Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Poetische Aufschrifften. Doch, soltest du vielleicht der Reue Frucht verachten,So müste ich gewiß vor Furcht und Angst ver- schmachten. XXIX. Laß dich mein Siegel nicht erschrecken,Das dir die schwartze Farbe zeigt. Der Jnhalt wird dir mehr entdecken, Mein altes Weib ist nun erbleicht. Vielleicht wird auch mein banges Trauren Nicht vier und zwantzig Stunden dauren. XXX. Ein Brief, gefüllt mit heissen Thränen,Zeigt dir ein jammernd ächtzend Sehnen Das tausend Seuffzer in sich faßt, Mein Kind, Charlotte, ist erblast. XXXI. Die Zuschrifft ist, o Freund! mit Trauren an-gefüllt, Sie ist so, gleich wie du, in Boy und Flor verhüllt, Sie kommt aus fremden Ort, aus ziemlich grosser Weite, Daß sie vor mich dein Kind zur stillen Grufft be- gleite. XXXII. Was dir mein Kiel vor Früchte bringt,Was dir Thalia freudigst singt, Nimm an, o Freund! aus treuer Liebe, Verachte weder Blat, noch auch die Freundschaffts- Triebe. XXXIII.
Poetiſche Aufſchrifften. Doch, ſolteſt du vielleicht der Reue Frucht verachten,So muͤſte ich gewiß vor Furcht und Angſt ver- ſchmachten. XXIX. Laß dich mein Siegel nicht erſchrecken,Das dir die ſchwartze Farbe zeigt. Der Jnhalt wird dir mehr entdecken, Mein altes Weib iſt nun erbleicht. Vielleicht wird auch mein banges Trauren Nicht vier und zwantzig Stunden dauren. XXX. Ein Brief, gefuͤllt mit heiſſen Thraͤnen,Zeigt dir ein jammernd aͤchtzend Sehnen Das tauſend Seuffzer in ſich faßt, Mein Kind, Charlotte, iſt erblaſt. XXXI. Die Zuſchrifft iſt, o Freund! mit Trauren an-gefuͤllt, Sie iſt ſo, gleich wie du, in Boy und Flor verhuͤllt, Sie kommt aus fremden Ort, aus ziemlich groſſer Weite, Daß ſie vor mich dein Kind zur ſtillen Grufft be- gleite. XXXII. Was dir mein Kiel vor Fruͤchte bringt,Was dir Thalia freudigſt ſingt, Nimm an, o Freund! aus treuer Liebe, Verachte weder Blat, noch auch die Freundſchaffts- Triebe. XXXIII.
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Poetiſche Aufſchrifften.
Doch, ſolteſt du vielleicht der Reue Frucht verachten,
So muͤſte ich gewiß vor Furcht und Angſt ver-
ſchmachten.
XXIX.
Laß dich mein Siegel nicht erſchrecken,
Das dir die ſchwartze Farbe zeigt.
Der Jnhalt wird dir mehr entdecken,
Mein altes Weib iſt nun erbleicht.
Vielleicht wird auch mein banges Trauren
Nicht vier und zwantzig Stunden dauren.
XXX.
Ein Brief, gefuͤllt mit heiſſen Thraͤnen,
Zeigt dir ein jammernd aͤchtzend Sehnen
Das tauſend Seuffzer in ſich faßt,
Mein Kind, Charlotte, iſt erblaſt.
XXXI.
Die Zuſchrifft iſt, o Freund! mit Trauren an-
gefuͤllt,
Sie iſt ſo, gleich wie du, in Boy und Flor verhuͤllt,
Sie kommt aus fremden Ort, aus ziemlich groſſer
Weite,
Daß ſie vor mich dein Kind zur ſtillen Grufft be-
gleite.
XXXII.
Was dir mein Kiel vor Fruͤchte bringt,
Was dir Thalia freudigſt ſingt,
Nimm an, o Freund! aus treuer Liebe,
Verachte weder Blat, noch auch die Freundſchaffts-
Triebe.
XXXIII.
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