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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Einleitung.
nicht, welches bey dieser nöthig war, mußte ganz seyn, da diese
in einige Abschnitte getheilet ist. Dritte Irregularität. Bey die-
ser Irregularität besitzt die Blume indessen doch auch Regularität.
Man kann sie nemlich in Gedanken durch eine perpendikuläre Fläche
in zwey vollkommen gleiche Theile theilen. Denn so wie sie zwar
von oben nach unten zu irregulär seyn mußte, so war keine Ur-
sache da, warum sie von einer Seite zur andern nicht regulär seyn
konnte, weder in Ansehung des Regens, noch der Hummel, de-
ren Körper, ungeachtet seiner Irregularität, gleichfalls so weit
regulär gebauet ist, daß er durch eine perpendikuläre Fläche in
zwey völlig gleiche Theile getheilet werden kann. Diese Blume ist
also in Ansehung der Unterlippe, die Saftdecke ausgenommen,
der ersten, und in Ansehung der Oberlippe, das Saftmaal aus-
genommen, der zweiten ähnlich.

Endlich wollen wir die vierte Blume mit der zweiten verglei-
chen. Dieselbe sitzt nicht, wie diese, am Ende des Stengels,
oder, wie die erste, am Ende eines Zweiges, sondern vermittelst
eines kurzen Stiels an der Seite eines Zweiges, und ihrer viele
bilden eine einseitige Traube (racemus secundus), welche von
vorne gesehen am meisten in die Augen fällt. So wie nun die
ganze Traube, eben so macht sich auch eine jede Blume den zu
ihrer Befruchtung bestimmten Hummeln und Bienen von vorne
hauptsächlich bemerkbar, und ist deswegen zu den horizontalen
Blumen zu rechnen. Folglich mußte auch sie eine irreguläre Bil-
dung erhalten. Die Natur fand für gut, ihr eine solche Stellung
zu geben, daß sie zwischen den völlig horizontalen und den grade
herabhangenden Blumen ungefähr das Mittel hält. Insofern ist
sie der zweiten Blume ähnlich, mit welcher sie eben deswegen auch
darin übereinstimmt, daß sie sich mit der äußeren Oberfläche ihrer
Krone, keinesweges aber, wie die erste und dritte, mit der inne-
ren vorzüglich bemerkbar macht. Sie weicht aber von der Regu-
larität jener in folgenden Stücken ab.

1. Die Krone ist am Rande in vier Abschnitte getheilet, von
welchen zwar die an beiden Seiten sich gleich sind, der unterste
aber breiter und länger ist, als der oberste. Der Endzweck dieser
Irregularität ist, damit dem Insekt, nachdem es sich der Blume
genähert hat, die Oeffnung der Krone sich besser zeige, und derje-
nige Theil der Krone, auf welchen es sich nach seiner aufrechten
Stellung bequem setzen kann, wie auch das auf demselben befind-
liche Saftmaal sogleich in die Augen falle.

2. Das Saftmaal konnte nemlich nicht, wie bey der zweiten
Blume, auf der äußeren Oberfläche der Krone angebracht werden.
Weder so, daß alle vier Abschnitte einen Fleck von anderer Farbe
erhalten hätten. Denn diese Flecken würden auf den beiden Sei-
tenabschnitten wenig, auf dem hintersten oder untersten aber gar
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Einleitung.
nicht bemerkt worden seyn. Noch so, daß nur der vorderste oder
oberste Abschnitt einen solchen Fleck erhalten hätte. Denn als-
denn hätte das Insekt, nach Anleitung dieses Saftmaals, sich
auf den obersten Theil der Krone setzen, sich alsdenn umkehren,
und in umgekehrter Stellung in die Blume hineinkriechen müssen.
So viel Mühe würde sich das Insekt nicht gegeben haben, son-
dern es würde vielmehr, ohne sich an das Saftmaal zu kehren,
auf der untersten Seite der Krone hineingekrochen seyn, und auf
solche Art die Befruchtung, welche nach der ersten Art hineinzu-
kriechen kalkulirt war, keinesweges bewerkstelligt haben. Da
also das Insekt natürlicherweise auf der untersten Seite hinein-
kriecht, so mußte auch das Saftmaal auf der inneren Oberfläche
der untersten Seite angebracht werden.

