auch mit ziemlicher Gewißheit angeben zu können, um was es sich heute eigentlich handelte; hatten doch die Baronin und Felix es an Hindeutungen auf ein Er¬ eigniß, das möglicherweise in nicht allzu langer Zeit eintreten könnte, keineswegs fehlen lassen! Die Baro¬ nin und Felix hatten sich durch diese voreiligen An¬ spielungen, wie es schien, einen schlimmen Tag be¬ reitet, und sollten jetzt die Erfahrung machen, daß es viel leichter ist, den Mund der Fama zum Reden als zum Schweigen zu bringen. Sie hatten alle Mühe, die bedeutungsvollen Mienen der Bescheidneren, die zarten Andeutungen der Neugierigen, die directen Fragen der Zudringlichen zu übersehen, zu überhören, ausweichend zu beantworten, und bei diesem Fegefeuer doch noch die offizielle gesellschaftliche Freundlichkeit und Höflichkeit zu bewahren. Die Gesellschaft schien im allgemeinen entschlossen, an dem Glauben einer Ver¬ lobung zwischen Felix und Helene festhalten zu wollen, und vertröstete sich auf die Abendtafel, wo man ja doch endlich mit der Wahrheit hervortreten werde. Nur einige wenige Scharfsinnigere wollten aus ge¬ wissen Anzeichen schließen, daß die Aussicht auf das bewußte Ende doch wohl nicht ganz so ungetrübt sei, wie die Meisten anzunehmen schienen. Sie machten da¬ rauf aufmerksam, daß das Benehmen der Baronin
auch mit ziemlicher Gewißheit angeben zu können, um was es ſich heute eigentlich handelte; hatten doch die Baronin und Felix es an Hindeutungen auf ein Er¬ eigniß, das möglicherweiſe in nicht allzu langer Zeit eintreten könnte, keineswegs fehlen laſſen! Die Baro¬ nin und Felix hatten ſich durch dieſe voreiligen An¬ ſpielungen, wie es ſchien, einen ſchlimmen Tag be¬ reitet, und ſollten jetzt die Erfahrung machen, daß es viel leichter iſt, den Mund der Fama zum Reden als zum Schweigen zu bringen. Sie hatten alle Mühe, die bedeutungsvollen Mienen der Beſcheidneren, die zarten Andeutungen der Neugierigen, die directen Fragen der Zudringlichen zu überſehen, zu überhören, ausweichend zu beantworten, und bei dieſem Fegefeuer doch noch die offizielle geſellſchaftliche Freundlichkeit und Höflichkeit zu bewahren. Die Geſellſchaft ſchien im allgemeinen entſchloſſen, an dem Glauben einer Ver¬ lobung zwiſchen Felix und Helene feſthalten zu wollen, und vertröſtete ſich auf die Abendtafel, wo man ja doch endlich mit der Wahrheit hervortreten werde. Nur einige wenige Scharfſinnigere wollten aus ge¬ wiſſen Anzeichen ſchließen, daß die Ausſicht auf das bewußte Ende doch wohl nicht ganz ſo ungetrübt ſei, wie die Meiſten anzunehmen ſchienen. Sie machten da¬ rauf aufmerkſam, daß das Benehmen der Baronin
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auch mit ziemlicher Gewißheit angeben zu können, um
was es ſich heute eigentlich handelte; hatten doch die
Baronin und Felix es an Hindeutungen auf ein Er¬
eigniß, das möglicherweiſe in nicht allzu langer Zeit
eintreten könnte, keineswegs fehlen laſſen! Die Baro¬
nin und Felix hatten ſich durch dieſe voreiligen An¬
ſpielungen, wie es ſchien, einen ſchlimmen Tag be¬
reitet, und ſollten jetzt die Erfahrung machen, daß es
viel leichter iſt, den Mund der Fama zum Reden als
zum Schweigen zu bringen. Sie hatten alle Mühe,
die bedeutungsvollen Mienen der Beſcheidneren, die
zarten Andeutungen der Neugierigen, die directen
Fragen der Zudringlichen zu überſehen, zu überhören,
ausweichend zu beantworten, und bei dieſem Fegefeuer
doch noch die offizielle geſellſchaftliche Freundlichkeit
und Höflichkeit zu bewahren. Die Geſellſchaft ſchien
im allgemeinen entſchloſſen, an dem Glauben einer Ver¬
lobung zwiſchen Felix und Helene feſthalten zu wollen,
und vertröſtete ſich auf die Abendtafel, wo man ja
doch endlich mit der Wahrheit hervortreten werde.
Nur einige wenige Scharfſinnigere wollten aus ge¬
wiſſen Anzeichen ſchließen, daß die Ausſicht auf das
bewußte Ende doch wohl nicht ganz ſo ungetrübt ſei, wie
die Meiſten anzunehmen ſchienen. Sie machten da¬
rauf aufmerkſam, daß das Benehmen der Baronin
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/245>, abgerufen am 22.12.2024.
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