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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

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Genuß aller Delikatessen herrschte bald in
diesem Kloster, und da der Abt klug genug
war, die Brodsamen, welche vom Tische sei-
ner schwelgenden Mönche herabfielen, unter
die nahen und entfernten Klöster seines Ordens
brüderlich zu vertheilen, so wurden diese aus
Dankbarkeit die Lobredner des unerschöpflichen
Gnadenquells, welcher im Kloster zu T --
zum Troste und zur Erquickung der bußfertigen
Sünder entsprungen sey, und stets reichlich
hervorströme. Das elende Kunst- und Trug-
stück des Abts ward mit dem Teiche Bethsaida
verglichen, und jenem der Vorzug noch über
den lezten eingeräumt, weil man dort nicht
Jahre nur Tagelang harren mußte, um ge-
heilt und gesund heim zu gehen.

Da die Erfindung des Abts so herrliche
Früchte brachte, so ward sie in der Folge weit
stärker vermehrt und verfeinert. Man stellte

Genuß aller Delikateſſen herrſchte bald in
dieſem Kloſter, und da der Abt klug genug
war, die Brodſamen, welche vom Tiſche ſei-
ner ſchwelgenden Moͤnche herabfielen, unter
die nahen und entfernten Kloͤſter ſeines Ordens
bruͤderlich zu vertheilen, ſo wurden dieſe aus
Dankbarkeit die Lobredner des unerſchoͤpflichen
Gnadenquells, welcher im Kloſter zu T —
zum Troſte und zur Erquickung der bußfertigen
Suͤnder entſprungen ſey, und ſtets reichlich
hervorſtroͤme. Das elende Kunſt- und Trug-
ſtuͤck des Abts ward mit dem Teiche Bethſaida
verglichen, und jenem der Vorzug noch uͤber
den lezten eingeraͤumt, weil man dort nicht
Jahre nur Tagelang harren mußte, um ge-
heilt und geſund heim zu gehen.

Da die Erfindung des Abts ſo herrliche
Fruͤchte brachte, ſo ward ſie in der Folge weit
ſtaͤrker vermehrt und verfeinert. Man ſtellte

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[202/0212] Genuß aller Delikateſſen herrſchte bald in dieſem Kloſter, und da der Abt klug genug war, die Brodſamen, welche vom Tiſche ſei- ner ſchwelgenden Moͤnche herabfielen, unter die nahen und entfernten Kloͤſter ſeines Ordens bruͤderlich zu vertheilen, ſo wurden dieſe aus Dankbarkeit die Lobredner des unerſchoͤpflichen Gnadenquells, welcher im Kloſter zu T — zum Troſte und zur Erquickung der bußfertigen Suͤnder entſprungen ſey, und ſtets reichlich hervorſtroͤme. Das elende Kunſt- und Trug- ſtuͤck des Abts ward mit dem Teiche Bethſaida verglichen, und jenem der Vorzug noch uͤber den lezten eingeraͤumt, weil man dort nicht Jahre nur Tagelang harren mußte, um ge- heilt und geſund heim zu gehen. Da die Erfindung des Abts ſo herrliche Fruͤchte brachte, ſo ward ſie in der Folge weit ſtaͤrker vermehrt und verfeinert. Man ſtellte

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/212>, abgerufen am 21.11.2024.