ganz der Blume im Treibhause gleichen, der jedes kühle Lüftchen schadet, die jeder starke Sonnenstrahl versengt.
Eben feierte Amalie ihren zwanzigsten Ge- burtstag, als ihr Vater sie in ihrem Gar- ten überraschte, mit väterlichem Gefühle ihre Hand faßte, und sie nach dem kleinen Saale führte.
Vater. Du dünkst dich wohl recht zu- frieden und glücklich, wenn du in deinem Garten umher wandeln, und zusehen kannst, wie deine Pflanzen so herrlich gedeihen, zur Vollkommenheit, zum Genusse empor reifen?
Amalie. Ach ja, lieber Vater, ja! Wenn in der Nacht der Regen mich weckt, und früh die aufgehende Sonne mein Fenster be- leuchtet, da eile ich im schnellsten Fluge herab, um zu sehen, wie alle Gewächse, zum neuen
ganz der Blume im Treibhauſe gleichen, der jedes kuͤhle Luͤftchen ſchadet, die jeder ſtarke Sonnenſtrahl verſengt.
Eben feierte Amalie ihren zwanzigſten Ge- burtstag, als ihr Vater ſie in ihrem Gar- ten uͤberraſchte, mit vaͤterlichem Gefuͤhle ihre Hand faßte, und ſie nach dem kleinen Saale fuͤhrte.
Vater. Du duͤnkſt dich wohl recht zu- frieden und gluͤcklich, wenn du in deinem Garten umher wandeln, und zuſehen kannſt, wie deine Pflanzen ſo herrlich gedeihen, zur Vollkommenheit, zum Genuſſe empor reifen?
Amalie. Ach ja, lieber Vater, ja! Wenn in der Nacht der Regen mich weckt, und fruͤh die aufgehende Sonne mein Fenſter be- leuchtet, da eile ich im ſchnellſten Fluge herab, um zu ſehen, wie alle Gewaͤchſe, zum neuen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0019"n="5"/>
ganz der Blume im Treibhauſe gleichen, der<lb/>
jedes kuͤhle Luͤftchen ſchadet, die jeder ſtarke<lb/>
Sonnenſtrahl verſengt.</p><lb/><p>Eben feierte Amalie ihren zwanzigſten Ge-<lb/>
burtstag, als ihr Vater ſie in ihrem Gar-<lb/>
ten uͤberraſchte, mit vaͤterlichem Gefuͤhle ihre<lb/>
Hand faßte, und ſie nach dem kleinen Saale<lb/>
fuͤhrte.</p><lb/><p><hirendition="#g">Vater</hi>. Du duͤnkſt dich wohl recht zu-<lb/>
frieden und gluͤcklich, wenn du in deinem<lb/>
Garten umher wandeln, und zuſehen kannſt,<lb/>
wie deine Pflanzen ſo herrlich gedeihen, zur<lb/>
Vollkommenheit, zum Genuſſe empor reifen?</p><lb/><p><hirendition="#g">Amalie</hi>. Ach ja, lieber Vater, ja!<lb/>
Wenn in der Nacht der Regen mich weckt, und<lb/>
fruͤh die aufgehende Sonne mein Fenſter be-<lb/>
leuchtet, da eile ich im ſchnellſten Fluge herab,<lb/>
um zu ſehen, wie alle Gewaͤchſe, zum neuen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[5/0019]
ganz der Blume im Treibhauſe gleichen, der
jedes kuͤhle Luͤftchen ſchadet, die jeder ſtarke
Sonnenſtrahl verſengt.
Eben feierte Amalie ihren zwanzigſten Ge-
burtstag, als ihr Vater ſie in ihrem Gar-
ten uͤberraſchte, mit vaͤterlichem Gefuͤhle ihre
Hand faßte, und ſie nach dem kleinen Saale
fuͤhrte.
Vater. Du duͤnkſt dich wohl recht zu-
frieden und gluͤcklich, wenn du in deinem
Garten umher wandeln, und zuſehen kannſt,
wie deine Pflanzen ſo herrlich gedeihen, zur
Vollkommenheit, zum Genuſſe empor reifen?
Amalie. Ach ja, lieber Vater, ja!
Wenn in der Nacht der Regen mich weckt, und
fruͤh die aufgehende Sonne mein Fenſter be-
leuchtet, da eile ich im ſchnellſten Fluge herab,
um zu ſehen, wie alle Gewaͤchſe, zum neuen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/19>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.