3. Indem das Insekt also hineinkriecht, um zu dem oben
im Grunde der Kronenröhre befindlichen Saft zu gelangen, so
soll es die Blume befruchten, und zwar auf eben dieselbe Art,
als bey der ersten gemeldet worden. Dieser Ursache wegen stehen
weder die Filamente regelmäßig um die Axe der Krone herum,
noch befindet sich der Griffel in der Axe, wie bey der zweiten Blu-
me, sondern jene sowohl, als dieser schmiegen sich, sobald sie die
kurze Röhre verlassen haben, dicht an die oberste Seite der Krone,
damit das Insekt mit seinem haarichten Rücken in der jüngeren
Blume den Staub der Antheren abstreife, und in der älteren den-
selben auf das Stigma bringe.

Endlich 4. ist die Krone, zur Abhaltung der Regentropfen
vom Saft, zwar auf dem untersten Abschnitt, in Ansehung dessen
die Blume der zweiten unähnlich ist, keinesweges aber auf den
drey übrigen, in Ansehung derer sie derselben ähnlich ist, mit
Haaren versehen.

Aus der Vergleichung aller vier Blumen mit einander ergiebt
sich der allgemeine Satz, daß grade aufrechtstehende und grade
herabhangende Blumen, weil bey ihnen keine untere und obere
Seite statt findet, sondern alle Seiten von gleicher Höhe sind,
regulär seyn müssen, damit das Insekt, es mag sich setzen, auf
welche Seite es will, dieselben befruchten könne, daß im Gegen-
theil horizontale Blumen, weil sie eine obere und untere Seite ha-
ben, und das Insekt jedesmal sich auf die untere setzt, und auf
einer von beiden hineinkriecht (denn bey dem Märzveilchen setzt
sich zwar die Biene auf die untere Seite, kehrt sich aber alsdenn
um, und kriecht auf der obern hinein), irregulär seyn müssen,
indem die Art und Weise, wie die Befruchtung von demselben ge-
schehen soll, nur nach diesem einzigen Fall bestimmt werden muß.

Es giebt verschiedene Umstände, aus welchen man schließen
kann, daß ein Insekt, welches eine Blume besucht, zur Befruch-
tung derselben bestimmt sey, oder nicht. Daß die Bienen zur

C 3

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Einleitung.
nicht, welches bey dieſer noͤthig war, mußte ganz ſeyn, da dieſe
in einige Abſchnitte getheilet iſt. Dritte Irregularitaͤt. Bey die-
ſer Irregularitaͤt beſitzt die Blume indeſſen doch auch Regularitaͤt.
Man kann ſie nemlich in Gedanken durch eine perpendikulaͤre Flaͤche
in zwey vollkommen gleiche Theile theilen. Denn ſo wie ſie zwar
von oben nach unten zu irregulaͤr ſeyn mußte, ſo war keine Ur-
ſache da, warum ſie von einer Seite zur andern nicht regulaͤr ſeyn
konnte, weder in Anſehung des Regens, noch der Hummel, de-
ren Koͤrper, ungeachtet ſeiner Irregularitaͤt, gleichfalls ſo weit
regulaͤr gebauet iſt, daß er durch eine perpendikulaͤre Flaͤche in
zwey voͤllig gleiche Theile getheilet werden kann. Dieſe Blume iſt
alſo in Anſehung der Unterlippe, die Saftdecke ausgenommen,
der erſten, und in Anſehung der Oberlippe, das Saftmaal aus-
genommen, der zweiten aͤhnlich.

Endlich wollen wir die vierte Blume mit der zweiten verglei-
chen. Dieſelbe ſitzt nicht, wie dieſe, am Ende des Stengels,
oder, wie die erſte, am Ende eines Zweiges, ſondern vermittelſt
eines kurzen Stiels an der Seite eines Zweiges, und ihrer viele
bilden eine einſeitige Traube (racemus ſecundus), welche von
vorne geſehen am meiſten in die Augen faͤllt. So wie nun die
ganze Traube, eben ſo macht ſich auch eine jede Blume den zu
ihrer Befruchtung beſtimmten Hummeln und Bienen von vorne
hauptſaͤchlich bemerkbar, und iſt deswegen zu den horizontalen
Blumen zu rechnen. Folglich mußte auch ſie eine irregulaͤre Bil-
dung erhalten. Die Natur fand fuͤr gut, ihr eine ſolche Stellung
zu geben, daß ſie zwiſchen den voͤllig horizontalen und den grade
herabhangenden Blumen ungefaͤhr das Mittel haͤlt. Inſofern iſt
ſie der zweiten Blume aͤhnlich, mit welcher ſie eben deswegen auch
darin uͤbereinſtimmt, daß ſie ſich mit der aͤußeren Oberflaͤche ihrer
Krone, keinesweges aber, wie die erſte und dritte, mit der inne-
ren vorzuͤglich bemerkbar macht. Sie weicht aber von der Regu-
laritaͤt jener in folgenden Stuͤcken ab.

