Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich habe mein Jus primae noctis verloren, stöhnte er, ich habe es weder vorne noch hinten, ich habe überall gesucht und kann das Manuscript nicht finden.

Beruhigen Sie sich, tröstete ich ihn, der Herr will nur ihre Geduld prüfen. Sie haben das Beispiel des jungen Tobias nachgeahmt und Enthaltsamkeit gelobt, ahmen Sie nunmehr auch das Beispiel des alten Tobias nach, fassen Sie Geduld und murren Sie nicht gegen die Vorsehung. Sie lasen, als ich Sie im Schlosse sah, gerade aus dem Manuscripte vor und werden es auf dem Tischchen, an dem Sie sassen, zurückgelassen haben, wo es wahrscheinlich noch liegt.

Ich sah auf die Uhr:

Es ist halb acht Uhr, lassen Sie den Wagen sofort nach dem Schlosse umkehren, um halb zehn Uhr sind Sie wieder mit dem kostbaren Schatze an der Seite Ihrer Braut und Sie kommen noch eine halbe Stunde vor der Abfahrt des Zuges. Wir sind nur noch einige Minuten vom Bahnhofe entfernt, und ich will die kurze Strecke zu Fusse zurücklegen.

Ich habe mein Jus primae noctis verloren, stöhnte er, ich habe es weder vorne noch hinten, ich habe überall gesucht und kann das Manuscript nicht finden.

Beruhigen Sie sich, tröstete ich ihn, der Herr will nur ihre Geduld prüfen. Sie haben das Beispiel des jungen Tobias nachgeahmt und Enthaltsamkeit gelobt, ahmen Sie nunmehr auch das Beispiel des alten Tobias nach, fassen Sie Geduld und murren Sie nicht gegen die Vorsehung. Sie lasen, als ich Sie im Schlosse sah, gerade aus dem Manuscripte vor und werden es auf dem Tischchen, an dem Sie sassen, zurückgelassen haben, wo es wahrscheinlich noch liegt.

Ich sah auf die Uhr:

Es ist halb acht Uhr, lassen Sie den Wagen sofort nach dem Schlosse umkehren, um halb zehn Uhr sind Sie wieder mit dem kostbaren Schatze an der Seite Ihrer Braut und Sie kommen noch eine halbe Stunde vor der Abfahrt des Zuges. Wir sind nur noch einige Minuten vom Bahnhofe entfernt, und ich will die kurze Strecke zu Fusse zurücklegen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0078" n="76"/>
        <p>Ich habe mein <hi rendition="#i">Jus primae noctis</hi> verloren, stöhnte er, ich habe es weder vorne noch hinten, ich habe überall gesucht und kann das Manuscript nicht finden.</p>
        <p>Beruhigen Sie sich, tröstete ich ihn, der Herr will nur ihre Geduld prüfen. Sie haben das Beispiel des jungen Tobias nachgeahmt und Enthaltsamkeit gelobt, ahmen Sie nunmehr auch das Beispiel des alten Tobias nach, fassen Sie Geduld und murren Sie nicht gegen die Vorsehung. Sie lasen, als ich Sie im Schlosse sah, gerade aus dem Manuscripte vor und werden es auf dem Tischchen, an dem Sie sassen, zurückgelassen haben, wo es wahrscheinlich noch liegt.</p>
        <p>Ich sah auf die Uhr:</p>
        <p>Es ist halb acht Uhr, lassen Sie den Wagen sofort nach dem Schlosse umkehren, um halb zehn Uhr sind Sie wieder mit dem kostbaren Schatze an der Seite Ihrer Braut und Sie kommen noch eine halbe Stunde vor der Abfahrt des Zuges. Wir sind nur noch einige Minuten vom Bahnhofe entfernt, und ich will die kurze Strecke zu Fusse zurücklegen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0078] Ich habe mein Jus primae noctis verloren, stöhnte er, ich habe es weder vorne noch hinten, ich habe überall gesucht und kann das Manuscript nicht finden. Beruhigen Sie sich, tröstete ich ihn, der Herr will nur ihre Geduld prüfen. Sie haben das Beispiel des jungen Tobias nachgeahmt und Enthaltsamkeit gelobt, ahmen Sie nunmehr auch das Beispiel des alten Tobias nach, fassen Sie Geduld und murren Sie nicht gegen die Vorsehung. Sie lasen, als ich Sie im Schlosse sah, gerade aus dem Manuscripte vor und werden es auf dem Tischchen, an dem Sie sassen, zurückgelassen haben, wo es wahrscheinlich noch liegt. Ich sah auf die Uhr: Es ist halb acht Uhr, lassen Sie den Wagen sofort nach dem Schlosse umkehren, um halb zehn Uhr sind Sie wieder mit dem kostbaren Schatze an der Seite Ihrer Braut und Sie kommen noch eine halbe Stunde vor der Abfahrt des Zuges. Wir sind nur noch einige Minuten vom Bahnhofe entfernt, und ich will die kurze Strecke zu Fusse zurücklegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/78
Zitationshilfe: Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/78>, abgerufen am 22.12.2024.