und wie Heidi das Alles zu Ende geschildert hatte, kehrte es wieder zum Ersten zurück und sagte ganz zuversichtlich: "Gelt, Großvater, wenn die Großmutter schon nicht will, so gibst du mir doch alles Geld in der Rolle, daß ich dem Peter jeden Tag ein Stück geben kann zu einem Brödchen und am Sonntag zwei?"
"Aber das Bett, Heidi", sagte der Großvater, "ein rechtes Bett für dich wäre gut, und nachher bleibt schon noch für manches Brödchen."
Aber Heidi ließ dem Großvater keine Ruhe und bewies ihm, daß es auf seinem Heubett viel besser schlafe, als es je¬ mals in seinem Kissenbett in Frankfurt geschlafen habe, und bat so eindringlich und unablässig, daß der Großvater zu¬ letzt sagte: "Das Geld ist dein, mach' was dich freut, du kannst der Großmutter manches Jahr lang Brod holen dafür."
Heidi jauchzte auf: "O juhe! Nun muß die Gro߬ mutter gar nie mehr hartes, schwarzes Brod essen, und o Großvater! nun ist doch Alles so schön, wie noch gar nie seit wir leben!" und Heidi hüpfte hoch auf an der Hand des Großvaters und jauchzte in die Luft hinauf, wie die fröhlichen Vögel des Himmels. Aber auf einmal wurde es ganz ernsthaft und sagte: "O wenn nun der liebe Gott gleich auf der Stelle gethan hätte, was ich so stark erbetete, dann wäre doch Alles nicht so geworden, ich wäre nur gleich wieder heimgekommen und hätte der Großmutter nur wenige
und wie Heidi das Alles zu Ende geſchildert hatte, kehrte es wieder zum Erſten zurück und ſagte ganz zuverſichtlich: „Gelt, Großvater, wenn die Großmutter ſchon nicht will, ſo gibſt du mir doch alles Geld in der Rolle, daß ich dem Peter jeden Tag ein Stück geben kann zu einem Brödchen und am Sonntag zwei?“
„Aber das Bett, Heidi“, ſagte der Großvater, „ein rechtes Bett für dich wäre gut, und nachher bleibt ſchon noch für manches Brödchen.“
Aber Heidi ließ dem Großvater keine Ruhe und bewies ihm, daß es auf ſeinem Heubett viel beſſer ſchlafe, als es je¬ mals in ſeinem Kiſſenbett in Frankfurt geſchlafen habe, und bat ſo eindringlich und unabläſſig, daß der Großvater zu¬ letzt ſagte: „Das Geld iſt dein, mach' was dich freut, du kannſt der Großmutter manches Jahr lang Brod holen dafür.“
Heidi jauchzte auf: „O juhe! Nun muß die Gro߬ mutter gar nie mehr hartes, ſchwarzes Brod eſſen, und o Großvater! nun iſt doch Alles ſo ſchön, wie noch gar nie ſeit wir leben!“ und Heidi hüpfte hoch auf an der Hand des Großvaters und jauchzte in die Luft hinauf, wie die fröhlichen Vögel des Himmels. Aber auf einmal wurde es ganz ernſthaft und ſagte: „O wenn nun der liebe Gott gleich auf der Stelle gethan hätte, was ich ſo ſtark erbetete, dann wäre doch Alles nicht ſo geworden, ich wäre nur gleich wieder heimgekommen und hätte der Großmutter nur wenige
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und wie Heidi das Alles zu Ende geſchildert hatte, kehrte
es wieder zum Erſten zurück und ſagte ganz zuverſichtlich:
„Gelt, Großvater, wenn die Großmutter ſchon nicht will,
ſo gibſt du mir doch alles Geld in der Rolle, daß ich dem
Peter jeden Tag ein Stück geben kann zu einem Brödchen
und am Sonntag zwei?“
„Aber das Bett, Heidi“, ſagte der Großvater, „ein
rechtes Bett für dich wäre gut, und nachher bleibt ſchon
noch für manches Brödchen.“
Aber Heidi ließ dem Großvater keine Ruhe und bewies
ihm, daß es auf ſeinem Heubett viel beſſer ſchlafe, als es je¬
mals in ſeinem Kiſſenbett in Frankfurt geſchlafen habe, und
bat ſo eindringlich und unabläſſig, daß der Großvater zu¬
letzt ſagte: „Das Geld iſt dein, mach' was dich freut, du
kannſt der Großmutter manches Jahr lang Brod holen
dafür.“
Heidi jauchzte auf: „O juhe! Nun muß die Gro߬
mutter gar nie mehr hartes, ſchwarzes Brod eſſen, und o
Großvater! nun iſt doch Alles ſo ſchön, wie noch gar nie
ſeit wir leben!“ und Heidi hüpfte hoch auf an der Hand
des Großvaters und jauchzte in die Luft hinauf, wie die
fröhlichen Vögel des Himmels. Aber auf einmal wurde
es ganz ernſthaft und ſagte: „O wenn nun der liebe Gott
gleich auf der Stelle gethan hätte, was ich ſo ſtark erbetete,
dann wäre doch Alles nicht ſo geworden, ich wäre nur gleich
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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/236>, abgerufen am 17.02.2025.
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