1. Die Krone iſt am Rande in vier Abſchnitte getheilet, von
welchen zwar die an beiden Seiten ſich gleich ſind, der unterſte
aber breiter und laͤnger iſt, als der oberſte. Der Endzweck dieſer
Irregularitaͤt iſt, damit dem Inſekt, nachdem es ſich der Blume
genaͤhert hat, die Oeffnung der Krone ſich beſſer zeige, und derje-
nige Theil der Krone, auf welchen es ſich nach ſeiner aufrechten
Stellung bequem ſetzen kann, wie auch das auf demſelben befind-
liche Saftmaal ſogleich in die Augen falle.

2. Das Saftmaal konnte nemlich nicht, wie bey der zweiten
Blume, auf der aͤußeren Oberflaͤche der Krone angebracht werden.
Weder ſo, daß alle vier Abſchnitte einen Fleck von anderer Farbe
erhalten haͤtten. Denn dieſe Flecken wuͤrden auf den beiden Sei-
tenabſchnitten wenig, auf dem hinterſten oder unterſten aber gar
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Einleitung.
nicht bemerkt worden ſeyn. Noch ſo, daß nur der vorderſte oder
oberſte Abſchnitt einen ſolchen Fleck erhalten haͤtte. Denn als-
denn haͤtte das Inſekt, nach Anleitung dieſes Saftmaals, ſich
auf den oberſten Theil der Krone ſetzen, ſich alsdenn umkehren,
und in umgekehrter Stellung in die Blume hineinkriechen muͤſſen.
So viel Muͤhe wuͤrde ſich das Inſekt nicht gegeben haben, ſon-
dern es wuͤrde vielmehr, ohne ſich an das Saftmaal zu kehren,
auf der unterſten Seite der Krone hineingekrochen ſeyn, und auf
ſolche Art die Befruchtung, welche nach der erſten Art hineinzu-
kriechen kalkulirt war, keinesweges bewerkſtelligt haben. Da
alſo das Inſekt natuͤrlicherweiſe auf der unterſten Seite hinein-
kriecht, ſo mußte auch das Saftmaal auf der inneren Oberflaͤche
der unterſten Seite angebracht werden.

3. Indem das Inſekt alſo hineinkriecht, um zu dem oben
im Grunde der Kronenroͤhre befindlichen Saft zu gelangen, ſo
ſoll es die Blume befruchten, und zwar auf eben dieſelbe Art,
als bey der erſten gemeldet worden. Dieſer Urſache wegen ſtehen
weder die Filamente regelmaͤßig um die Axe der Krone herum,
noch befindet ſich der Griffel in der Axe, wie bey der zweiten Blu-
me, ſondern jene ſowohl, als dieſer ſchmiegen ſich, ſobald ſie die
kurze Roͤhre verlaſſen haben, dicht an die oberſte Seite der Krone,
damit das Inſekt mit ſeinem haarichten Ruͤcken in der juͤngeren
Blume den Staub der Antheren abſtreife, und in der aͤlteren den-
ſelben auf das Stigma bringe.

Endlich 4. iſt die Krone, zur Abhaltung der Regentropfen
vom Saft, zwar auf dem unterſten Abſchnitt, in Anſehung deſſen
die Blume der zweiten unaͤhnlich iſt, keinesweges aber auf den
drey uͤbrigen, in Anſehung derer ſie derſelben aͤhnlich iſt, mit
Haaren verſehen.

