Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.du wirst daraus mein angeborenes Talent für die Diplomatie erkennen, aber ich hatte noch keinen bestimmten Entschluss gefasst, als eine schwere offene Landkutsche, in der Niemand sass, dahergefahren kam. Auf meine Frage, wessen Wagen dies sei, erwiderte der Kutscher, es sei der Wagen des Postmeisters. Die Ziehtochter desselben wolle nämlich ihren kranken Bräutigam im Schlosse besuchen, und sei eben abgestiegen, um den schöneren Waldweg zur Rechten, an dessen Ende er sie erwarte, zu gehen. Ich that, als ob ich meines Weges weiter ginge, aber nachdem ich dem Kutscher aus den Augen war, rannte ich querfeldein dem Walde zu und sah bald in einiger Entfernung die schönen Wellenlinien einer anmuthigen Mädchengestalt, welche, da der Boden an vielen Stellen durchweicht war, hin und wieder auf den Fussspitzen ging, und wenn manchmal ein grösseres Gerinne, das der Regen gebildet hatte, von dem aufsteigenden Wald den Weg hinab rieselte, vorsichtig von einem Steine in dem Geriesel auf den andern hüpfte, und indem sie dabei das Kleid besorgt in die Höhe du wirst daraus mein angeborenes Talent für die Diplomatie erkennen, aber ich hatte noch keinen bestimmten Entschluss gefasst, als eine schwere offene Landkutsche, in der Niemand sass, dahergefahren kam. Auf meine Frage, wessen Wagen dies sei, erwiderte der Kutscher, es sei der Wagen des Postmeisters. Die Ziehtochter desselben wolle nämlich ihren kranken Bräutigam im Schlosse besuchen, und sei eben abgestiegen, um den schöneren Waldweg zur Rechten, an dessen Ende er sie erwarte, zu gehen. Ich that, als ob ich meines Weges weiter ginge, aber nachdem ich dem Kutscher aus den Augen war, rannte ich querfeldein dem Walde zu und sah bald in einiger Entfernung die schönen Wellenlinien einer anmuthigen Mädchengestalt, welche, da der Boden an vielen Stellen durchweicht war, hin und wieder auf den Fussspitzen ging, und wenn manchmal ein grösseres Gerinne, das der Regen gebildet hatte, von dem aufsteigenden Wald den Weg hinab rieselte, vorsichtig von einem Steine in dem Geriesel auf den andern hüpfte, und indem sie dabei das Kleid besorgt in die Höhe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="41"/> du wirst daraus mein angeborenes Talent für die Diplomatie erkennen, aber ich hatte noch keinen bestimmten Entschluss gefasst, als eine schwere offene Landkutsche, in der Niemand sass, dahergefahren kam. Auf meine Frage, wessen Wagen dies sei, erwiderte der Kutscher, es sei der Wagen des Postmeisters. Die Ziehtochter desselben wolle nämlich ihren kranken Bräutigam im Schlosse besuchen, und sei eben abgestiegen, um den schöneren Waldweg zur Rechten, an dessen Ende er sie erwarte, zu gehen. Ich that, als ob ich meines Weges weiter ginge, aber nachdem ich dem Kutscher aus den Augen war, rannte ich querfeldein dem Walde zu und sah bald in einiger Entfernung die schönen Wellenlinien einer anmuthigen Mädchengestalt, welche, da der Boden an vielen Stellen durchweicht war, hin und wieder auf den Fussspitzen ging, und wenn manchmal ein grösseres Gerinne, das der Regen gebildet hatte, von dem aufsteigenden Wald den Weg hinab rieselte, vorsichtig von einem Steine in dem Geriesel auf den andern hüpfte, und indem sie dabei das Kleid besorgt in die Höhe </p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0043]
du wirst daraus mein angeborenes Talent für die Diplomatie erkennen, aber ich hatte noch keinen bestimmten Entschluss gefasst, als eine schwere offene Landkutsche, in der Niemand sass, dahergefahren kam. Auf meine Frage, wessen Wagen dies sei, erwiderte der Kutscher, es sei der Wagen des Postmeisters. Die Ziehtochter desselben wolle nämlich ihren kranken Bräutigam im Schlosse besuchen, und sei eben abgestiegen, um den schöneren Waldweg zur Rechten, an dessen Ende er sie erwarte, zu gehen. Ich that, als ob ich meines Weges weiter ginge, aber nachdem ich dem Kutscher aus den Augen war, rannte ich querfeldein dem Walde zu und sah bald in einiger Entfernung die schönen Wellenlinien einer anmuthigen Mädchengestalt, welche, da der Boden an vielen Stellen durchweicht war, hin und wieder auf den Fussspitzen ging, und wenn manchmal ein grösseres Gerinne, das der Regen gebildet hatte, von dem aufsteigenden Wald den Weg hinab rieselte, vorsichtig von einem Steine in dem Geriesel auf den andern hüpfte, und indem sie dabei das Kleid besorgt in die Höhe
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Zitationshilfe: | Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/43>, abgerufen am 16.07.2024. |