Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Send-Schreiben.
Wie? könnt ich dir doch nur etwas dagegen geben,
Jedoch ich finde nichts in meinem armen Leben.
Was hat der arme Pursch? nichts, Bücher und
Papier,
Das ist kein Wiedergeld, du danckest nicht dafür.
Was solte dir der Kram von meinen Sachen nützen,
Du liebest nur Gespinst und prave Gorell-Spitzen,
Dich reitzet weiter nichts, du hütest stets das Hauß,
Und rechnest, wie Arell, so Pfund als Wucher aus.
Doch ist dein Wesen nicht, durch Vortheil zu be-
rücken,
Und armer Leute Schweiß mit Falschheit zu er-
drücken.
Den Armen giebt dein Hertz den gütigsten Erlaß,
Es macht kein seuffzend Ach der Armen Auge naß.
Du hilffst, so viel du kanst, aus allen Leibes-Nöthen,
Besonders auch, wie mir, den Kindern der Propheten.
So thue künfftighin der Mißgunst ferner Tort,
Pflantz Alter, Jahr und Glück in späte Zeiten fort.
Packt dich die Mißgunst an, will dich die Frechheit
stechen,
Du wirst ihnn Trotz und Hohn durch deine Groß-
muth sprechen.
Es bleibet Rang u. Schatz ein schnöder Unterscheid,
Vor Alters lebte noch die liebe Redligkeit.
Was niedrig, hebet sich bis an gestirnten Himmel,
So steiget Mops, der Jeck, der abgeschmackte Limmel,
Er kennt sich selber nicht, der Hochmut macht ihn
schwer,
Als wenn er Vice-Roi in Novacembla wär.
Da stutzt der theure Mann, da hat er viel zu schaffen,
Jndeß schreyt jedes Kind: seht doch den alten Affen.
Jhn
Vermiſchte Send-Schreiben.
Wie? koͤnnt ich dir doch nur etwas dagegen geben,
Jedoch ich finde nichts in meinem armen Leben.
Was hat der arme Purſch? nichts, Buͤcher und
Papier,
Das iſt kein Wiedergeld, du danckeſt nicht dafuͤr.
Was ſolte dir der Kram von meinen Sachen nuͤtzen,
Du liebeſt nur Geſpinſt und prave Gorell-Spitzen,
Dich reitzet weiter nichts, du huͤteſt ſtets das Hauß,
Und rechneſt, wie Arell, ſo Pfund als Wucher aus.
Doch iſt dein Weſen nicht, durch Vortheil zu be-
ruͤcken,
Und armer Leute Schweiß mit Falſchheit zu er-
druͤcken.
Den Armen giebt dein Hertz den guͤtigſten Erlaß,
Es macht kein ſeuffzend Ach der Armen Auge naß.
Du hilffſt, ſo viel du kanſt, aus allen Leibes-Noͤthen,
Beſonders auch, wie mir, den Kindern der Prophetẽ.
So thue kuͤnfftighin der Mißgunſt ferner Tort,
Pflantz Alter, Jahr und Gluͤck in ſpaͤte Zeiten fort.
Packt dich die Mißgunſt an, will dich die Frechheit
ſtechen,
Du wirſt ihnn Trotz und Hohn durch deine Groß-
muth ſprechen.
Es bleibet Rang u. Schatz ein ſchnoͤder Unterſcheid,
Vor Alters lebte noch die liebe Redligkeit.
Was niedrig, hebet ſich bis an geſtirnten Himmel,
So ſteiget Mops, der Jeck, der abgeſchmackte Lim̃el,
Er kennt ſich ſelber nicht, der Hochmut macht ihn
ſchwer,
Als wenn er Vice-Roi in Novacembla waͤr.
Da ſtutzt der theure Mann, da hat er viel zu ſchaffen,
Jndeß ſchreyt jedes Kind: ſeht doch den alten Affen.
