Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.Busentüchern, Lederhosen, Runzeln und Gebetbüchern auf einer der vordern Bänke einen kleinen grauen Handschuh von allerliebster Weltlichkeit hervorleuchten. Ich konnte mich nur langsam durch die Menge drängen und sah zuerst den blonden Schimmer der Spitze eines Zopfes, dann ein kleines Ohr, weiter nachdem mir ein Bauernmädchen die linke Zehe zerquetscht und den einen Lackschuh für immer dienstuntauglich gemacht hatte, eine blühende Wange und einen reizenden Nasenflügel, darauf, nachdem ich vorher meinen obersten Westenknopf zum Opfer hatte bringen müssen, ein Stück von einem Kinne, die Hälfte eines Grübchens und das lieblichste "noch etwas", um eine Umschreibung zu gebrauchen, deren sich Goethe in seinem Gedichte "Christel" bei Schilderung der Reize dieses trefflichen Mädchens bedient: Ist eine, die so lieben Mund, Liebrunde Wänglein hat? Ach, und es ist noch etwas rund, Da sieht kein Aug' sich satt. Endlich, nachdem ich auch noch meinen schönen Scheitel in die Schanze einiger Busentüchern, Lederhosen, Runzeln und Gebetbüchern auf einer der vordern Bänke einen kleinen grauen Handschuh von allerliebster Weltlichkeit hervorleuchten. Ich konnte mich nur langsam durch die Menge drängen und sah zuerst den blonden Schimmer der Spitze eines Zopfes, dann ein kleines Ohr, weiter nachdem mir ein Bauernmädchen die linke Zehe zerquetscht und den einen Lackschuh für immer dienstuntauglich gemacht hatte, eine blühende Wange und einen reizenden Nasenflügel, darauf, nachdem ich vorher meinen obersten Westenknopf zum Opfer hatte bringen müssen, ein Stück von einem Kinne, die Hälfte eines Grübchens und das lieblichste »noch etwas«, um eine Umschreibung zu gebrauchen, deren sich Goethe in seinem Gedichte »Christel« bei Schilderung der Reize dieses trefflichen Mädchens bedient: Ist eine, die so lieben Mund, Liebrunde Wänglein hat? Ach, und es ist noch etwas rund, Da sieht kein Aug’ sich satt. Endlich, nachdem ich auch noch meinen schönen Scheitel in die Schanze einiger <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0012" n="10"/> Busentüchern, Lederhosen, Runzeln und Gebetbüchern auf einer der vordern Bänke einen kleinen grauen Handschuh von allerliebster Weltlichkeit hervorleuchten. Ich konnte mich nur langsam durch die Menge drängen und sah zuerst den blonden Schimmer der Spitze eines Zopfes, dann ein kleines Ohr, weiter nachdem mir ein Bauernmädchen die linke Zehe zerquetscht und den einen Lackschuh für immer dienstuntauglich gemacht hatte, eine blühende Wange und einen reizenden Nasenflügel, darauf, nachdem ich vorher meinen obersten Westenknopf zum Opfer hatte bringen müssen, ein Stück von einem Kinne, die Hälfte eines Grübchens und das lieblichste »noch etwas«, um eine Umschreibung zu gebrauchen, deren sich Goethe in seinem Gedichte »Christel« bei Schilderung der Reize dieses trefflichen Mädchens bedient:</p> <lg type="poem"> <l>Ist eine, die so lieben Mund,</l><lb/> <l>Liebrunde Wänglein hat?</l><lb/> <l>Ach, und es ist <hi rendition="#g">noch etwas</hi> rund,</l><lb/> <l>Da sieht kein Aug’ sich satt.</l><lb/> </lg> <p>Endlich, nachdem ich auch noch meinen schönen Scheitel in die Schanze einiger </p> </div> </body> </text> </TEI> [10/0012]
Busentüchern, Lederhosen, Runzeln und Gebetbüchern auf einer der vordern Bänke einen kleinen grauen Handschuh von allerliebster Weltlichkeit hervorleuchten. Ich konnte mich nur langsam durch die Menge drängen und sah zuerst den blonden Schimmer der Spitze eines Zopfes, dann ein kleines Ohr, weiter nachdem mir ein Bauernmädchen die linke Zehe zerquetscht und den einen Lackschuh für immer dienstuntauglich gemacht hatte, eine blühende Wange und einen reizenden Nasenflügel, darauf, nachdem ich vorher meinen obersten Westenknopf zum Opfer hatte bringen müssen, ein Stück von einem Kinne, die Hälfte eines Grübchens und das lieblichste »noch etwas«, um eine Umschreibung zu gebrauchen, deren sich Goethe in seinem Gedichte »Christel« bei Schilderung der Reize dieses trefflichen Mädchens bedient:
Ist eine, die so lieben Mund,
Liebrunde Wänglein hat?
Ach, und es ist noch etwas rund,
Da sieht kein Aug’ sich satt.
Endlich, nachdem ich auch noch meinen schönen Scheitel in die Schanze einiger
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/12 |
Zitationshilfe: | Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/12>, abgerufen am 16.07.2024. |