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Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Verena's ganze Zukunft vernichtet. Er knirschte vor Zorn, er ängstigte sich bis zu Thränen; vergebens grübelte sein Geist nach einem herstellenden Auskunftsmittel. Hin und wieder schoß ihm die Hitze seines ehemaligen Soldatenstandes zu Kopfe; er sprach von Genugthuung, von exemplarischer Züchtigung des wortbrüchigen Landweibels. Aber sein böses Gewissen einerseits, anderntheils ein Blick auf sein krankes Weib, auf seine hülflose Tochter und seine eigene zerrüttete Lage brachte ihn schnell zur Besinnung. Er begriff, daß er nicht wagen durfte, durch irgend eine grobe Thätlichkeit seine Ehre und der Seinigen Loos noch freventlicher aufs Spiel zu setzen. --

Die Nemesis, die somit an dem Landweibel schonend vorüberging, verrichtete dagegen an dem Sohne ihr rächendes Amt. Der junge Mann, der eines Tags sich nicht enthalten konnte, im Wirthshause prahlend und spöttisch zu erzählen, wie ihn Hagenbach habe betrügen wollen, und wie er zur Vergeltung die Tochter habe sitzen lassen, wurde von zweien seiner Altersgenossen, welche die Vertheidigung der geschmähten Unschuld übernahmen, wacker zur Rechenschaft gezogen. Beleidigt und thätlich mißhandelt, mußte Rüttimann das Gasthaus verlassen. Frau Trümpy selber, die im Grunde dem stolzen Bläsi die fühlbare Zurechtweisung gönnte, weil er sein weiteres Augenmerk nicht auf die Wittwe, sondern auf eine Bräuerstochter von Altstätten geworfen hatte, war die Erste, die den Vorfall mit gif-

Verena's ganze Zukunft vernichtet. Er knirschte vor Zorn, er ängstigte sich bis zu Thränen; vergebens grübelte sein Geist nach einem herstellenden Auskunftsmittel. Hin und wieder schoß ihm die Hitze seines ehemaligen Soldatenstandes zu Kopfe; er sprach von Genugthuung, von exemplarischer Züchtigung des wortbrüchigen Landweibels. Aber sein böses Gewissen einerseits, anderntheils ein Blick auf sein krankes Weib, auf seine hülflose Tochter und seine eigene zerrüttete Lage brachte ihn schnell zur Besinnung. Er begriff, daß er nicht wagen durfte, durch irgend eine grobe Thätlichkeit seine Ehre und der Seinigen Loos noch freventlicher aufs Spiel zu setzen. —

Die Nemesis, die somit an dem Landweibel schonend vorüberging, verrichtete dagegen an dem Sohne ihr rächendes Amt. Der junge Mann, der eines Tags sich nicht enthalten konnte, im Wirthshause prahlend und spöttisch zu erzählen, wie ihn Hagenbach habe betrügen wollen, und wie er zur Vergeltung die Tochter habe sitzen lassen, wurde von zweien seiner Altersgenossen, welche die Vertheidigung der geschmähten Unschuld übernahmen, wacker zur Rechenschaft gezogen. Beleidigt und thätlich mißhandelt, mußte Rüttimann das Gasthaus verlassen. Frau Trümpy selber, die im Grunde dem stolzen Bläsi die fühlbare Zurechtweisung gönnte, weil er sein weiteres Augenmerk nicht auf die Wittwe, sondern auf eine Bräuerstochter von Altstätten geworfen hatte, war die Erste, die den Vorfall mit gif-

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Zitationshilfe: Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910/32>, abgerufen am 21.11.2024.