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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

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trug mit seinem Weibe häufigere Opfer nach
dem Kloster, er betete mit ihr emsiger und
anhaltender in der Kirche desselben, und hofte
dadurch Gottes Zorn zu versöhnen, als aber
im folgenden Sommer ein starker Wolkenbruch
seine grasreichen Wiesen überschwemte, hoch
mit Stein und Sand bedeckte, da glaubte er
fest und ernstlich, daß die Fürbitte des belei-
digten Klosters nicht würken könne, daß er
stärkere und kräftigere suchen, und Gottes
Zorn durch strengere Busse versöhnen müsse,
wenn er Haus und Hof erhalten wolle.

Sein Beichtvater, ein einfältiger, dum-
mer Mönch, dessen Rath er heischte, bestärk-
te ihn in seinem falschen Glauben, und er-
theilte ihm den heilsamen Rath, nach einem
zwar entfernten, aber um so berühmtern Klo-
ster zu wallfahrten, wo man Macht und Ge-
walt habe, die größten Verbrechen zu versöh-
nen, und den ruchlosesten Sünder so weiß zu

trug mit ſeinem Weibe haͤufigere Opfer nach
dem Kloſter, er betete mit ihr emſiger und
anhaltender in der Kirche deſſelben, und hofte
dadurch Gottes Zorn zu verſoͤhnen, als aber
im folgenden Sommer ein ſtarker Wolkenbruch
ſeine grasreichen Wieſen uͤberſchwemte, hoch
mit Stein und Sand bedeckte, da glaubte er
feſt und ernſtlich, daß die Fuͤrbitte des belei-
digten Kloſters nicht wuͤrken koͤnne, daß er
ſtaͤrkere und kraͤftigere ſuchen, und Gottes
Zorn durch ſtrengere Buſſe verſoͤhnen muͤſſe,
wenn er Haus und Hof erhalten wolle.

Sein Beichtvater, ein einfaͤltiger, dum-
mer Moͤnch, deſſen Rath er heiſchte, beſtaͤrk-
te ihn in ſeinem falſchen Glauben, und er-
theilte ihm den heilſamen Rath, nach einem
zwar entfernten, aber um ſo beruͤhmtern Klo-
ſter zu wallfahrten, wo man Macht und Ge-
walt habe, die groͤßten Verbrechen zu verſoͤh-
nen, und den ruchloſeſten Suͤnder ſo weiß zu

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[189/0199] trug mit ſeinem Weibe haͤufigere Opfer nach dem Kloſter, er betete mit ihr emſiger und anhaltender in der Kirche deſſelben, und hofte dadurch Gottes Zorn zu verſoͤhnen, als aber im folgenden Sommer ein ſtarker Wolkenbruch ſeine grasreichen Wieſen uͤberſchwemte, hoch mit Stein und Sand bedeckte, da glaubte er feſt und ernſtlich, daß die Fuͤrbitte des belei- digten Kloſters nicht wuͤrken koͤnne, daß er ſtaͤrkere und kraͤftigere ſuchen, und Gottes Zorn durch ſtrengere Buſſe verſoͤhnen muͤſſe, wenn er Haus und Hof erhalten wolle. Sein Beichtvater, ein einfaͤltiger, dum- mer Moͤnch, deſſen Rath er heiſchte, beſtaͤrk- te ihn in ſeinem falſchen Glauben, und er- theilte ihm den heilſamen Rath, nach einem zwar entfernten, aber um ſo beruͤhmtern Klo- ſter zu wallfahrten, wo man Macht und Ge- walt habe, die groͤßten Verbrechen zu verſoͤh- nen, und den ruchloſeſten Suͤnder ſo weiß zu

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/199>, abgerufen am 22.11.2024.