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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.

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"Ich will sehen, was du drinnen hast, in der Hütte",
sagte Heidi.

"So komm'!" und der Großvater stand auf und ging
voran in die Hütte hinein.

"Nimm dort dein Bündel Kleider noch mit", befahl
er im Hereintreten.

"Das brauch' ich nicht mehr", erklärte Heidi.

Der Alte kehrte sich um und schaute durchdringend auf
das Kind, dessen schwarze Augen glühten in Erwartung der
Dinge, die da drinnen sein konnten. "Es kann ihm nicht
am Verstand fehlen", sagte er halblaut. "Warum brauchst
du's nicht mehr?" setzte er laut hinzu.

"Ich will am liebsten gehen wie die Gaißen, die haben
ganz leichte Beinchen."

"So, das kannst du, aber hol' das Zeug", befahl der
Großvater, "es kommt in den Kasten." Heidi gehorchte.
Jetzt machte der Alte die Thür auf und Heidi trat hinter
ihm her in einen ziemlich großen Raum ein, es war der
Umfang der ganzen Hütte. Da stand ein Tisch und ein
Stuhl daran; in einer Ecke war des Großvaters Schlaf¬
lager, in einer andern hing der große Kessel über dem
Heerd; auf der andern Seite war eine große Thür in der
Wand, die machte der Großvater auf, es war der Schrank.
Da hingen seine Kleider drin und auf einem Gestell lagen
ein paar Hemden, Strümpfe und Tücher und auf einem
andern einige Teller und Tassen und Gläser und auf dem

„Ich will ſehen, was du drinnen haſt, in der Hütte“,
ſagte Heidi.

„So komm'!“ und der Großvater ſtand auf und ging
voran in die Hütte hinein.

„Nimm dort dein Bündel Kleider noch mit“, befahl
er im Hereintreten.

„Das brauch' ich nicht mehr“, erklärte Heidi.

Der Alte kehrte ſich um und ſchaute durchdringend auf
das Kind, deſſen ſchwarze Augen glühten in Erwartung der
Dinge, die da drinnen ſein konnten. „Es kann ihm nicht
am Verſtand fehlen“, ſagte er halblaut. „Warum brauchſt
du's nicht mehr?“ ſetzte er laut hinzu.

„Ich will am liebſten gehen wie die Gaißen, die haben
ganz leichte Beinchen.“

„So, das kannſt du, aber hol' das Zeug“, befahl der
Großvater, „es kommt in den Kaſten.“ Heidi gehorchte.
Jetzt machte der Alte die Thür auf und Heidi trat hinter
ihm her in einen ziemlich großen Raum ein, es war der
Umfang der ganzen Hütte. Da ſtand ein Tiſch und ein
Stuhl daran; in einer Ecke war des Großvaters Schlaf¬
lager, in einer andern hing der große Keſſel über dem
Heerd; auf der andern Seite war eine große Thür in der
Wand, die machte der Großvater auf, es war der Schrank.
Da hingen ſeine Kleider drin und auf einem Geſtell lagen
ein paar Hemden, Strümpfe und Tücher und auf einem
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[21/0031] „Ich will ſehen, was du drinnen haſt, in der Hütte“, ſagte Heidi. „So komm'!“ und der Großvater ſtand auf und ging voran in die Hütte hinein. „Nimm dort dein Bündel Kleider noch mit“, befahl er im Hereintreten. „Das brauch' ich nicht mehr“, erklärte Heidi. Der Alte kehrte ſich um und ſchaute durchdringend auf das Kind, deſſen ſchwarze Augen glühten in Erwartung der Dinge, die da drinnen ſein konnten. „Es kann ihm nicht am Verſtand fehlen“, ſagte er halblaut. „Warum brauchſt du's nicht mehr?“ ſetzte er laut hinzu. „Ich will am liebſten gehen wie die Gaißen, die haben ganz leichte Beinchen.“ „So, das kannſt du, aber hol' das Zeug“, befahl der Großvater, „es kommt in den Kaſten.“ Heidi gehorchte. Jetzt machte der Alte die Thür auf und Heidi trat hinter ihm her in einen ziemlich großen Raum ein, es war der Umfang der ganzen Hütte. Da ſtand ein Tiſch und ein Stuhl daran; in einer Ecke war des Großvaters Schlaf¬ lager, in einer andern hing der große Keſſel über dem Heerd; auf der andern Seite war eine große Thür in der Wand, die machte der Großvater auf, es war der Schrank. Da hingen ſeine Kleider drin und auf einem Geſtell lagen ein paar Hemden, Strümpfe und Tücher und auf einem andern einige Teller und Taſſen und Gläſer und auf dem

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Zitationshilfe: Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/31>, abgerufen am 23.11.2024.