Wenn sie je liebten, so werden sie's aus Erfahrung wissen, daß Liebe äusserst thätig sei, wenn sie dadurch ihr Ziel erreichen kann. Ich liebte heftig, aber da der Lohn der Liebe von meiner Beförderung abhing, so liebte ich auch eben so stark meinen Dienst, und erfüllte jede Pflicht desselben mit rastlosem Eifer. Mein Obrister erkannte diesen Diensteifer, empfahl mich bei jeder Gelegenheit dem Generale des Regiments, ich ward in Jahresfrist zehn andern vorgezogen, und, ehe ichs vermu- then konnte, zum Oberleutenante ernannt.
Nun mußte ich aber acht Jahre harren, ehe mich die Reihe zur höhern Dienststuffe wieder traf.
Eben war ich der älteste Oberleutenant, als mein alter Obrister starb, und ein jun- ger, reicher Fürst seine Stelle erhielt. Viele der Officiers murrten darüber, ich am stärk-
Wenn ſie je liebten, ſo werden ſie's aus Erfahrung wiſſen, daß Liebe aͤuſſerſt thaͤtig ſei, wenn ſie dadurch ihr Ziel erreichen kann. Ich liebte heftig, aber da der Lohn der Liebe von meiner Befoͤrderung abhing, ſo liebte ich auch eben ſo ſtark meinen Dienſt, und erfuͤllte jede Pflicht deſſelben mit raſtloſem Eifer. Mein Obriſter erkannte dieſen Dienſteifer, empfahl mich bei jeder Gelegenheit dem Generale des Regiments, ich ward in Jahresfriſt zehn andern vorgezogen, und, ehe ichs vermu- then konnte, zum Oberleutenante ernannt.
Nun mußte ich aber acht Jahre harren, ehe mich die Reihe zur hoͤhern Dienſtſtuffe wieder traf.
Eben war ich der aͤlteſte Oberleutenant, als mein alter Obriſter ſtarb, und ein jun- ger, reicher Fuͤrſt ſeine Stelle erhielt. Viele der Officiers murrten daruͤber, ich am ſtaͤrk-
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Wenn ſie je liebten, ſo werden ſie's aus
Erfahrung wiſſen, daß Liebe aͤuſſerſt thaͤtig
ſei, wenn ſie dadurch ihr Ziel erreichen kann.
Ich liebte heftig, aber da der Lohn der Liebe
von meiner Befoͤrderung abhing, ſo liebte ich
auch eben ſo ſtark meinen Dienſt, und erfuͤllte
jede Pflicht deſſelben mit raſtloſem Eifer. Mein
Obriſter erkannte dieſen Dienſteifer, empfahl
mich bei jeder Gelegenheit dem Generale des
Regiments, ich ward in Jahresfriſt zehn
andern vorgezogen, und, ehe ichs vermu-
then konnte, zum Oberleutenante ernannt.
Nun mußte ich aber acht Jahre harren,
ehe mich die Reihe zur hoͤhern Dienſtſtuffe
wieder traf.
Eben war ich der aͤlteſte Oberleutenant,
als mein alter Obriſter ſtarb, und ein jun-
ger, reicher Fuͤrſt ſeine Stelle erhielt. Viele
der Officiers murrten daruͤber, ich am ſtaͤrk-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/265>, abgerufen am 27.11.2024.
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