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Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793.

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Asclepias.
und mit Donner und Blitz, wieder nach Westen zurückgejagt, so
daß nun am ganzen Himmel kein Wölkchen zu sehen war. Ob
nun gleich die Sonne ziemlich heiß schien, so wurde doch die Hitze
durch den frischen Ostwind gemäßigt. Die Pflanzen, durch den
Regen der vorhergehenden Tage erquickt, blüheten herrlich, und
die Insekten, durch eben diesen Regen verhindert, die Blumen
zu besuchen, fielen nun mit desto grösserer Begierde über dieselben
her. Unterwe[ae]s machte ich eine Beobachtung, die mir um so
viel angenehmer war, da ich schon lange, wiewohl vergebens,
dieselbe zu machen gewünscht hatte. Ich hatte nemlich eingesehen,
daß Antirrhinum Linaria von einem etwas großen Insekt, wel-
ches jedoch kleiner wäre, als die größten Hummeln, befruchtet
werden müsse. Ich hörte jetzt das Summen einer Hummel,
ging demselben nach, und fand dieselbe auf den Blumen der Li-
naria
in voller Arbeit. Da sie nicht grösser war, als eine Biene,
so hatte sie, um zum Saft zu gelangen, nicht nöthig, ein Loch
in das Horn, welches denselben enthält, zu beißen, wie die
größten Hummeln thun, sondern sie kroch durch den von der Na-
tur gemachten Eingang hinein, woraus erhellet, daß sie die Blume
befruchtet. In der Mittagsstunde kam ich in dem Garten an,
und fand auf den daselbst befindlichen Stauden der Asclepias
fruticosa
eine Menge Fliegen und Wespen. Ich bemerkte so-
gleich, daß eine Fliege an einem Vorderfuß ein Kölbchen sitzen
hatte. Sie mußte dasselbe erst kurz vorher herausgezogen haben,
denn sie bemühete sich, dasselbe wieder los zu werden, indem sie
beide Vorderbeine umeinander schlang, wie die Fliegen zu thun
pflegen, wenn sie mit denselben Staub von den Antheren abge-
streift haben, und denselben wieder los werden wollen. Indessen
war ihre Bemühung vergebens, das Kölbchen blieb hangen, und
ward von ihr allenthalben mitgeschleppt. Auf den Blumen einer
andern Staude fand ich eine kleine Wespe, welche auch an einem
Fuß ein Kölbchen hangen hatte, und mit demselben ihrer Nah-
rung nachging. Auf solche Art hatte ich zu meinem größten Ver-
gnügen die Absicht meiner Reise völlig erreicht, indem die Erfah-
rung meine Vorstellung von der Art und Weise, wie die Insekten
diese Blume befruchten, bestätigt hatte.

Es hat also mit der Einrichtung der Asclepias fruticosa und
mit ihrer Befruchtung folgende Bewandniß.

Weil diese Blume von Fliegen und Wespen, welche nicht,
wie die Bienen, Staub sammlen, befruchtet werden soll: so ist
sie eine Saftblume. Damit sie von diesen Insekten leicht bemerkt
werden könne, so hat sie eine Krone. Zu gleichem Endzweck ha-
ben einige Arten einen Geruch, welcher bey der Asclepias Sy-
riaca
sehr angenehm, bey der Stapelia hirsuta aber sehr unange-
nehm ist; bey dieser Art habe ich keinen Geruch wahrgenommen.
[Spaltenumbruch]