Jhn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0176" n="154"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Send-Schreiben.</hi> </fw><lb/>
              <l>Wie? ko&#x0364;nnt ich dir doch nur etwas dagegen geben,</l><lb/>
              <l>Jedoch ich finde nichts in meinem armen Leben.</l><lb/>
              <l>Was hat der arme Pur&#x017F;ch? nichts, Bu&#x0364;cher und</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Papier,</hi> </l><lb/>
              <l>Das i&#x017F;t kein Wiedergeld, du dancke&#x017F;t nicht dafu&#x0364;r.</l><lb/>
              <l>Was &#x017F;olte dir der Kram von meinen Sachen nu&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>Du liebe&#x017F;t nur Ge&#x017F;pin&#x017F;t und prave Gorell-Spitzen,</l><lb/>
              <l>Dich reitzet weiter nichts, du hu&#x0364;te&#x017F;t &#x017F;tets das Hauß,</l><lb/>
              <l>Und rechne&#x017F;t, wie Arell, &#x017F;o Pfund als Wucher aus.</l><lb/>
              <l>Doch i&#x017F;t dein We&#x017F;en nicht, durch Vortheil zu be-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ru&#x0364;cken,</hi> </l><lb/>
              <l>Und armer Leute Schweiß mit Fal&#x017F;chheit zu er-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">dru&#x0364;cken.</hi> </l><lb/>
              <l>Den Armen giebt dein Hertz den gu&#x0364;tig&#x017F;ten Erlaß,</l><lb/>
              <l>Es macht kein &#x017F;euffzend Ach der Armen Auge naß.</l><lb/>
              <l>Du hilff&#x017F;t, &#x017F;o viel du kan&#x017F;t, aus allen Leibes-No&#x0364;then,</l><lb/>
              <l>Be&#x017F;onders auch, wie mir, den Kindern der Prophete&#x0303;.</l><lb/>
              <l>So thue ku&#x0364;nfftighin der Mißgun&#x017F;t ferner Tort,</l><lb/>
              <l>Pflantz Alter, Jahr und Glu&#x0364;ck in &#x017F;pa&#x0364;te Zeiten fort.</l><lb/>
              <l>Packt dich die Mißgun&#x017F;t an, will dich die Frechheit</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;techen,</hi> </l><lb/>
              <l>Du wir&#x017F;t ihnn Trotz und Hohn durch deine Groß-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">muth &#x017F;prechen.</hi> </l><lb/>
              <l>Es bleibet Rang u. Schatz ein &#x017F;chno&#x0364;der Unter&#x017F;cheid,</l><lb/>
              <l>Vor Alters lebte noch die liebe Redligkeit.</l><lb/>
              <l>Was niedrig, hebet &#x017F;ich bis an ge&#x017F;tirnten Himmel,</l><lb/>
              <l>So &#x017F;teiget Mops, der Jeck, der abge&#x017F;chmackte Lim&#x0303;el,</l><lb/>
              <l>Er kennt &#x017F;ich &#x017F;elber nicht, der Hochmut macht ihn</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chwer,</hi> </l><lb/>
              <l>Als wenn er <hi rendition="#aq">Vice-Roi</hi> in <hi rendition="#aq">Novacembla</hi> wa&#x0364;r.</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;tutzt der theure Mann, da hat er viel zu &#x017F;chaffen,</l><lb/>
              <l>Jndeß &#x017F;chreyt jedes Kind: &#x017F;eht doch den alten Affen.</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Jhn</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0176] Vermiſchte Send-Schreiben. Wie? koͤnnt ich dir doch nur etwas dagegen geben, Jedoch ich finde nichts in meinem armen Leben. Was hat der arme Purſch? nichts, Buͤcher und Papier, Das iſt kein Wiedergeld, du danckeſt nicht dafuͤr. Was ſolte dir der Kram von meinen Sachen nuͤtzen, Du liebeſt nur Geſpinſt und prave Gorell-Spitzen, Dich reitzet weiter nichts, du huͤteſt ſtets das Hauß, Und rechneſt, wie Arell, ſo Pfund als Wucher aus. Doch iſt dein Weſen nicht, durch Vortheil zu be- ruͤcken, Und armer Leute Schweiß mit Falſchheit zu er- druͤcken. Den Armen giebt dein Hertz den guͤtigſten Erlaß, Es macht kein ſeuffzend Ach der Armen Auge naß. Du hilffſt, ſo viel du kanſt, aus allen Leibes-Noͤthen, Beſonders auch, wie mir, den Kindern der Prophetẽ. So thue kuͤnfftighin der Mißgunſt ferner Tort, Pflantz Alter, Jahr und Gluͤck in ſpaͤte Zeiten fort. Packt dich die Mißgunſt an, will dich die Frechheit ſtechen, Du wirſt ihnn Trotz und Hohn durch deine Groß- muth ſprechen. Es bleibet Rang u. Schatz ein ſchnoͤder Unterſcheid, Vor Alters lebte noch die liebe Redligkeit. Was niedrig, hebet ſich bis an geſtirnten Himmel, So ſteiget Mops, der Jeck, der abgeſchmackte Lim̃el, Er kennt ſich ſelber nicht, der Hochmut macht ihn ſchwer, Als wenn er Vice-Roi in Novacembla waͤr. Da ſtutzt der theure Mann, da hat er viel zu ſchaffen, Jndeß ſchreyt jedes Kind: ſeht doch den alten Affen. Jhn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/176
Zitationshilfe: Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/176>, abgerufen am 27.11.2024.