gegeben, wofür ich bat, es ist gar nicht so gut, wie ich ge¬ meint habe.' Und während nun der liebe Gott auf dich niedersah, ob du ihm auch recht vertrauest und täglich zu ihm kommest und betest und immer zu ihm aufsehest, wenn dir Etwas fehlt, da bist du weggelaufen ohne alles Ver¬ trauen, hast nie mehr gebetet und hast den lieben Gott ganz vergessen. Aber siehst du, wenn Einer es so macht und der liebe Gott hört seine Stimme gar nie mehr unter den Betenden, so vergißt er ihn auch und läßt ihn gehn, wohin er will. Wenn es ihm aber dabei schlecht geht und er jammert: ,Mir hilft aber auch gar Niemand!' dann hat Keiner Mitleiden mit ihm, sondern Jeder sagt zu ihm: ,Du bist ja selbst vom lieben Gott weggelaufen, der dir helfen konnte!' Willst du's so haben, Heidi, oder willst du gleich wieder zum lieben Gott gehn und ihn um Verzeihung bitten, daß du so von ihm weggelaufen bist, und dann alle Tage zu ihm beten und ihm vertrauen, daß er Alles gut für dich machen werde, so daß du auch wieder ein frohes Herz be¬ kommen kannst?"
Heidi hatte sehr aufmerksam zugehört; jedes Wort der Großmama fiel in sein Herz, denn zu ihr hatte das Kind ein unbedingtes Vertrauen.
"Ich will jetzt gleich auf der Stelle gehen und den lieben Gott um Verzeihung bitten, und ich will ihn nie mehr ver¬ gessen", sagte Heidi reumüthig.
"So ist's recht, Kind, er wird dir auch helfen zur
gegeben, wofür ich bat, es iſt gar nicht ſo gut, wie ich ge¬ meint habe.‘ Und während nun der liebe Gott auf dich niederſah, ob du ihm auch recht vertraueſt und täglich zu ihm kommeſt und beteſt und immer zu ihm aufſeheſt, wenn dir Etwas fehlt, da biſt du weggelaufen ohne alles Ver¬ trauen, haſt nie mehr gebetet und haſt den lieben Gott ganz vergeſſen. Aber ſiehſt du, wenn Einer es ſo macht und der liebe Gott hört ſeine Stimme gar nie mehr unter den Betenden, ſo vergißt er ihn auch und läßt ihn gehn, wohin er will. Wenn es ihm aber dabei ſchlecht geht und er jammert: ‚Mir hilft aber auch gar Niemand!‘ dann hat Keiner Mitleiden mit ihm, ſondern Jeder ſagt zu ihm: ‚Du biſt ja ſelbſt vom lieben Gott weggelaufen, der dir helfen konnte!‘ Willſt du's ſo haben, Heidi, oder willſt du gleich wieder zum lieben Gott gehn und ihn um Verzeihung bitten, daß du ſo von ihm weggelaufen biſt, und dann alle Tage zu ihm beten und ihm vertrauen, daß er Alles gut für dich machen werde, ſo daß du auch wieder ein frohes Herz be¬ kommen kannſt?“
Heidi hatte ſehr aufmerkſam zugehört; jedes Wort der Großmama fiel in ſein Herz, denn zu ihr hatte das Kind ein unbedingtes Vertrauen.
„Ich will jetzt gleich auf der Stelle gehen und den lieben Gott um Verzeihung bitten, und ich will ihn nie mehr ver¬ geſſen“, ſagte Heidi reumüthig.
„So iſt's recht, Kind, er wird dir auch helfen zur
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gegeben, wofür ich bat, es iſt gar nicht ſo gut, wie ich ge¬
meint habe.‘ Und während nun der liebe Gott auf dich
niederſah, ob du ihm auch recht vertraueſt und täglich zu
ihm kommeſt und beteſt und immer zu ihm aufſeheſt, wenn
dir Etwas fehlt, da biſt du weggelaufen ohne alles Ver¬
trauen, haſt nie mehr gebetet und haſt den lieben Gott ganz
vergeſſen. Aber ſiehſt du, wenn Einer es ſo macht und der
liebe Gott hört ſeine Stimme gar nie mehr unter den
Betenden, ſo vergißt er ihn auch und läßt ihn gehn, wohin
er will. Wenn es ihm aber dabei ſchlecht geht und er
jammert: ‚Mir hilft aber auch gar Niemand!‘ dann hat
Keiner Mitleiden mit ihm, ſondern Jeder ſagt zu ihm: ‚Du
biſt ja ſelbſt vom lieben Gott weggelaufen, der dir helfen
konnte!‘ Willſt du's ſo haben, Heidi, oder willſt du gleich
wieder zum lieben Gott gehn und ihn um Verzeihung bitten,
daß du ſo von ihm weggelaufen biſt, und dann alle Tage
zu ihm beten und ihm vertrauen, daß er Alles gut für dich
machen werde, ſo daß du auch wieder ein frohes Herz be¬
kommen kannſt?“
Heidi hatte ſehr aufmerkſam zugehört; jedes Wort der
Großmama fiel in ſein Herz, denn zu ihr hatte das Kind
ein unbedingtes Vertrauen.
„Ich will jetzt gleich auf der Stelle gehen und den lieben
Gott um Verzeihung bitten, und ich will ihn nie mehr ver¬
geſſen“, ſagte Heidi reumüthig.
„So iſt's recht, Kind, er wird dir auch helfen zur
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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/179>, abgerufen am 26.06.2024.
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