Asclepias.
Die Saftmaschinen haben eine andere Farbe, als die Krone, wel-
cher Unterschied bey andern Arten stärker in die Augen fällt, als
bey dieser, damit die Insekten, nachdem sie sich auf die Blume
gesetzt haben, durch diese besondere Farbe angewiesen werden, in
den Saftmaschinen den Saft zu suchen. Die männlichen Kölb-
chen stecken, so lange sie nicht zur Befruchtung angewandt wer-
den, in besonderen Beutelchen oder Fächern, damit das befruch-
tende Oel, welches sie absondern, nicht vom Regen verdorben
werde. Das schwarze Käppchen hingegen, an welchem sie han-
gen, sitzt frey, damit ein Insekt dasselbe leicht mit einem Fuß be-
rühren könne. Es ist sehr hart, und hat vermuthlich die Gestalt
und Elasticität eines Fangeisens (das einfache Mikroskopium gab
mir hierüber nicht die gehörige Auskunft), damit, sobald ein Flie-
genfuß zwischen die beiden Theile desselben geräth, sie zusammen-
fahren, und denselben festhalten. Ich schließe dies aus demjeni-
gen, was Kölreuter bemerkt hat. Die Käppchen, sagt er,
haben eine gewisse Aehnlichkeit mit einem zweyfächerichten verhär-
teten, oder vertrockneten Staubkölbchen. Wenn nun diese Käpp-
chen an die Falten, an deren Ende sie sitzen, angewachsen wären,
wie Kölreuter sagt: so würde dieses sehr zweckwidrig seyn,
weil es dadurch den Insekten schwer, wenn nicht gar unmöglich
gemacht seyn würde, dieselben abzulösen. Er hat sich aber hierin
geirrt. Denn wenn man die Spitze einer Nadel in eine Falte
steckt, und die Nadel abwärts zieht, so daß die Spitze in der
Falte bleibt: so löset man das Käppchen mit einer solchen Leich-
tigkeit ab, daß man wohl merken kann, daß dasselbe keinesweges
angewachsen ist. Warum das Käppchen an dem Ende einer sol-
chen Falte sitzt, ist nicht schwer einzusehen. Denn da die Käpp-
chen überaus klein sind, so würde es selten geschehen, daß eine
Fliege mit einem Fuß eines derselben berührte; da aber die Fal-
ten ziemlich lang sind, so geräth der Fliegenfuß leichter in eine
Falte, als an ein Käppchen. Und daß derselbe noch leichter in
eine Falte gerathe, dazu dient folgende Anstalt, Fig. 5. Erstens
ist der kurze und dicke Stiel e f, auf welchem die Saftmaschinen
befestigt sind, sehr glatt. Er hat fünf Seiten, welche mit den
Saftmaschinen abwechseln, und ein wenig ausgehöhlt sind. Der
oberste Rand der Saftmaschinen b l und b m macht mit dem
Stiele einen spitzen Winkel, doch so, daß der Scheitel des Win-
kels nicht spitz, sondern bogenförmig gekrümmt ist, folglich der
Rand sich in den Stiel nach und nach verlieret. Dabey ist dieser
Rand eben so glatt, als der Stiel, so wie er denn auch eben so
gefärbt ist, nemlich blaßviolett. Dieser glatte Theil der Blume,
welchen jener Stiel und jene Ränder ausmachen, ist in Fig. 11.
von oben gesehen abgebildet. Eine von den fünf Seiten desselben
ist Fig. 5. b l i k m b. Nun muß eine Fliege oder eine Wespe,

K

[Spaltenumbruch]

Aſclepias.
und mit Donner und Blitz, wieder nach Weſten zuruͤckgejagt, ſo
daß nun am ganzen Himmel kein Woͤlkchen zu ſehen war. Ob
nun gleich die Sonne ziemlich heiß ſchien, ſo wurde doch die Hitze
durch den friſchen Oſtwind gemaͤßigt. Die Pflanzen, durch den
Regen der vorhergehenden Tage erquickt, bluͤheten herrlich, und
die Inſekten, durch eben dieſen Regen verhindert, die Blumen
zu beſuchen, fielen nun mit deſto groͤſſerer Begierde uͤber dieſelben
her. Unterwe[ae]s machte ich eine Beobachtung, die mir um ſo
viel angenehmer war, da ich ſchon lange, wiewohl vergebens,
dieſelbe zu machen gewuͤnſcht hatte. Ich hatte nemlich eingeſehen,
daß Antirrhinum Linaria von einem etwas großen Inſekt, wel-
ches jedoch kleiner waͤre, als die groͤßten Hummeln, befruchtet
werden muͤſſe. Ich hoͤrte jetzt das Summen einer Hummel,
ging demſelben nach, und fand dieſelbe auf den Blumen der Li-
naria
in voller Arbeit. Da ſie nicht groͤſſer war, als eine Biene,
ſo hatte ſie, um zum Saft zu gelangen, nicht noͤthig, ein Loch
in das Horn, welches denſelben enthaͤlt, zu beißen, wie die
groͤßten Hummeln thun, ſondern ſie kroch durch den von der Na-
tur gemachten Eingang hinein, woraus erhellet, daß ſie die Blume
befruchtet. In der Mittagsſtunde kam ich in dem Garten an,
und fand auf den daſelbſt befindlichen Stauden der Aſclepias
fruticoſa
eine Menge Fliegen und Wespen. Ich bemerkte ſo-
gleich, daß eine Fliege an einem Vorderfuß ein Koͤlbchen ſitzen
hatte. Sie mußte daſſelbe erſt kurz vorher herausgezogen haben,
denn ſie bemuͤhete ſich, daſſelbe wieder los zu werden, indem ſie
beide Vorderbeine umeinander ſchlang, wie die Fliegen zu thun
pflegen, wenn ſie mit denſelben Staub von den Antheren abge-
ſtreift haben, und denſelben wieder los werden wollen. Indeſſen
war ihre Bemuͤhung vergebens, das Koͤlbchen blieb hangen, und
ward von ihr allenthalben mitgeſchleppt. Auf den Blumen einer
andern Staude fand ich eine kleine Wespe, welche auch an einem
Fuß ein Koͤlbchen hangen hatte, und mit demſelben ihrer Nah-
rung nachging. Auf ſolche Art hatte ich zu meinem groͤßten Ver-
gnuͤgen die Abſicht meiner Reiſe voͤllig erreicht, indem die Erfah-
rung meine Vorſtellung von der Art und Weiſe, wie die Inſekten
dieſe Blume befruchten, beſtaͤtigt hatte.

