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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Das Leiden der guten Gattin muß schreck-
lich gewesen sein, als sie ihren guten Mann
gerechtfertigt, aber auch wahnsinnig erblickte.
Man glaubte anfangs, daß ein hitziges Fie-
ber seine Raserei enden würde, aber sie dau-
erte fürchterlich fort, und da seine Gattin
und Kinder sich oft aus Liebe zu ihm der To-
desgefahr aussezten, er einst beinahe den
ältesten Knaben erdrosselte, so ward er auf
Befehl des Monarchen hieher geführt, und
meiner Sorge anvertraut.

Sein armes Weib genüßt mit ihren ver-
laßnen Kindern bis an ihren Tod den ganzen
Gehalt ihres Mannes. Der größte und mög-
lichste Ersatz für ihr Leiden, aber auch der klein-
ste für ihre immer noch fortdauernde Liebe.
Erst vor einigen Monaten besuchte sie ihn, er
kannte sie nicht. Ihr Jammer war gränzen-
los, aber ich konnte ihn nicht einmal durch

Das Leiden der guten Gattin muß ſchreck-
lich geweſen ſein, als ſie ihren guten Mann
gerechtfertigt, aber auch wahnſinnig erblickte.
Man glaubte anfangs, daß ein hitziges Fie-
ber ſeine Raſerei enden wuͤrde, aber ſie dau-
erte fuͤrchterlich fort, und da ſeine Gattin
und Kinder ſich oft aus Liebe zu ihm der To-
desgefahr ausſezten, er einſt beinahe den
aͤlteſten Knaben erdroſſelte, ſo ward er auf
Befehl des Monarchen hieher gefuͤhrt, und
meiner Sorge anvertraut.

Sein armes Weib genuͤßt mit ihren ver-
laßnen Kindern bis an ihren Tod den ganzen
Gehalt ihres Mannes. Der groͤßte und moͤg-
lichſte Erſatz fuͤr ihr Leiden, aber auch der klein-
ſte fuͤr ihre immer noch fortdauernde Liebe.
Erſt vor einigen Monaten beſuchte ſie ihn, er
kannte ſie nicht. Ihr Jammer war graͤnzen-
los, aber ich konnte ihn nicht einmal durch

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[242/0256] Das Leiden der guten Gattin muß ſchreck- lich geweſen ſein, als ſie ihren guten Mann gerechtfertigt, aber auch wahnſinnig erblickte. Man glaubte anfangs, daß ein hitziges Fie- ber ſeine Raſerei enden wuͤrde, aber ſie dau- erte fuͤrchterlich fort, und da ſeine Gattin und Kinder ſich oft aus Liebe zu ihm der To- desgefahr ausſezten, er einſt beinahe den aͤlteſten Knaben erdroſſelte, ſo ward er auf Befehl des Monarchen hieher gefuͤhrt, und meiner Sorge anvertraut. Sein armes Weib genuͤßt mit ihren ver- laßnen Kindern bis an ihren Tod den ganzen Gehalt ihres Mannes. Der groͤßte und moͤg- lichſte Erſatz fuͤr ihr Leiden, aber auch der klein- ſte fuͤr ihre immer noch fortdauernde Liebe. Erſt vor einigen Monaten beſuchte ſie ihn, er kannte ſie nicht. Ihr Jammer war graͤnzen- los, aber ich konnte ihn nicht einmal durch

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/256>, abgerufen am 28.11.2024.