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Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mit der Fahne in der Hand, besonders hervorsticht. Spiegel und Vorhänge, der Kalender an der Wand, die Rechentafel an der Thüre, die Essig- und Branntweingefäße auf dem mächtigen Ofen, stimmen vollkommen zu dem Uebrigen und malen ein heiteres Bild genügsamen Stilllebens vor dem Beschauer aus. -- Auch vor dreißig und noch mehreren Jahren mag dieses behagliche Zimmer gerade so ausgesehen haben wie heute; nur waren die Gäste darinnen schwerlich so friedlich, wie die heutigen. Es war Krieg im Lande. Die Vertheidiger des letztern und die Schwärme des Feindes zogen hin und her, auf und ab. In ihrem Gefolge war bald Sieg, bald Niederlage; aber stets der Mangel, stets die Noth des Volkes, das unter der Geißel der Waffen leiden und bluten mußte. -- Er hatte eine schlimme Zeit zur Reise gewählt, der alternde Mann, der eines Abends im Sturmwetter mit seinem Weibe und zwei Kindern, von denen das eine sehr krank, in dem Wirthshause ankam. Sein bescheidenes Fuhrwerk vermochte kaum noch von den abgetriebenen Gäulen geschleppt zu werden. Seine Habseligkeiten waren durchnäßt, so wie er selbst und die Seinigen. Mit großer Mühe hatte er vor der Raubgier des Feindes seine Thiere und das Gepäcke über den Berg gerettet. Er verlangte ein Nachtlager und Erquickung für seine Familie von den gutmüthigen Wirthsleuten. Wenn mein Bub' nicht krank geworden wäre, ließ er sich vernehmen, es hätte mich Nichts abgehalten,

mit der Fahne in der Hand, besonders hervorsticht. Spiegel und Vorhänge, der Kalender an der Wand, die Rechentafel an der Thüre, die Essig- und Branntweingefäße auf dem mächtigen Ofen, stimmen vollkommen zu dem Uebrigen und malen ein heiteres Bild genügsamen Stilllebens vor dem Beschauer aus. — Auch vor dreißig und noch mehreren Jahren mag dieses behagliche Zimmer gerade so ausgesehen haben wie heute; nur waren die Gäste darinnen schwerlich so friedlich, wie die heutigen. Es war Krieg im Lande. Die Vertheidiger des letztern und die Schwärme des Feindes zogen hin und her, auf und ab. In ihrem Gefolge war bald Sieg, bald Niederlage; aber stets der Mangel, stets die Noth des Volkes, das unter der Geißel der Waffen leiden und bluten mußte. — Er hatte eine schlimme Zeit zur Reise gewählt, der alternde Mann, der eines Abends im Sturmwetter mit seinem Weibe und zwei Kindern, von denen das eine sehr krank, in dem Wirthshause ankam. Sein bescheidenes Fuhrwerk vermochte kaum noch von den abgetriebenen Gäulen geschleppt zu werden. Seine Habseligkeiten waren durchnäßt, so wie er selbst und die Seinigen. Mit großer Mühe hatte er vor der Raubgier des Feindes seine Thiere und das Gepäcke über den Berg gerettet. Er verlangte ein Nachtlager und Erquickung für seine Familie von den gutmüthigen Wirthsleuten. Wenn mein Bub' nicht krank geworden wäre, ließ er sich vernehmen, es hätte mich Nichts abgehalten,

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[0007] mit der Fahne in der Hand, besonders hervorsticht. Spiegel und Vorhänge, der Kalender an der Wand, die Rechentafel an der Thüre, die Essig- und Branntweingefäße auf dem mächtigen Ofen, stimmen vollkommen zu dem Uebrigen und malen ein heiteres Bild genügsamen Stilllebens vor dem Beschauer aus. — Auch vor dreißig und noch mehreren Jahren mag dieses behagliche Zimmer gerade so ausgesehen haben wie heute; nur waren die Gäste darinnen schwerlich so friedlich, wie die heutigen. Es war Krieg im Lande. Die Vertheidiger des letztern und die Schwärme des Feindes zogen hin und her, auf und ab. In ihrem Gefolge war bald Sieg, bald Niederlage; aber stets der Mangel, stets die Noth des Volkes, das unter der Geißel der Waffen leiden und bluten mußte. — Er hatte eine schlimme Zeit zur Reise gewählt, der alternde Mann, der eines Abends im Sturmwetter mit seinem Weibe und zwei Kindern, von denen das eine sehr krank, in dem Wirthshause ankam. Sein bescheidenes Fuhrwerk vermochte kaum noch von den abgetriebenen Gäulen geschleppt zu werden. Seine Habseligkeiten waren durchnäßt, so wie er selbst und die Seinigen. Mit großer Mühe hatte er vor der Raubgier des Feindes seine Thiere und das Gepäcke über den Berg gerettet. Er verlangte ein Nachtlager und Erquickung für seine Familie von den gutmüthigen Wirthsleuten. Wenn mein Bub' nicht krank geworden wäre, ließ er sich vernehmen, es hätte mich Nichts abgehalten,

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:06:51Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Spindler, Karl: Die Engel-Ehe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 8. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–66. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_engel_1910/7>, abgerufen am 23.11.2024.