Es hat alſo mit der Einrichtung der Aſclepias fruticoſa und
mit ihrer Befruchtung folgende Bewandniß.

Weil dieſe Blume von Fliegen und Wespen, welche nicht,
wie die Bienen, Staub ſammlen, befruchtet werden ſoll: ſo iſt
ſie eine Saftblume. Damit ſie von dieſen Inſekten leicht bemerkt
werden koͤnne, ſo hat ſie eine Krone. Zu gleichem Endzweck ha-
ben einige Arten einen Geruch, welcher bey der Aſclepias Sy-
riaca
ſehr angenehm, bey der Stapelia hirſuta aber ſehr unange-
nehm iſt; bey dieſer Art habe ich keinen Geruch wahrgenommen.
[Spaltenumbruch]

Aſclepias.
Die Saftmaſchinen haben eine andere Farbe, als die Krone, wel-
cher Unterſchied bey andern Arten ſtaͤrker in die Augen faͤllt, als
bey dieſer, damit die Inſekten, nachdem ſie ſich auf die Blume
geſetzt haben, durch dieſe beſondere Farbe angewieſen werden, in
den Saftmaſchinen den Saft zu ſuchen. Die maͤnnlichen Koͤlb-
chen ſtecken, ſo lange ſie nicht zur Befruchtung angewandt wer-
den, in beſonderen Beutelchen oder Faͤchern, damit das befruch-
tende Oel, welches ſie abſondern, nicht vom Regen verdorben
werde. Das ſchwarze Kaͤppchen hingegen, an welchem ſie han-
gen, ſitzt frey, damit ein Inſekt daſſelbe leicht mit einem Fuß be-
ruͤhren koͤnne. Es iſt ſehr hart, und hat vermuthlich die Geſtalt
und Elaſticitaͤt eines Fangeiſens (das einfache Mikroſkopium gab
mir hieruͤber nicht die gehoͤrige Auskunft), damit, ſobald ein Flie-
genfuß zwiſchen die beiden Theile deſſelben geraͤth, ſie zuſammen-
fahren, und denſelben feſthalten. Ich ſchließe dies aus demjeni-
gen, was Koͤlreuter bemerkt hat. Die Kaͤppchen, ſagt er,
haben eine gewiſſe Aehnlichkeit mit einem zweyfaͤcherichten verhaͤr-
teten, oder vertrockneten Staubkoͤlbchen. Wenn nun dieſe Kaͤpp-
chen an die Falten, an deren Ende ſie ſitzen, angewachſen waͤren,
wie Koͤlreuter ſagt: ſo wuͤrde dieſes ſehr zweckwidrig ſeyn,
weil es dadurch den Inſekten ſchwer, wenn nicht gar unmoͤglich
gemacht ſeyn wuͤrde, dieſelben abzuloͤſen. Er hat ſich aber hierin
geirrt. Denn wenn man die Spitze einer Nadel in eine Falte
ſteckt, und die Nadel abwaͤrts zieht, ſo daß die Spitze in der
Falte bleibt: ſo loͤſet man das Kaͤppchen mit einer ſolchen Leich-
tigkeit ab, daß man wohl merken kann, daß daſſelbe keinesweges
angewachſen iſt. Warum das Kaͤppchen an dem Ende einer ſol-
chen Falte ſitzt, iſt nicht ſchwer einzuſehen. Denn da die Kaͤpp-
chen uͤberaus klein ſind, ſo wuͤrde es ſelten geſchehen, daß eine
Fliege mit einem Fuß eines derſelben beruͤhrte; da aber die Fal-
ten ziemlich lang ſind, ſo geraͤth der Fliegenfuß leichter in eine
Falte, als an ein Kaͤppchen. Und daß derſelbe noch leichter in
eine Falte gerathe, dazu dient folgende Anſtalt, Fig. 5. Erſtens
iſt der kurze und dicke Stiel e f, auf welchem die Saftmaſchinen
befeſtigt ſind, ſehr glatt. Er hat fuͤnf Seiten, welche mit den
Saftmaſchinen abwechſeln, und ein wenig ausgehoͤhlt ſind. Der
oberſte Rand der Saftmaſchinen b l und b m macht mit dem
Stiele einen ſpitzen Winkel, doch ſo, daß der Scheitel des Win-
kels nicht ſpitz, ſondern bogenfoͤrmig gekruͤmmt iſt, folglich der
Rand ſich in den Stiel nach und nach verlieret. Dabey iſt dieſer
Rand eben ſo glatt, als der Stiel, ſo wie er denn auch eben ſo
gefaͤrbt iſt, nemlich blaßviolett. Dieſer glatte Theil der Blume,
welchen jener Stiel und jene Raͤnder ausmachen, iſt in Fig. 11.
von oben geſehen abgebildet. Eine von den fuͤnf Seiten deſſelben
iſt Fig. 5. b l i k m b. Nun muß eine Fliege oder eine Wespe,

K
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[[85]/0085] Aſclepias. Aſclepias. und mit Donner und Blitz, wieder nach Weſten zuruͤckgejagt, ſo daß nun am ganzen Himmel kein Woͤlkchen zu ſehen war. Ob nun gleich die Sonne ziemlich heiß ſchien, ſo wurde doch die Hitze durch den friſchen Oſtwind gemaͤßigt. Die Pflanzen, durch den Regen der vorhergehenden Tage erquickt, bluͤheten herrlich, und die Inſekten, durch eben dieſen Regen verhindert, die Blumen zu beſuchen, fielen nun mit deſto groͤſſerer Begierde uͤber dieſelben her. Unterweaes machte ich eine Beobachtung, die mir um ſo viel angenehmer war, da ich ſchon lange, wiewohl vergebens, dieſelbe zu machen gewuͤnſcht hatte. Ich hatte nemlich eingeſehen, daß Antirrhinum Linaria von einem etwas großen Inſekt, wel- ches jedoch kleiner waͤre, als die groͤßten Hummeln, befruchtet werden muͤſſe. Ich hoͤrte jetzt das Summen einer Hummel, ging demſelben nach, und fand dieſelbe auf den Blumen der Li- naria in voller Arbeit. Da ſie nicht groͤſſer war, als eine Biene, ſo hatte ſie, um zum Saft zu gelangen, nicht noͤthig, ein Loch in das Horn, welches denſelben enthaͤlt, zu beißen, wie die groͤßten Hummeln thun, ſondern ſie kroch durch den von der Na- tur gemachten Eingang hinein, woraus erhellet, daß ſie die Blume befruchtet. In der Mittagsſtunde kam ich in dem Garten an, und fand auf den daſelbſt befindlichen Stauden der Aſclepias fruticoſa eine Menge Fliegen und Wespen. Ich bemerkte ſo- gleich, daß eine Fliege an einem Vorderfuß ein Koͤlbchen ſitzen hatte. Sie mußte daſſelbe erſt kurz vorher herausgezogen haben, denn ſie bemuͤhete ſich, daſſelbe wieder los zu werden, indem ſie beide Vorderbeine umeinander ſchlang, wie die Fliegen zu thun pflegen, wenn ſie mit denſelben Staub von den Antheren abge- ſtreift haben, und denſelben wieder los werden wollen. Indeſſen war ihre Bemuͤhung vergebens, das Koͤlbchen blieb hangen, und ward von ihr allenthalben mitgeſchleppt. Auf den Blumen einer andern Staude fand ich eine kleine Wespe, welche auch an einem Fuß ein Koͤlbchen hangen hatte, und mit demſelben ihrer Nah- rung nachging. Auf ſolche Art hatte ich zu meinem groͤßten Ver- gnuͤgen die Abſicht meiner Reiſe voͤllig erreicht, indem die Erfah- rung meine Vorſtellung von der Art und Weiſe, wie die Inſekten dieſe Blume befruchten, beſtaͤtigt hatte. Es hat alſo mit der Einrichtung der Aſclepias fruticoſa und mit ihrer Befruchtung folgende Bewandniß. Weil dieſe Blume von Fliegen und Wespen, welche nicht, wie die Bienen, Staub ſammlen, befruchtet werden ſoll: ſo iſt ſie eine Saftblume. Damit ſie von dieſen Inſekten leicht bemerkt werden koͤnne, ſo hat ſie eine Krone. Zu gleichem Endzweck ha- ben einige Arten einen Geruch, welcher bey der Aſclepias Sy- riaca ſehr angenehm, bey der Stapelia hirſuta aber ſehr unange- nehm iſt; bey dieſer Art habe ich keinen Geruch wahrgenommen. Die Saftmaſchinen haben eine andere Farbe, als die Krone, wel- cher Unterſchied bey andern Arten ſtaͤrker in die Augen faͤllt, als bey dieſer, damit die Inſekten, nachdem