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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.

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sich auf mich." Sebastian ging gleich an die Arbeit und
kicherte beständig vor sich hin, denn er dachte: "Das wird
noch was absetzen!" und der Sebastian sah es nicht ungern,
wenn Fräulein Rottenmeier ein wenig in Aufregung ge¬
rieth.

Nach längerer Zeit erst, als der Augenblick des Schlafen¬
gehens nahte, machte Fräulein Rottenmeier ein ganz klein
wenig die Thüre auf und rief durch das Spältchen heraus:
"Sind die abscheulichen Thiere fortgeschafft?"

"Ja wohl! Ja wohl!" gab Sebastian zurück, der sich
im Zimmer zu schaffen gemacht hatte in Erwartung dieser
Frage. Schnell und leise faßte er die beiden Kätzchen auf
Klara's Schooß und verschwand damit.

Die besondere Strafrede, die Fräulein Rottenmeier Heidi
noch zu halten gedachte, verschob sie auf den folgenden Tag,
denn heute fühlte sie sich zu erschöpft nach all' den vorher¬
gegangenen Gemüthsbewegungen von Aerger, Zorn und
Schrecken, die ihr Heidi ganz unwissentlich nacheinander
verursacht hatte. Sie zog sich schweigend zurück, und Klara
und Heidi folgten vergnügt nach, denn sie wußten ihre
Kätzchen in einem guten Bett.


ſich auf mich.“ Sebaſtian ging gleich an die Arbeit und
kicherte beſtändig vor ſich hin, denn er dachte: „Das wird
noch was abſetzen!“ und der Sebaſtian ſah es nicht ungern,
wenn Fräulein Rottenmeier ein wenig in Aufregung ge¬
rieth.

Nach längerer Zeit erſt, als der Augenblick des Schlafen¬
gehens nahte, machte Fräulein Rottenmeier ein ganz klein
wenig die Thüre auf und rief durch das Spältchen heraus:
„Sind die abſcheulichen Thiere fortgeſchafft?“

„Ja wohl! Ja wohl!“ gab Sebaſtian zurück, der ſich
im Zimmer zu ſchaffen gemacht hatte in Erwartung dieſer
Frage. Schnell und leiſe faßte er die beiden Kätzchen auf
Klara's Schooß und verſchwand damit.

Die beſondere Strafrede, die Fräulein Rottenmeier Heidi
noch zu halten gedachte, verſchob ſie auf den folgenden Tag,
denn heute fühlte ſie ſich zu erſchöpft nach all' den vorher¬
gegangenen Gemüthsbewegungen von Aerger, Zorn und
Schrecken, die ihr Heidi ganz unwiſſentlich nacheinander
verurſacht hatte. Sie zog ſich ſchweigend zurück, und Klara
und Heidi folgten vergnügt nach, denn ſie wußten ihre
Kätzchen in einem guten Bett.


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[123/0133] ſich auf mich.“ Sebaſtian ging gleich an die Arbeit und kicherte beſtändig vor ſich hin, denn er dachte: „Das wird noch was abſetzen!“ und der Sebaſtian ſah es nicht ungern, wenn Fräulein Rottenmeier ein wenig in Aufregung ge¬ rieth. Nach längerer Zeit erſt, als der Augenblick des Schlafen¬ gehens nahte, machte Fräulein Rottenmeier ein ganz klein wenig die Thüre auf und rief durch das Spältchen heraus: „Sind die abſcheulichen Thiere fortgeſchafft?“ „Ja wohl! Ja wohl!“ gab Sebaſtian zurück, der ſich im Zimmer zu ſchaffen gemacht hatte in Erwartung dieſer Frage. Schnell und leiſe faßte er die beiden Kätzchen auf Klara's Schooß und verſchwand damit. Die beſondere Strafrede, die Fräulein Rottenmeier Heidi noch zu halten gedachte, verſchob ſie auf den folgenden Tag, denn heute fühlte ſie ſich zu erſchöpft nach all' den vorher¬ gegangenen Gemüthsbewegungen von Aerger, Zorn und Schrecken, die ihr Heidi ganz unwiſſentlich nacheinander verurſacht hatte. Sie zog ſich ſchweigend zurück, und Klara und Heidi folgten vergnügt nach, denn ſie wußten ihre Kätzchen in einem guten Bett.

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Zitationshilfe: Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/133>, abgerufen am 25.11.2024.