Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_241.001 Insbesondere erfährt die "Zwangsvorstellung des pst_241.011 Aber hier ist eine Warnung am Platz. Nichts wäre pst_241.027 pst_241.001 Insbesondere erfährt die «Zwangsvorstellung des pst_241.011 Aber hier ist eine Warnung am Platz. Nichts wäre pst_241.027 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0245" n="241"/><lb n="pst_241.001"/> heute schon deutlich, daß uns die geistige Überlieferung <lb n="pst_241.002"/> im Licht von Heideggers Frage auf neue Weise zu eigen <lb n="pst_241.003"/> werden kann. Ausgerichtet auf die Zeit, hellt das <lb n="pst_241.004"/> scheinbar Auseinanderstrebende sich einheitlich auf. <lb n="pst_241.005"/> Die Geistesgeschichte ist nicht mehr, wie für Schopenhauer, <lb n="pst_241.006"/> ein Narrenhaus, wo keiner den andern hören <lb n="pst_241.007"/> will und keiner das Wort des andern versteht. Sondern <lb n="pst_241.008"/> es stellt sich heraus, daß die Größten im Grunde alle <lb n="pst_241.009"/> dasselbe sagen.</p> <lb n="pst_241.010"/> <p> Insbesondere erfährt die «Zwangsvorstellung des <lb n="pst_241.011"/> deutschen Idealismus», die Dreizahl und der Dreitakt, <lb n="pst_241.012"/> aus der Zeit ihre Legitimation. Wir haben die Dimensionen <lb n="pst_241.013"/> oder, wie wir mit Heidegger sagen müßten, die <lb n="pst_241.014"/> drei «Extasen» der Zeit in den poetischen Gattungen <lb n="pst_241.015"/> dargestellt. Da kann uns nicht entgehen, daß sich die <lb n="pst_241.016"/> Dreizahl in der Ästhetik auch in andern Zusammenhängen <lb n="pst_241.017"/> aufdrängt. Wir unterscheiden drei Arten des <lb n="pst_241.018"/> Lächerlichen, Witz, Komik und Humor. Die Vermutung <lb n="pst_241.019"/> liegt nahe, daß Humor das Lyrisch-Lächerliche, <lb n="pst_241.020"/> Komik das Episch-, Witz das Dramatisch-Lächerliche <lb n="pst_241.021"/> sei. Ähnlich könnte die Dreizahl Musik, bildende Kunst, <lb n="pst_241.022"/> Poesie verständlich werden. Hegels und Vischers Ästhetik <lb n="pst_241.023"/> ziehen schon ähnliche Parallelen, ohne den wahren <lb n="pst_241.024"/> Grund ihrer Möglichkeit, das Walten der reinen Zeit, <lb n="pst_241.025"/> zu erfassen.</p> <lb n="pst_241.026"/> <p> Aber hier ist eine Warnung am Platz. Nichts wäre <lb n="pst_241.027"/> verderblicher als ein vages Spiel mit temporalen Begriffen. <lb n="pst_241.028"/> Gar nichts leistet, wer Resultate einer bestimmten <lb n="pst_241.029"/> Untersuchung anderorts leichthin wieder probiert. <lb n="pst_241.030"/> Einzig die gründlichste Kenntnis der Sache gibt wissenschaftlicher <lb n="pst_241.031"/> Darstellung Wert. Als heuristisches Prinzip </p> </div> </body> </text> </TEI> [241/0245]
pst_241.001
heute schon deutlich, daß uns die geistige Überlieferung pst_241.002
im Licht von Heideggers Frage auf neue Weise zu eigen pst_241.003
werden kann. Ausgerichtet auf die Zeit, hellt das pst_241.004
scheinbar Auseinanderstrebende sich einheitlich auf. pst_241.005
Die Geistesgeschichte ist nicht mehr, wie für Schopenhauer, pst_241.006
ein Narrenhaus, wo keiner den andern hören pst_241.007
will und keiner das Wort des andern versteht. Sondern pst_241.008
es stellt sich heraus, daß die Größten im Grunde alle pst_241.009
dasselbe sagen.
pst_241.010
Insbesondere erfährt die «Zwangsvorstellung des pst_241.011
deutschen Idealismus», die Dreizahl und der Dreitakt, pst_241.012
aus der Zeit ihre Legitimation. Wir haben die Dimensionen pst_241.013
oder, wie wir mit Heidegger sagen müßten, die pst_241.014
drei «Extasen» der Zeit in den poetischen Gattungen pst_241.015
dargestellt. Da kann uns nicht entgehen, daß sich die pst_241.016
Dreizahl in der Ästhetik auch in andern Zusammenhängen pst_241.017
aufdrängt. Wir unterscheiden drei Arten des pst_241.018
Lächerlichen, Witz, Komik und Humor. Die Vermutung pst_241.019
liegt nahe, daß Humor das Lyrisch-Lächerliche, pst_241.020
Komik das Episch-, Witz das Dramatisch-Lächerliche pst_241.021
sei. Ähnlich könnte die Dreizahl Musik, bildende Kunst, pst_241.022
Poesie verständlich werden. Hegels und Vischers Ästhetik pst_241.023
ziehen schon ähnliche Parallelen, ohne den wahren pst_241.024
Grund ihrer Möglichkeit, das Walten der reinen Zeit, pst_241.025
zu erfassen.
pst_241.026
Aber hier ist eine Warnung am Platz. Nichts wäre pst_241.027
verderblicher als ein vages Spiel mit temporalen Begriffen. pst_241.028
Gar nichts leistet, wer Resultate einer bestimmten pst_241.029
Untersuchung anderorts leichthin wieder probiert. pst_241.030
Einzig die gründlichste Kenntnis der Sache gibt wissenschaftlicher pst_241.031
Darstellung Wert. Als heuristisches Prinzip
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |