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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

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Melitta ist und auch Oldenburg. Vielleicht siehst Du
sie, wenn sie Arm in Arm an Deiner Zelle vorüber¬
gehen; vielleicht kommt Dir bei der Gelegenheit der
Verstand wieder, den andere Leute bei dem Anblick
verlieren würden. Ich könnte ja auch eine kleine Reise
nach N. machen, meine guten Freunde zu besuchen;
wer weiß? vielleicht gefällt mir der Ort so sehr, daß
ich gleich da bleibe."

"Wie geht es Bruno?" tönte eine Stimme aus
dem Garten herauf. Es war Helene's Stimme. Os¬
wald sah ihr helles Gewand durch das Dunkel her¬
aufschimmern.

"Ich danke, gut!" antwortete er hinab.

"Schlafen Sie wohl!"

Und das helle Gewand verschwand in den Büschen.

"Nein, das Leben ist mehr wie ein hohles Nichts,"
murmelte Oswald, indem er das Fenster schloß; "hätte
Berger dieses Mädchen gesehen, er hätte wieder an
das Leben geglaubt. Und doch! er hat sie ja gesehen,
gesehen und bewundert und besungen, und ist doch
wahnsinnig geworden . . . o, es ist ein schauerliches
Ding, dieses Leben -- öde und dunkel und gespenstisch
und das einzige Reelle eine holde, freundliche Stimme,
die uns schlafen gehen heißt."


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Melitta iſt und auch Oldenburg. Vielleicht ſiehſt Du
ſie, wenn ſie Arm in Arm an Deiner Zelle vorüber¬
gehen; vielleicht kommt Dir bei der Gelegenheit der
Verſtand wieder, den andere Leute bei dem Anblick
verlieren würden. Ich könnte ja auch eine kleine Reiſe
nach N. machen, meine guten Freunde zu beſuchen;
wer weiß? vielleicht gefällt mir der Ort ſo ſehr, daß
ich gleich da bleibe.“

„Wie geht es Bruno?“ tönte eine Stimme aus
dem Garten herauf. Es war Helene's Stimme. Os¬
wald ſah ihr helles Gewand durch das Dunkel her¬
aufſchimmern.

„Ich danke, gut!“ antwortete er hinab.

„Schlafen Sie wohl!“

Und das helle Gewand verſchwand in den Büſchen.

„Nein, das Leben iſt mehr wie ein hohles Nichts,“
murmelte Oswald, indem er das Fenſter ſchloß; „hätte
Berger dieſes Mädchen geſehen, er hätte wieder an
das Leben geglaubt. Und doch! er hat ſie ja geſehen,
geſehen und bewundert und beſungen, und iſt doch
wahnſinnig geworden . . . o, es iſt ein ſchauerliches
Ding, dieſes Leben — öde und dunkel und geſpenſtiſch
und das einzige Reelle eine holde, freundliche Stimme,
die uns ſchlafen gehen heißt.“


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[35/0045] Melitta iſt und auch Oldenburg. Vielleicht ſiehſt Du ſie, wenn ſie Arm in Arm an Deiner Zelle vorüber¬ gehen; vielleicht kommt Dir bei der Gelegenheit der Verſtand wieder, den andere Leute bei dem Anblick verlieren würden. Ich könnte ja auch eine kleine Reiſe nach N. machen, meine guten Freunde zu beſuchen; wer weiß? vielleicht gefällt mir der Ort ſo ſehr, daß ich gleich da bleibe.“ „Wie geht es Bruno?“ tönte eine Stimme aus dem Garten herauf. Es war Helene's Stimme. Os¬ wald ſah ihr helles Gewand durch das Dunkel her¬ aufſchimmern. „Ich danke, gut!“ antwortete er hinab. „Schlafen Sie wohl!“ Und das helle Gewand verſchwand in den Büſchen. „Nein, das Leben iſt mehr wie ein hohles Nichts,“ murmelte Oswald, indem er das Fenſter ſchloß; „hätte Berger dieſes Mädchen geſehen, er hätte wieder an das Leben geglaubt. Und doch! er hat ſie ja geſehen, geſehen und bewundert und beſungen, und iſt doch wahnſinnig geworden . . . o, es iſt ein ſchauerliches Ding, dieſes Leben — öde und dunkel und geſpenſtiſch und das einzige Reelle eine holde, freundliche Stimme, die uns ſchlafen gehen heißt.“ 3*

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/45>, abgerufen am 22.12.2024.