ſie ſich auf die Blume geſetzt haben, durch dieſe beſondere Farbe angewieſen werden, in den Saftmaſchinen den Saft zu ſuchen. Die maͤnnlichen Koͤlb- chen ſtecken, ſo lange ſie nicht zur Befruchtung angewandt wer- den, in beſonderen Beutelchen oder Faͤchern, damit das befruch- tende Oel, welches ſie abſondern, nicht vom Regen verdorben werde. Das ſchwarze Kaͤppchen hingegen, an welchem ſie han- gen, ſitzt frey, damit ein Inſekt daſſelbe leicht mit einem Fuß be- ruͤhren koͤnne. Es iſt ſehr hart, und hat vermuthlich die Geſtalt und Elaſticitaͤt eines Fangeiſens (das einfache Mikroſkopium gab mir hieruͤber nicht die gehoͤrige Auskunft), damit, ſobald ein Flie- genfuß zwiſchen die beiden Theile deſſelben geraͤth, ſie zuſammen- fahren, und denſelben feſthalten. Ich ſchließe dies aus demjeni- gen, was Koͤlreuter bemerkt hat. Die Kaͤppchen, ſagt er, haben eine gewiſſe Aehnlichkeit mit einem zweyfaͤcherichten verhaͤr- teten, oder vertrockneten Staubkoͤlbchen. Wenn nun dieſe Kaͤpp- chen an die Falten, an deren Ende ſie ſitzen, angewachſen waͤren, wie Koͤlreuter ſagt: ſo wuͤrde dieſes ſehr zweckwidrig ſeyn, weil es dadurch den Inſekten ſchwer, wenn nicht gar unmoͤglich gemacht ſeyn wuͤrde, dieſelben abzuloͤſen. Er hat ſich aber hierin geirrt. Denn wenn man die Spitze einer Nadel in eine Falte ſteckt, und die Nadel abwaͤrts zieht, ſo daß die Spitze in der Falte bleibt: ſo loͤſet man das Kaͤppchen mit einer ſolchen Leich- tigkeit ab, daß man wohl merken kann, daß daſſelbe keinesweges angewachſen iſt. Warum das Kaͤppchen an dem Ende einer ſol- chen Falte ſitzt, iſt nicht ſchwer einzuſehen. Denn da die Kaͤpp- chen uͤberaus klein ſind, ſo wuͤrde es ſelten geſchehen, daß eine Fliege mit einem Fuß eines derſelben beruͤhrte; da aber die Fal- ten ziemlich lang ſind, ſo geraͤth der Fliegenfuß leichter in eine Falte, als an ein Kaͤppchen. Und daß derſelbe noch leichter in eine Falte gerathe, dazu dient folgende Anſtalt, Fig. 5. Erſtens iſt der kurze und dicke Stiel e f, auf welchem die Saftmaſchinen befeſtigt ſind, ſehr glatt. Er hat fuͤnf Seiten, welche mit den Saftmaſchinen abwechſeln, und ein wenig ausgehoͤhlt ſind. Der oberſte Rand der Saftmaſchinen b l und b m macht mit dem Stiele einen ſpitzen Winkel, doch ſo, daß der Scheitel des Win- kels nicht ſpitz, ſondern bogenfoͤrmig gekruͤmmt iſt, folglich der Rand ſich in den Stiel nach und nach verlieret. Dabey iſt dieſer Rand eben ſo glatt, als der Stiel, ſo wie er denn auch eben ſo gefaͤrbt iſt, nemlich blaßviolett. Dieſer glatte Theil der Blume, welchen jener Stiel und jene Raͤnder ausmachen, iſt in Fig. 11. von oben geſehen abgebildet. Eine von den fuͤnf Seiten deſſelben iſt Fig. 5. b l i k m b. Nun muß eine Fliege oder eine Wespe, K

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Zitationshilfe: Sprengel, Christian Konrad: Das entdeckte Geheimniss der Natur im Bau und in der Befruchtung der Blumen. Berlin, 1793, S. [85]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sprengel_blumen_1793/85>, abgerufen am 24.11.2024.