Ich habe Hofnung, daß der Tod bald sein irdisches Leiden enden, und ihn ins Gefilde des Lohns führen wird. Er ist oft sehr schwach und kraftlos, die ungeheuren Kräfte seines Körpers widerstreben izt nicht mehr, er würde hundert Jahre überlebt ha- ben, wenn nicht vierzigjährige Sklaverei dar- an genagt hätte. O er muß viel und schreck- lich geduldet haben! Sein Rücken ist von tie- fen Narben durchfurcht, und die Haut seiner Hände und Füsse ist von schwerer Arbeit äus- serst abgehärtet.
Der Großmeister zu Maltha hat Wort gehalten, ihm ward eine Kommende, welche jährlich zehn tausend Gulden trägt, da er sie aber nicht genüssen kann, so muß ihn sein Nachfolger bis an seinen Tod ernähren. Er thuts mit Gewissenhaftigkeit, und würde ihm gerne die theuersten Weine, die kostbarsten
Ich habe Hofnung, daß der Tod bald ſein irdiſches Leiden enden, und ihn ins Gefilde des Lohns fuͤhren wird. Er iſt oft ſehr ſchwach und kraftlos, die ungeheuren Kraͤfte ſeines Koͤrpers widerſtreben izt nicht mehr, er wuͤrde hundert Jahre uͤberlebt ha- ben, wenn nicht vierzigjaͤhrige Sklaverei dar- an genagt haͤtte. O er muß viel und ſchreck- lich geduldet haben! Sein Ruͤcken iſt von tie- fen Narben durchfurcht, und die Haut ſeiner Haͤnde und Fuͤſſe iſt von ſchwerer Arbeit aͤuſ- ſerſt abgehaͤrtet.
Der Großmeiſter zu Maltha hat Wort gehalten, ihm ward eine Kommende, welche jaͤhrlich zehn tauſend Gulden traͤgt, da er ſie aber nicht genuͤſſen kann, ſo muß ihn ſein Nachfolger bis an ſeinen Tod ernaͤhren. Er thuts mit Gewiſſenhaftigkeit, und wuͤrde ihm gerne die theuerſten Weine, die koſtbarſten
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Ich habe Hofnung, daß der Tod bald
ſein irdiſches Leiden enden, und ihn ins
Gefilde des Lohns fuͤhren wird. Er iſt oft
ſehr ſchwach und kraftlos, die ungeheuren
Kraͤfte ſeines Koͤrpers widerſtreben izt nicht
mehr, er wuͤrde hundert Jahre uͤberlebt ha-
ben, wenn nicht vierzigjaͤhrige Sklaverei dar-
an genagt haͤtte. O er muß viel und ſchreck-
lich geduldet haben! Sein Ruͤcken iſt von tie-
fen Narben durchfurcht, und die Haut ſeiner
Haͤnde und Fuͤſſe iſt von ſchwerer Arbeit aͤuſ-
ſerſt abgehaͤrtet.
Der Großmeiſter zu Maltha hat Wort
gehalten, ihm ward eine Kommende, welche
jaͤhrlich zehn tauſend Gulden traͤgt, da er
ſie aber nicht genuͤſſen kann, ſo muß ihn ſein
Nachfolger bis an ſeinen Tod ernaͤhren. Er
thuts mit Gewiſſenhaftigkeit, und wuͤrde ihm
gerne die theuerſten Weine, die koſtbarſten
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/283>, abgerufen am 26.11.2024.
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