rung der Pläne Anna-Maria's entgegenzusetzen fest entschlossen war. Er hatte seine Tochter immer ge¬ liebt, aber jetzt betete er sie an. Sie war so schön, so stolz, und gegen ihn, den alten Vater, so freund¬ lich bescheiden, daß sein Herz, wenn er dachte, er könnte aus dem Leben gehen, ohne das Schicksal dieses seines Lieblings sicher gestellt zu haben, Angst und Trauer zugleich empfand. Wäre nun Felix der Mann gewesen, wie er sich den Gemal seiner Tochter wünschte, so hätte noch Alles gehen mögen. Aber das war Felix keineswegs. Der alte Baron war seiner Zeit auch ein junger Baron und war, wie Felix, Offizier gewesen. Er wußte sehr wohl, welchen Versuchungen ein junger und reicher Edelmann in dieser Lage ausgesetzt ist; er selbst war diesen Ver¬ suchungen nicht immer entgangen und hatte in seinem reiferen Alter, als sein von jeher ernst gestimmter Geist seine naturgemäße Richtung erlangt hatte, mit bitterer Reue die Sünden seiner heißblütigen Jugend beklagt. Er hatte an seinem Vetter Harald das le¬ bendige Beispiel gehabt, wohin die ungezügelten Lei¬ denschaften zuletzt führen, und sein durch die Liebe zu seiner Tochter und durch die Erfahrung in diesem einen Falle doppelt scharfes Auge erkannte sofort, daß sein Neffe Felix in einem hohen Grade der Sclave
rung der Pläne Anna-Maria's entgegenzuſetzen feſt entſchloſſen war. Er hatte ſeine Tochter immer ge¬ liebt, aber jetzt betete er ſie an. Sie war ſo ſchön, ſo ſtolz, und gegen ihn, den alten Vater, ſo freund¬ lich beſcheiden, daß ſein Herz, wenn er dachte, er könnte aus dem Leben gehen, ohne das Schickſal dieſes ſeines Lieblings ſicher geſtellt zu haben, Angſt und Trauer zugleich empfand. Wäre nun Felix der Mann geweſen, wie er ſich den Gemal ſeiner Tochter wünſchte, ſo hätte noch Alles gehen mögen. Aber das war Felix keineswegs. Der alte Baron war ſeiner Zeit auch ein junger Baron und war, wie Felix, Offizier geweſen. Er wußte ſehr wohl, welchen Verſuchungen ein junger und reicher Edelmann in dieſer Lage ausgeſetzt iſt; er ſelbſt war dieſen Ver¬ ſuchungen nicht immer entgangen und hatte in ſeinem reiferen Alter, als ſein von jeher ernſt geſtimmter Geiſt ſeine naturgemäße Richtung erlangt hatte, mit bitterer Reue die Sünden ſeiner heißblütigen Jugend beklagt. Er hatte an ſeinem Vetter Harald das le¬ bendige Beiſpiel gehabt, wohin die ungezügelten Lei¬ denſchaften zuletzt führen, und ſein durch die Liebe zu ſeiner Tochter und durch die Erfahrung in dieſem einen Falle doppelt ſcharfes Auge erkannte ſofort, daß ſein Neffe Felix in einem hohen Grade der Sclave
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rung der Pläne Anna-Maria's entgegenzuſetzen feſt
entſchloſſen war. Er hatte ſeine Tochter immer ge¬
liebt, aber jetzt betete er ſie an. Sie war ſo ſchön,
ſo ſtolz, und gegen ihn, den alten Vater, ſo freund¬
lich beſcheiden, daß ſein Herz, wenn er dachte, er
könnte aus dem Leben gehen, ohne das Schickſal
dieſes ſeines Lieblings ſicher geſtellt zu haben, Angſt
und Trauer zugleich empfand. Wäre nun Felix der
Mann geweſen, wie er ſich den Gemal ſeiner Tochter
wünſchte, ſo hätte noch Alles gehen mögen. Aber
das war Felix keineswegs. Der alte Baron war
ſeiner Zeit auch ein junger Baron und war, wie
Felix, Offizier geweſen. Er wußte ſehr wohl, welchen
Verſuchungen ein junger und reicher Edelmann in
dieſer Lage ausgeſetzt iſt; er ſelbſt war dieſen Ver¬
ſuchungen nicht immer entgangen und hatte in ſeinem
reiferen Alter, als ſein von jeher ernſt geſtimmter
Geiſt ſeine naturgemäße Richtung erlangt hatte, mit
bitterer Reue die Sünden ſeiner heißblütigen Jugend
beklagt. Er hatte an ſeinem Vetter Harald das le¬
bendige Beiſpiel gehabt, wohin die ungezügelten Lei¬
denſchaften zuletzt führen, und ſein durch die Liebe zu
ſeiner Tochter und durch die Erfahrung in dieſem
einen Falle doppelt ſcharfes Auge erkannte ſofort, daß
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/26>, abgerufen am 22.12.2024.
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