Aus der Vergleichung aller vier Blumen mit einander ergiebt
ſich der allgemeine Satz, daß grade aufrechtſtehende und grade
herabhangende Blumen, weil bey ihnen keine untere und obere
Seite ſtatt findet, ſondern alle Seiten von gleicher Hoͤhe ſind,
regulaͤr ſeyn muͤſſen, damit das Inſekt, es mag ſich ſetzen, auf
welche Seite es will, dieſelben befruchten koͤnne, daß im Gegen-
theil horizontale Blumen, weil ſie eine obere und untere Seite ha-
ben, und das Inſekt jedesmal ſich auf die untere ſetzt, und auf
einer von beiden hineinkriecht (denn bey dem Maͤrzveilchen ſetzt
ſich zwar die Biene auf die untere Seite, kehrt ſich aber alsdenn
um, und kriecht auf der obern hinein), irregulaͤr ſeyn muͤſſen,
indem die Art und Weiſe, wie die Befruchtung von demſelben ge-
ſchehen ſoll, nur nach dieſem einzigen Fall beſtimmt werden muß.

Es giebt verſchiedene Umſtaͤnde, aus welchen man ſchließen
kann, daß ein Inſekt, welches eine Blume beſucht, zur Befruch-
tung derſelben beſtimmt ſey, oder nicht. Daß die Bienen zur

