daß die immer sich mehrenden, immer üppiger lebenden Mönche sich nach und nach in den Au- gen der unwissenden Laien zu Heiligen erhoben, die jedes Andenken der ruchlosesten Missethat tilgen, jedes Verbrechen versöhnen könnten. Lange herrschte dieser blinde Glaube im Lande, und nährte die Mönche reichlich, als aber an- dere Klöster erbaut wurden, und sich des nem- lichen Vorzugs rühmten, da suchte der Reuen- de nicht mehr in der Ferne, was er in der Nä- he fand, und die Einnahme des sonst so be- rühmten Klosters verringerte sich um ein grosses.
Damals theilten sich brüderlich, in den so- genannten Spekulationshandel, Mönche und Juden. Beide betrogen wakker, nur mit dem Unterschiede, daß der Erstere seinen treuherzi- gen Käufer immer nur künftiges Gut verkauf- te, da der Leztere doch immer, wenn er auch noch so viel gewann, etwas Reelles liefern
daß die immer ſich mehrenden, immer uͤppiger lebenden Moͤnche ſich nach und nach in den Au- gen der unwiſſenden Laien zu Heiligen erhoben, die jedes Andenken der ruchloſeſten Miſſethat tilgen, jedes Verbrechen verſoͤhnen koͤnnten. Lange herrſchte dieſer blinde Glaube im Lande, und naͤhrte die Moͤnche reichlich, als aber an- dere Kloͤſter erbaut wurden, und ſich des nem- lichen Vorzugs ruͤhmten, da ſuchte der Reuen- de nicht mehr in der Ferne, was er in der Naͤ- he fand, und die Einnahme des ſonſt ſo be- ruͤhmten Kloſters verringerte ſich um ein groſſes.
Damals theilten ſich bruͤderlich, in den ſo- genannten Spekulationshandel, Moͤnche und Juden. Beide betrogen wakker, nur mit dem Unterſchiede, daß der Erſtere ſeinen treuherzi- gen Kaͤufer immer nur kuͤnftiges Gut verkauf- te, da der Leztere doch immer, wenn er auch noch ſo viel gewann, etwas Reelles liefern
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0204"n="194"/>
daß die immer ſich mehrenden, immer uͤppiger<lb/>
lebenden Moͤnche ſich nach und nach in den Au-<lb/>
gen der unwiſſenden Laien zu Heiligen erhoben,<lb/>
die jedes Andenken der ruchloſeſten Miſſethat<lb/>
tilgen, jedes Verbrechen verſoͤhnen koͤnnten.<lb/>
Lange herrſchte dieſer blinde Glaube im Lande,<lb/>
und naͤhrte die Moͤnche reichlich, als aber an-<lb/>
dere Kloͤſter erbaut wurden, und ſich des nem-<lb/>
lichen Vorzugs ruͤhmten, da ſuchte der Reuen-<lb/>
de nicht mehr in der Ferne, was er in der Naͤ-<lb/>
he fand, und die Einnahme des ſonſt ſo be-<lb/>
ruͤhmten Kloſters verringerte ſich um ein<lb/>
groſſes.</p><lb/><p>Damals theilten ſich bruͤderlich, in den ſo-<lb/>
genannten Spekulationshandel, Moͤnche und<lb/>
Juden. Beide betrogen wakker, nur mit dem<lb/>
Unterſchiede, daß der Erſtere ſeinen treuherzi-<lb/>
gen Kaͤufer immer nur kuͤnftiges Gut verkauf-<lb/>
te, da der Leztere doch immer, wenn er auch<lb/>
noch ſo viel gewann, etwas Reelles liefern<lb/></p></div></body></text></TEI>
[194/0204]
daß die immer ſich mehrenden, immer uͤppiger
lebenden Moͤnche ſich nach und nach in den Au-
gen der unwiſſenden Laien zu Heiligen erhoben,
die jedes Andenken der ruchloſeſten Miſſethat
tilgen, jedes Verbrechen verſoͤhnen koͤnnten.
Lange herrſchte dieſer blinde Glaube im Lande,
und naͤhrte die Moͤnche reichlich, als aber an-
dere Kloͤſter erbaut wurden, und ſich des nem-
lichen Vorzugs ruͤhmten, da ſuchte der Reuen-
de nicht mehr in der Ferne, was er in der Naͤ-
he fand, und die Einnahme des ſonſt ſo be-
ruͤhmten Kloſters verringerte ſich um ein
groſſes.
Damals theilten ſich bruͤderlich, in den ſo-
genannten Spekulationshandel, Moͤnche und
Juden. Beide betrogen wakker, nur mit dem
Unterſchiede, daß der Erſtere ſeinen treuherzi-
gen Kaͤufer immer nur kuͤnftiges Gut verkauf-
te, da der Leztere doch immer, wenn er auch
noch ſo viel gewann, etwas Reelles liefern
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/204>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.