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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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daß er sich durch anhaltenden Fleiß schon noch
ein eignes Haus erwerben wolle.

Oft hat sie mich kniend gebeten, ihr den
geliebten Gatten zur eignen Pflege anzuver-
trauen, sie hofte, daß Ueberzeugung ihn viel-
leicht retten könne, ich hofte es anfangs mit
ihr, aber er raßte, als man ihn aus seinem
Gemache führte, und endete nicht eher, als
bis man ihn wieder dahin gebracht hatte.

Ich hab's über mich genommen, Vater sei-
ner verlaßnen Kinder zu werden! Seine älte-
ste Tochter dient in meinem Hause, sein Erst-
gebohrner steht der Mutter in der Wirth-
schaft bei, die übrigen drei Knaben lernen ein
Handwerk, und die jüngsten zwei Mädchen sind
noch bei der Mutter. Alle führen sich gut und
rechtschaffen auf, alle besuchen ihren Vater
fleißig, lieben ihn von ganzem Herzen, weil
er alles für sie that, und ihnen am Ende seinen
Verstand opferte.


daß er ſich durch anhaltenden Fleiß ſchon noch
ein eignes Haus erwerben wolle.

Oft hat ſie mich kniend gebeten, ihr den
geliebten Gatten zur eignen Pflege anzuver-
trauen, ſie hofte, daß Ueberzeugung ihn viel-
leicht retten koͤnne, ich hofte es anfangs mit
ihr, aber er raßte, als man ihn aus ſeinem
Gemache fuͤhrte, und endete nicht eher, als
bis man ihn wieder dahin gebracht hatte.

Ich hab's uͤber mich genommen, Vater ſei-
ner verlaßnen Kinder zu werden! Seine aͤlte-
ſte Tochter dient in meinem Hauſe, ſein Erſt-
gebohrner ſteht der Mutter in der Wirth-
ſchaft bei, die uͤbrigen drei Knaben lernen ein
Handwerk, und die juͤngſten zwei Maͤdchen ſind
noch bei der Mutter. Alle fuͤhren ſich gut und
rechtſchaffen auf, alle beſuchen ihren Vater
fleißig, lieben ihn von ganzem Herzen, weil
er alles fuͤr ſie that, und ihnen am Ende ſeinen
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[283/0297] daß er ſich durch anhaltenden Fleiß ſchon noch ein eignes Haus erwerben wolle. Oft hat ſie mich kniend gebeten, ihr den geliebten Gatten zur eignen Pflege anzuver- trauen, ſie hofte, daß Ueberzeugung ihn viel- leicht retten koͤnne, ich hofte es anfangs mit ihr, aber er raßte, als man ihn aus ſeinem Gemache fuͤhrte, und endete nicht eher, als bis man ihn wieder dahin gebracht hatte. Ich hab's uͤber mich genommen, Vater ſei- ner verlaßnen Kinder zu werden! Seine aͤlte- ſte Tochter dient in meinem Hauſe, ſein Erſt- gebohrner ſteht der Mutter in der Wirth- ſchaft bei, die uͤbrigen drei Knaben lernen ein Handwerk, und die juͤngſten zwei Maͤdchen ſind noch bei der Mutter. Alle fuͤhren ſich gut und rechtſchaffen auf, alle beſuchen ihren Vater fleißig, lieben ihn von ganzem Herzen, weil er alles fuͤr ſie that, und ihnen am Ende ſeinen Verſtand opferte.

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/297>, abgerufen am 24.11.2024.