Daher kams, daß auch in diesem Briefe die unglückliche Gräfin Stof zum Troste fand. Er hat mein Schicksal gelindert, dachte sie, er wird einst das seinige auch lindern! Die- ser frohe Gedanke war auf der Reise ihre Beschäftigung, war in der Folge ächtes Lab- sal, wenn ihr liebendes Herz sich nach dem Gatten sehnte, nur einmal eine tröstende Nachricht von ihm zu hören wünschte.
Sie lebte auf dem entlegensten Landgute des Grafen in häußlicher Einsamkeit, in stiller Trauer, sie weihte sich ganz der Erziehung ih- rer Kinder, und fand nur in dieser Beschäfti- gung Trost für ihr Leiden. Die Einkünfte al- ler Güter des Grafen waren groß und ansehn- lich, die Leidende empfing sie immer mit Thrä- nen, weil der Gedanke, daß sie sammle, indeß der Geliebte darbe, ihr Herz mächtig engte, und sie unfähig machte, das Vergnügen zu genüssen, ihrer Kinder Glück durch Sparsam-
Daher kams, daß auch in dieſem Briefe die ungluͤckliche Graͤfin Stof zum Troſte fand. Er hat mein Schickſal gelindert, dachte ſie, er wird einſt das ſeinige auch lindern! Die- ſer frohe Gedanke war auf der Reiſe ihre Beſchaͤftigung, war in der Folge aͤchtes Lab- ſal, wenn ihr liebendes Herz ſich nach dem Gatten ſehnte, nur einmal eine troͤſtende Nachricht von ihm zu hoͤren wuͤnſchte.
Sie lebte auf dem entlegenſten Landgute des Grafen in haͤußlicher Einſamkeit, in ſtiller Trauer, ſie weihte ſich ganz der Erziehung ih- rer Kinder, und fand nur in dieſer Beſchaͤfti- gung Troſt fuͤr ihr Leiden. Die Einkuͤnfte al- ler Guͤter des Grafen waren groß und anſehn- lich, die Leidende empfing ſie immer mit Thraͤ- nen, weil der Gedanke, daß ſie ſammle, indeß der Geliebte darbe, ihr Herz maͤchtig engte, und ſie unfaͤhig machte, das Vergnuͤgen zu genuͤſſen, ihrer Kinder Gluͤck durch Sparſam-
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Daher kams, daß auch in dieſem Briefe die
ungluͤckliche Graͤfin Stof zum Troſte fand.
Er hat mein Schickſal gelindert, dachte ſie,
er wird einſt das ſeinige auch lindern! Die-
ſer frohe Gedanke war auf der Reiſe ihre
Beſchaͤftigung, war in der Folge aͤchtes Lab-
ſal, wenn ihr liebendes Herz ſich nach dem
Gatten ſehnte, nur einmal eine troͤſtende
Nachricht von ihm zu hoͤren wuͤnſchte.
Sie lebte auf dem entlegenſten Landgute
des Grafen in haͤußlicher Einſamkeit, in ſtiller
Trauer, ſie weihte ſich ganz der Erziehung ih-
rer Kinder, und fand nur in dieſer Beſchaͤfti-
gung Troſt fuͤr ihr Leiden. Die Einkuͤnfte al-
ler Guͤter des Grafen waren groß und anſehn-
lich, die Leidende empfing ſie immer mit Thraͤ-
nen, weil der Gedanke, daß ſie ſammle, indeß
der Geliebte darbe, ihr Herz maͤchtig engte,
und ſie unfaͤhig machte, das Vergnuͤgen zu
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/146>, abgerufen am 24.11.2024.
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