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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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pflegte sie sorgfältig, wenn aber eine derselben zu
grünen und Knospen zu treiben begann, so riß er
sie heraus, und verwandte seine Sorgfalt auf
diejenigen, welche in ihrem Wachsthume noch am
meisten zurück waren. Er baute unter dieser Zeit
auch oft im Garten kleine Häuser aus Sand und
Leim; jeder, der sie sah, mußte die Symmetrie
derselben, und seine große Mühe bewundern;
wenn sie aber ganz vollendet waren, so riß er
sie mit hastiger Begierde aus einander, und lachte
laut auf, wenn die Stücke rings umher flogen.

Der Arzt versuchte mit ihm die sogenannte Eis-
kur, sie glückte vortreflich, Konrad befand sich je-
den Tag besser, er fieng zu sprechen an, die
Symptomen des Wahnsinns verlohren sich gänz-
lich, die Vernunft behauptete aufs neue ihre
Rechte. Eine völlige Vergessenheit der Ursache
seines Wahnsinns erfolgte endlich, er gedachte mit
keiner Silbe seiner Karoline. Bisher war er noch
dann und wann traurig und tiefsinnig gewesen,
hatte oft, ohne eine Ursache angeben zu können,
im Verborgnen geweint, jetzt war er anhaltend
lustig und fröhlich, schwatzte oft Stunden lang
mit dem Arzte, und versicherte ihn, daß er, wenn
seine Gesundheit anhaltend seyn würde, noch einst
in den Armen einer Gattin ruhig und glücklich zu
leben hoffe.

Viele Monden verflossen, und Konrad war voll-
kommen gesund, verrieth nicht den geringsten
Wahnsinn, der Vorsteher des Spitals erstattete

pflegte ſie ſorgfaͤltig, wenn aber eine derſelben zu
gruͤnen und Knoſpen zu treiben begann, ſo riß er
ſie heraus, und verwandte ſeine Sorgfalt auf
diejenigen, welche in ihrem Wachsthume noch am
meiſten zuruͤck waren. Er baute unter dieſer Zeit
auch oft im Garten kleine Haͤuſer aus Sand und
Leim; jeder, der ſie ſah, mußte die Symmetrie
derſelben, und ſeine große Muͤhe bewundern;
wenn ſie aber ganz vollendet waren, ſo riß er
ſie mit haſtiger Begierde aus einander, und lachte
laut auf, wenn die Stuͤcke rings umher flogen.

Der Arzt verſuchte mit ihm die ſogenannte Eis-
kur, ſie gluͤckte vortreflich, Konrad befand ſich je-
den Tag beſſer, er fieng zu ſprechen an, die
Symptomen des Wahnſinns verlohren ſich gaͤnz-
lich, die Vernunft behauptete aufs neue ihre
Rechte. Eine voͤllige Vergeſſenheit der Urſache
ſeines Wahnſinns erfolgte endlich, er gedachte mit
keiner Silbe ſeiner Karoline. Bisher war er noch
dann und wann traurig und tiefſinnig geweſen,
hatte oft, ohne eine Urſache angeben zu koͤnnen,
im Verborgnen geweint, jetzt war er anhaltend
luſtig und froͤhlich, ſchwatzte oft Stunden lang
mit dem Arzte, und verſicherte ihn, daß er, wenn
ſeine Geſundheit anhaltend ſeyn wuͤrde, noch einſt
in den Armen einer Gattin ruhig und gluͤcklich zu
leben hoffe.

Viele Monden verfloſſen, und Konrad war voll-
kommen geſund, verrieth nicht den geringſten
Wahnſinn, der Vorſteher des Spitals erſtattete

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[155/0163] pflegte ſie ſorgfaͤltig, wenn aber eine derſelben zu gruͤnen und Knoſpen zu treiben begann, ſo riß er ſie heraus, und verwandte ſeine Sorgfalt auf diejenigen, welche in ihrem Wachsthume noch am meiſten zuruͤck waren. Er baute unter dieſer Zeit auch oft im Garten kleine Haͤuſer aus Sand und Leim; jeder, der ſie ſah, mußte die Symmetrie derſelben, und ſeine große Muͤhe bewundern; wenn ſie aber ganz vollendet waren, ſo riß er ſie mit haſtiger Begierde aus einander, und lachte laut auf, wenn die Stuͤcke rings umher flogen. Der Arzt verſuchte mit ihm die ſogenannte Eis- kur, ſie gluͤckte vortreflich, Konrad befand ſich je- den Tag beſſer, er fieng zu ſprechen an, die Symptomen des Wahnſinns verlohren ſich gaͤnz- lich, die Vernunft behauptete aufs neue ihre Rechte. Eine voͤllige Vergeſſenheit der Urſache ſeines Wahnſinns erfolgte endlich, er gedachte mit keiner Silbe ſeiner Karoline. Bisher war er noch dann und wann traurig und tiefſinnig geweſen, hatte oft, ohne eine Urſache angeben zu koͤnnen, im Verborgnen geweint, jetzt war er anhaltend luſtig und froͤhlich, ſchwatzte oft Stunden lang mit dem Arzte, und verſicherte ihn, daß er, wenn ſeine Geſundheit anhaltend ſeyn wuͤrde, noch einſt in den Armen einer Gattin ruhig und gluͤcklich zu leben hoffe. Viele Monden verfloſſen, und Konrad war voll- kommen geſund, verrieth nicht den geringſten Wahnſinn, der Vorſteher des Spitals erſtattete

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/163>, abgerufen am 22.11.2024.