Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.schützen mußte, so ward er indeß bis zur weitern Der regierende Bürgermeister, welcher nach der Friedrich. Wenn Sie kommen, mir mein Bürgermeister. Nein, lieber Freund, Friedrich. Vergeben Sie, daß ich Ihnen ſchuͤtzen mußte, ſo ward er indeß bis zur weitern Der regierende Buͤrgermeiſter, welcher nach der Friedrich. Wenn Sie kommen, mir mein Buͤrgermeiſter. Nein, lieber Freund, Friedrich. Vergeben Sie, daß ich Ihnen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0154" n="140"/> ſchuͤtzen mußte, ſo ward er indeß bis zur weitern<lb/> Unterſuchung in das Zivilgefaͤngniß gefuͤhrt.</p><lb/> <p>Der regierende Buͤrgermeiſter, welcher nach der<lb/> gewoͤhnlichen Sitte nicht mit unter den Blutrich-<lb/> tern ſaß, und daher keinen Theil an den ſchreck-<lb/> lichen Quaalen hatte, welche Friedrich erdulden<lb/> mußte, ließ ſich nun ſelbſt nach ſeinem Kerker<lb/> fuͤhren. Er ſchauderte, als er den Unſchuldigen<lb/> mit ſchweren Ketten belaſtet, auf moderndem<lb/> Strohe erblickte, er mußte alle ſeine Standhaf-<lb/> tigkeit ſammlen, ehe er mit ihm ſprechen konnte.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Friedrich</hi>. Wenn Sie kommen, mir mein<lb/> Todesurtheil anzukuͤndigen, ſo beſchwoͤre ich Sie,<lb/> nicht laͤnger damit zu zoͤgern. Koͤnnten Sie in<lb/> mein Herz blicken, ſo wuͤrden Sie finden, daß<lb/> dies mein einziger, mein ſehnlichſter Wunſch iſt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Buͤrgermeiſter</hi>. Nein, lieber Freund,<lb/> ich komme vielmehr, Sie zu troͤſten, und zu ver-<lb/> ſichern — —</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Friedrich</hi>. Vergeben Sie, daß ich Ihnen<lb/> in's Wort fallen muß. Wo waͤre fuͤr mich Troſt<lb/> zu finden? Oeffentlich des ſchaͤndlichſten Dieb-<lb/> ſtahls uͤberwieſen, gebrandmarkt an meiner Ehre,<lb/> verachtet von allen Redlichen, aͤrger als ein Vieh<lb/> gequaͤlt und gemartert! O Herr! wer unter ſolchen<lb/> Umſtaͤnden den Tod nicht wuͤnſcht, nicht zu Gott,<lb/> welcher allein richten und lohnen kann, ſehnlich<lb/> verlangt, der muß wirklich derjenige Boͤſewicht<lb/> ſeyn, fuͤr welchen ich nur gehalten werde.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [140/0154]
ſchuͤtzen mußte, ſo ward er indeß bis zur weitern
Unterſuchung in das Zivilgefaͤngniß gefuͤhrt.
Der regierende Buͤrgermeiſter, welcher nach der
gewoͤhnlichen Sitte nicht mit unter den Blutrich-
tern ſaß, und daher keinen Theil an den ſchreck-
lichen Quaalen hatte, welche Friedrich erdulden
mußte, ließ ſich nun ſelbſt nach ſeinem Kerker
fuͤhren. Er ſchauderte, als er den Unſchuldigen
mit ſchweren Ketten belaſtet, auf moderndem
Strohe erblickte, er mußte alle ſeine Standhaf-
tigkeit ſammlen, ehe er mit ihm ſprechen konnte.
Friedrich. Wenn Sie kommen, mir mein
Todesurtheil anzukuͤndigen, ſo beſchwoͤre ich Sie,
nicht laͤnger damit zu zoͤgern. Koͤnnten Sie in
mein Herz blicken, ſo wuͤrden Sie finden, daß
dies mein einziger, mein ſehnlichſter Wunſch iſt.
Buͤrgermeiſter. Nein, lieber Freund,
ich komme vielmehr, Sie zu troͤſten, und zu ver-
ſichern — —
Friedrich. Vergeben Sie, daß ich Ihnen
in's Wort fallen muß. Wo waͤre fuͤr mich Troſt
zu finden? Oeffentlich des ſchaͤndlichſten Dieb-
ſtahls uͤberwieſen, gebrandmarkt an meiner Ehre,
verachtet von allen Redlichen, aͤrger als ein Vieh
gequaͤlt und gemartert! O Herr! wer unter ſolchen
Umſtaͤnden den Tod nicht wuͤnſcht, nicht zu Gott,
welcher allein richten und lohnen kann, ſehnlich
verlangt, der muß wirklich derjenige Boͤſewicht
ſeyn, fuͤr welchen ich nur gehalten werde.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |