Herz mächtig, sie suchte sie zu trösten, durch Gründe der Religion zu überzeugen, daß Gottes Wege unerforschlich, aber stets weise und gerecht wären, als aber die verzweif- lungsvolle Sophie sie dreust versicherte, daß sie an Gottes Barmherzigkeit zweifle, wenn er nicht Hülfe und Rettung sende, so suchte sie solche mit der Vorstellung aufzurichten, daß auch diese noch zu hoffen, noch möglich sei.
Sophie ergrif diesen schwachen Stab des Trostes mit Begierde, sie warf sich zu den Füssen der Trösterin nieder, und flehte um Hülfe und Erbarmen. Ich will thun, was ich kann und vermag, sprach die Holde, nur die Gnade des Marggrafen kann dem Unglück- lichen das Leben retten, ich sehe ein, daß meine Bitte bei ihm nichts vermag, aber ich hoffe, eine Fürbitterin zu finden, die er hö- ren wird. Sie deutete bei diesen Worten auf die kleine Prinzessin, welche neben ihr mit
Herz maͤchtig, ſie ſuchte ſie zu troͤſten, durch Gruͤnde der Religion zu uͤberzeugen, daß Gottes Wege unerforſchlich, aber ſtets weiſe und gerecht waͤren, als aber die verzweif- lungsvolle Sophie ſie dreuſt verſicherte, daß ſie an Gottes Barmherzigkeit zweifle, wenn er nicht Huͤlfe und Rettung ſende, ſo ſuchte ſie ſolche mit der Vorſtellung aufzurichten, daß auch dieſe noch zu hoffen, noch moͤglich ſei.
Sophie ergrif dieſen ſchwachen Stab des Troſtes mit Begierde, ſie warf ſich zu den Fuͤſſen der Troͤſterin nieder, und flehte um Huͤlfe und Erbarmen. Ich will thun, was ich kann und vermag, ſprach die Holde, nur die Gnade des Marggrafen kann dem Ungluͤck- lichen das Leben retten, ich ſehe ein, daß meine Bitte bei ihm nichts vermag, aber ich hoffe, eine Fuͤrbitterin zu finden, die er hoͤ- ren wird. Sie deutete bei dieſen Worten auf die kleine Prinzeſſin, welche neben ihr mit
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Herz maͤchtig, ſie ſuchte ſie zu troͤſten, durch
Gruͤnde der Religion zu uͤberzeugen, daß
Gottes Wege unerforſchlich, aber ſtets weiſe
und gerecht waͤren, als aber die verzweif-
lungsvolle Sophie ſie dreuſt verſicherte, daß
ſie an Gottes Barmherzigkeit zweifle, wenn
er nicht Huͤlfe und Rettung ſende, ſo ſuchte
ſie ſolche mit der Vorſtellung aufzurichten, daß
auch dieſe noch zu hoffen, noch moͤglich ſei.
Sophie ergrif dieſen ſchwachen Stab des
Troſtes mit Begierde, ſie warf ſich zu den
Fuͤſſen der Troͤſterin nieder, und flehte um
Huͤlfe und Erbarmen. Ich will thun, was
ich kann und vermag, ſprach die Holde, nur
die Gnade des Marggrafen kann dem Ungluͤck-
lichen das Leben retten, ich ſehe ein, daß
meine Bitte bei ihm nichts vermag, aber ich
hoffe, eine Fuͤrbitterin zu finden, die er hoͤ-
ren wird. Sie deutete bei dieſen Worten auf
die kleine Prinzeſſin, welche neben ihr mit
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/32>, abgerufen am 21.11.2024.
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