C 3
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[[33]/0033] Einleitung. Einleitung. nicht, welches bey dieſer noͤthig war, mußte ganz ſeyn, da dieſe in einige Abſchnitte getheilet iſt. Dritte Irregularitaͤt. Bey die- ſer Irregularitaͤt beſitzt die Blume indeſſen doch auch Regularitaͤt. Man kann ſie nemlich in Gedanken durch eine perpendikulaͤre Flaͤche in zwey vollkommen gleiche Theile theilen. Denn ſo wie ſie zwar von oben nach unten zu irregulaͤr ſeyn mußte, ſo war keine Ur- ſache da, warum ſie von einer Seite zur andern nicht regulaͤr ſeyn konnte, weder in Anſehung des Regens, noch der Hummel, de- ren Koͤrper, ungeachtet ſeiner Irregularitaͤt, gleichfalls ſo weit regulaͤr gebauet iſt, daß er durch eine perpendikulaͤre Flaͤche in zwey voͤllig gleiche Theile getheilet werden kann. Dieſe Blume iſt alſo in Anſehung der Unterlippe, die Saftdecke ausgenommen, der erſten, und in Anſehung der Oberlippe, das Saftmaal aus- genommen, der zweiten aͤhnlich. Endlich wollen wir die vierte Blume mit der zweiten verglei- chen. Dieſelbe ſitzt nicht, wie dieſe, am Ende des Stengels, oder, wie die erſte, am Ende eines Zweiges, ſondern vermittelſt eines kurzen Stiels an der Seite eines Zweiges, und ihrer viele bilden eine einſeitige Traube (racemus ſecundus), welche von vorne geſehen am meiſten in die Augen faͤllt. So wie nun die ganze Traube, eben ſo macht ſich auch eine jede Blume den zu ihrer Befruchtung beſtimmten Hummeln und Bienen von vorne hauptſaͤchlich bemerkbar, und iſt deswegen zu den horizontalen Blumen zu rechnen. Folglich mußte auch ſie eine irregulaͤre Bil- dung erhalten. Die Natur fand fuͤr gut, ihr eine ſolche Stellung zu geben, daß ſie zwiſchen den voͤllig horizontalen und den grade herabhangenden Blumen ungefaͤhr das Mittel haͤlt. Inſofern iſt ſie der zweiten Blume aͤhnlich, mit welcher ſie eben deswegen auch darin uͤbereinſtimmt, daß ſie ſich mit der aͤußeren Oberflaͤche ihrer Krone, keinesweges aber, wie die erſte und dritte, mit der inne- ren vorzuͤglich bemerkbar macht. Sie weicht aber von der Regu- laritaͤt jener in folgenden Stuͤcken ab. 1. Die Krone iſt am Rande in vier Abſchnitte getheilet, von welchen zwar die an beiden Seiten ſich gleich ſind, der unterſte aber breiter und laͤnger iſt, als der oberſte. Der Endzweck dieſer Irregularitaͤt iſt, damit dem Inſekt, nachdem es ſich der Blume genaͤhert hat, die Oeffnung der Krone ſich beſſer zeige, und derje- nige Theil der Krone, auf welchen es ſich nach ſeiner aufrechten Stellung bequem ſetzen kann, wie auch das auf demſelben befind- liche Saftmaal ſogleich in die Augen falle. 2. Das Saftmaal konnte nemlich nicht, wie bey der zweiten Blume, auf der aͤußeren Oberflaͤche der Krone angebracht werden. Weder ſo, daß alle vier Abſchnitte einen Fleck von anderer Farbe erhalten haͤtten. Denn dieſe Flecken wuͤrden auf den beiden Sei- tenabſchnitten wenig, auf dem hinterſten oder unterſten aber gar nicht bemerkt worden ſeyn. Noch ſo, daß nur der vorderſte oder oberſte Abſchnitt einen ſolchen Fleck erhalten haͤtte. Denn als- denn haͤtte das Inſekt, nach Anleitung dieſes Saftmaals, ſich auf den oberſten Theil der Krone ſetzen, ſich alsdenn umkehren, und in umgekehrter Stellung in die Blume hineinkriechen muͤſſen. So viel Muͤhe wuͤrde ſich das Inſekt nicht gegeben haben, ſon- dern es wuͤrde vielmehr, ohne ſich an das Saftmaal zu kehren, auf der unterſten Seite der Krone hineingekrochen ſeyn, und auf ſolche Art die Befruchtung, welche nach der erſten Art hineinzu- kriechen kalkulirt war, keinesweges bewerkſtelligt haben. Da alſo das Inſekt natuͤrlicherweiſe auf der unterſten Seite hinein- kriecht, ſo mußte auch das Saftmaal auf der inneren Oberflaͤche der unterſten Seite angebracht werden. 3. Indem das Inſekt alſo hineinkriecht, um zu dem oben im Grunde der Kronenroͤhre befindlichen Saft zu gelangen, ſo ſoll es die Blume befruchten, und zwar auf eben dieſelbe Art, als bey der erſten gemeldet worden. Dieſer Urſache wegen ſtehen weder die Filamente regelmaͤßig um die Axe der Krone herum, noch befindet ſich der Griffel in der Axe, wie bey der zweiten Blu- me, ſondern jene ſowohl, als dieſer ſchmiegen ſich, ſobald ſie die kurze Roͤhre verlaſſen haben, dicht an die oberſte Seite der Krone, damit das Inſekt mit ſeinem haarichten Ruͤcken in der juͤngeren Blume den Staub der Antheren abſtreife, und in der aͤlteren den- ſelben auf das Stigma bringe. Endlich 4. iſt die Krone, zur Abhaltung der Regentropfen vom Saft, zwar auf dem unterſten Abſchnitt, in Anſehung deſſen die Blume der zweiten unaͤhnlich iſt, keinesweges aber auf den drey uͤbrigen, in Anſehung derer ſie derſelben aͤhnlich iſt, mit Haaren verſehen. Aus der Vergleichung aller vier Blumen mit einander ergiebt ſich der allgemeine Satz, daß grade aufrechtſtehende und grade herabhangende Blumen, weil bey ihnen keine untere und obere Seite ſtatt findet, ſondern alle Seiten von gleicher Hoͤhe ſind, regulaͤr ſeyn muͤſſen, damit das Inſekt, es mag ſich ſetzen, auf welche Seite es will, dieſelben befruchten koͤnne, daß im Gegen- theil horizontale Blumen, weil ſie eine obere und untere Seite ha- ben, und das Inſekt jedesmal ſich auf die untere ſetzt, und auf einer von beiden hineinkriecht (denn bey dem Maͤrzveilchen ſetzt ſich zwar die Biene auf die untere Seite, kehrt ſich aber alsdenn um, und kriecht auf der obern hinein), irregulaͤr ſeyn muͤſſen, indem die Art und Weiſe, wie die Befruchtung von demſelben ge- ſchehen ſoll, nur nach dieſem einzigen Fall beſtimmt werden muß. Es giebt verſchiedene Umſtaͤnde, aus welchen man ſchließen kann, daß ein Inſekt, welches eine Blume beſucht, zur Befruch- tung derſelben beſtimmt ſey, oder nicht. Daß die Bienen zur C 3

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [33]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/33>, abgerufen am 21.11.2024.