so können
Sie sich darauf verlassen, daß es keine Stümperarbeit
ist, und uns sehr viel zu schaffen machen kann. Wollen
Sie meinen Rath hören?"

"Nun?"

Menſch — ich kann es kaum über die Lippen bringen,
daß dieſer Stein wirklich Harald's Sohn iſt?“

„Möglich iſt es immer;“ ſagte Felix.

„Nein, es iſt nicht möglich,“ rief die Baronin mit
großer Heftigkeit; „es iſt Alles ein hölliſcher Lug und
Trug, ein abgekartetes Spiel zwiſchen den beiden
Gaunern. Die Briefe ſind gefälſcht, ſind von Beiden,
während ſie hier die Köpfe zuſammenſteckten, geſchmie¬
det und geſchrieben worden. Es iſt eine pure Erfin¬
dung, uns einen Schrecken einzujagen und Geld ab¬
zuſchwindeln — oder gar! ha! jetzt hab ich's! Sehen
Sie denn nicht, Felix, wo das Alles hinaus will?
auf Helene haben ſie es abgeſehen! dem Einen Geld,
dem Andern das Mädchen! ha, ha, ha! trefflich,
trefflich! ſchade, daß Helene nicht auch darüber an
Mary Burton geſchrieben hat, denn ich wette: ſie iſt
mit im Complott! Aber nichts ſollen ſie haben! nichts,
nichts! nicht einen Thaler — keinen Groſchen!“

„Nehmen Sie die Sache nicht zu leicht, Tante!“
ſagte Felix. Timm iſt ein ſehr gewitzter Burſche,
und wenn die Briefe wirklich gefälſcht ſind, ſo können
Sie ſich darauf verlaſſen, daß es keine Stümperarbeit
iſt, und uns ſehr viel zu ſchaffen machen kann. Wollen
Sie meinen Rath hören?“

„Nun?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0241" n="231"/>
Men&#x017F;ch &#x2014; ich kann es kaum über die Lippen bringen,<lb/>
daß die&#x017F;er Stein wirklich Harald's Sohn i&#x017F;t?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Möglich i&#x017F;t es immer;&#x201C; &#x017F;agte Felix.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nein, es i&#x017F;t nicht möglich,&#x201C; rief die Baronin mit<lb/>
großer Heftigkeit; &#x201E;es i&#x017F;t Alles ein hölli&#x017F;cher Lug und<lb/>
Trug, ein abgekartetes Spiel zwi&#x017F;chen den beiden<lb/>
Gaunern. Die Briefe &#x017F;ind gefäl&#x017F;cht, &#x017F;ind von Beiden,<lb/>
während &#x017F;ie hier die Köpfe zu&#x017F;ammen&#x017F;teckten, ge&#x017F;chmie¬<lb/>
det und ge&#x017F;chrieben worden. Es i&#x017F;t eine pure Erfin¬<lb/>
dung, uns einen Schrecken einzujagen und Geld ab¬<lb/>
zu&#x017F;chwindeln &#x2014; oder gar! ha! jetzt hab ich's! Sehen<lb/>
Sie denn nicht, Felix, wo das Alles hinaus will?<lb/>
auf Helene haben &#x017F;ie es abge&#x017F;ehen! dem Einen Geld,<lb/>
dem Andern das Mädchen! ha, ha, ha! trefflich,<lb/>
trefflich! &#x017F;chade, daß Helene nicht auch darüber an<lb/>
Mary Burton ge&#x017F;chrieben hat, denn ich wette: &#x017F;ie i&#x017F;t<lb/>
mit im Complott! Aber nichts &#x017F;ollen &#x017F;ie haben! nichts,<lb/>
nichts! nicht einen Thaler &#x2014; keinen Gro&#x017F;chen!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nehmen Sie die Sache nicht zu leicht, Tante!&#x201C;<lb/>
&#x017F;agte Felix. Timm i&#x017F;t ein &#x017F;ehr gewitzter Bur&#x017F;che,<lb/>
und wenn die Briefe wirklich gefäl&#x017F;cht &#x017F;ind, &#x017F;o können<lb/>
Sie &#x017F;ich darauf verla&#x017F;&#x017F;en, daß es keine Stümperarbeit<lb/>
i&#x017F;t, und uns &#x017F;ehr viel zu &#x017F;chaffen machen kann. Wollen<lb/>
Sie meinen Rath hören?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Nun?&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0241] Menſch — ich kann es kaum über die Lippen bringen, daß dieſer Stein wirklich Harald's Sohn iſt?“ „Möglich iſt es immer;“ ſagte Felix. „Nein, es iſt nicht möglich,“ rief die Baronin mit großer Heftigkeit; „es iſt Alles ein hölliſcher Lug und Trug, ein abgekartetes Spiel zwiſchen den beiden Gaunern. Die Briefe ſind gefälſcht, ſind von Beiden, während ſie hier die Köpfe zuſammenſteckten, geſchmie¬ det und geſchrieben worden. Es iſt eine pure Erfin¬ dung, uns einen Schrecken einzujagen und Geld ab¬ zuſchwindeln — oder gar! ha! jetzt hab ich's! Sehen Sie denn nicht, Felix, wo das Alles hinaus will? auf Helene haben ſie es abgeſehen! dem Einen Geld, dem Andern das Mädchen! ha, ha, ha! trefflich, trefflich! ſchade, daß Helene nicht auch darüber an Mary Burton geſchrieben hat, denn ich wette: ſie iſt mit im Complott! Aber nichts ſollen ſie haben! nichts, nichts! nicht einen Thaler — keinen Groſchen!“ „Nehmen Sie die Sache nicht zu leicht, Tante!“ ſagte Felix. Timm iſt ein ſehr gewitzter Burſche, und wenn die Briefe wirklich gefälſcht ſind, ſo können Sie ſich darauf verlaſſen, daß es keine Stümperarbeit iſt, und uns ſehr viel zu ſchaffen machen kann. Wollen Sie meinen Rath hören?“ „Nun?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/241
Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/241>, abgerufen am 22.12.2024.