Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861."Sind Sie sicher, mein Fräulein, daß Sie nicht Emilie antwortete nicht. Sie sank mit einem leisen Oswald gehörte nicht zu den Männern, die un¬ "Wollen Sie mir ein paar Augenblicke ruhig zu¬ Emilien's einzige Antwort war ein krampfhaftes "Glauben Sie mir," fuhr Oswald fort; "ich be¬ „Sind Sie ſicher, mein Fräulein, daß Sie nicht Emilie antwortete nicht. Sie ſank mit einem leiſen Oswald gehörte nicht zu den Männern, die un¬ „Wollen Sie mir ein paar Augenblicke ruhig zu¬ Emilien's einzige Antwort war ein krampfhaftes „Glauben Sie mir,“ fuhr Oswald fort; „ich be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0079" n="69"/> <p>„Sind Sie ſicher, mein Fräulein, daß Sie nicht<lb/> ſelbſt noch in dieſem Augenblick Komödie ſpielen?“</p><lb/> <p>Emilie antwortete nicht. Sie ſank mit einem leiſen<lb/> Stöhnen auf die Bank, preßte ihr Geſicht in die Hände<lb/> und ſchluchzte, als ob ihr das Herz brechen wollte.</p><lb/> <p>Oswald gehörte nicht zu den Männern, die un¬<lb/> gerührt ein Weib können weinen ſehen. Er trat dicht<lb/> vor die Unglückliche und ſagte in viel milderem Ton:</p><lb/> <p>„Wollen Sie mir ein paar Augenblicke ruhig zu¬<lb/> hören?“</p><lb/> <p>Emilien's einzige Antwort war ein krampfhaftes<lb/> Schluchzen.</p><lb/> <p>„Glauben Sie mir,“ fuhr Oswald fort; „ich be¬<lb/> daure von ganzem Herzen, daß eine ſolche Scene wie<lb/> dieſe möglich wurde, und ich fühle, daß ich einzig und<lb/> allein die Schuld davon trage. Hätte ich Ihnen an<lb/> jenem Abend geſagt, was ich Ihnen heute ſagen muß,<lb/> Ihr Stolz würde Alles längſt entſchieden haben. —<lb/> Ich kann Sie nicht lieben; das klingt ſehr wunderlich<lb/> gegenüber einem ſo holden, liebenswürdigen Geſchöpf,<lb/> aber es iſt dennoch wahr. Warum wollen Sie nun<lb/> Ihre Liebe an Jemand verſchwenden, der ſich des<lb/> koſtbaren Geſchenkes ſo ganz unwürdig zeigt? warum<lb/> nicht Jemand damit beglücken, der mehr Talent zum<lb/> Glücklichſein und Beglücktwerden hat, als ich? — Ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0079]
„Sind Sie ſicher, mein Fräulein, daß Sie nicht
ſelbſt noch in dieſem Augenblick Komödie ſpielen?“
Emilie antwortete nicht. Sie ſank mit einem leiſen
Stöhnen auf die Bank, preßte ihr Geſicht in die Hände
und ſchluchzte, als ob ihr das Herz brechen wollte.
Oswald gehörte nicht zu den Männern, die un¬
gerührt ein Weib können weinen ſehen. Er trat dicht
vor die Unglückliche und ſagte in viel milderem Ton:
„Wollen Sie mir ein paar Augenblicke ruhig zu¬
hören?“
Emilien's einzige Antwort war ein krampfhaftes
Schluchzen.
„Glauben Sie mir,“ fuhr Oswald fort; „ich be¬
daure von ganzem Herzen, daß eine ſolche Scene wie
dieſe möglich wurde, und ich fühle, daß ich einzig und
allein die Schuld davon trage. Hätte ich Ihnen an
jenem Abend geſagt, was ich Ihnen heute ſagen muß,
Ihr Stolz würde Alles längſt entſchieden haben. —
Ich kann Sie nicht lieben; das klingt ſehr wunderlich
gegenüber einem ſo holden, liebenswürdigen Geſchöpf,
aber es iſt dennoch wahr. Warum wollen Sie nun
Ihre Liebe an Jemand verſchwenden, der ſich des
koſtbaren Geſchenkes ſo ganz unwürdig zeigt? warum
nicht Jemand damit beglücken, der mehr Talent zum
Glücklichſein und Beglücktwerden hat, als ich? — Ich
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