helm schon am Abende vorher aus dem Hause verschwunden, den mitgenommeuen Sachen nach zu urtheilen, ganz entflohen sey.
Wenn der treulose Undankbare mein Land jemals betritt, sprach der Marggraf, als er diese Nachricht hörte, so harrt seiner ewige Zuchthausstrafe! Der menschenfreundliche Fürst ward nun selbst Vater der Verlaßnen, er sezte ihr eine jährliche Pension von zweihundert Tha- lern aus, er versprach, das Kind zu versor- gen, und gebot den Eltern, die Unglückliche nicht durch Vorwürfe zu kränken, ihr viel- mehr durch sorgfältige Pflege den schrecklichen Zustand auf alle mögliche Art zu erleichtern. Oft sandte er ihr Speisen von seiner Tafel, und schüttelte immer nachdenkend den Kopf, wenn er sich die seltne Liebe des Mädchens, den schrecklichen Undank des Jünglings dachte.
Die fürstliche Fürsorge reizte die nun we- nigstens von Nahrungssorgen befreiten Eltern
helm ſchon am Abende vorher aus dem Hauſe verſchwunden, den mitgenommeuen Sachen nach zu urtheilen, ganz entflohen ſey.
Wenn der treuloſe Undankbare mein Land jemals betritt, ſprach der Marggraf, als er dieſe Nachricht hoͤrte, ſo harrt ſeiner ewige Zuchthausſtrafe! Der menſchenfreundliche Fuͤrſt ward nun ſelbſt Vater der Verlaßnen, er ſezte ihr eine jaͤhrliche Penſion von zweihundert Tha- lern aus, er verſprach, das Kind zu verſor- gen, und gebot den Eltern, die Ungluͤckliche nicht durch Vorwuͤrfe zu kraͤnken, ihr viel- mehr durch ſorgfaͤltige Pflege den ſchrecklichen Zuſtand auf alle moͤgliche Art zu erleichtern. Oft ſandte er ihr Speiſen von ſeiner Tafel, und ſchuͤttelte immer nachdenkend den Kopf, wenn er ſich die ſeltne Liebe des Maͤdchens, den ſchrecklichen Undank des Juͤnglings dachte.
Die fuͤrſtliche Fuͤrſorge reizte die nun we- nigſtens von Nahrungsſorgen befreiten Eltern
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helm ſchon am Abende vorher aus dem Hauſe
verſchwunden, den mitgenommeuen Sachen
nach zu urtheilen, ganz entflohen ſey.
Wenn der treuloſe Undankbare mein Land
jemals betritt, ſprach der Marggraf, als er
dieſe Nachricht hoͤrte, ſo harrt ſeiner ewige
Zuchthausſtrafe! Der menſchenfreundliche Fuͤrſt
ward nun ſelbſt Vater der Verlaßnen, er ſezte
ihr eine jaͤhrliche Penſion von zweihundert Tha-
lern aus, er verſprach, das Kind zu verſor-
gen, und gebot den Eltern, die Ungluͤckliche
nicht durch Vorwuͤrfe zu kraͤnken, ihr viel-
mehr durch ſorgfaͤltige Pflege den ſchrecklichen
Zuſtand auf alle moͤgliche Art zu erleichtern.
Oft ſandte er ihr Speiſen von ſeiner Tafel,
und ſchuͤttelte immer nachdenkend den Kopf,
wenn er ſich die ſeltne Liebe des Maͤdchens,
den ſchrecklichen Undank des Juͤnglings dachte.
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/66>, abgerufen am 24.11.2024.
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