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Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749.

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Der glaubige Christ bittet
GOtt! du lebst ja noch! Sieh, wie er mit mir
umgehet, wie er tobet, rufft und schreyt, und
mich fast für Zorn anspeyt.

2. Höre, HERR, ach hör sein Schelten! aber
ach verleih mir Gnad, daß ich niemals in der That,
noch mit Worten mög vergelten, was er wieder
mich ausübt, und mich auf das Blut betrübt.

3. Gieb, daß ich nicht wieder hasse, daß ich
schweige, wenn er schilt, und für gutes böß ver-
gilt, daß ich in Gedult mich fasse, und ertrage
als ein Christ, was dem Fleisch beschwerlich ist.

4. Hilff, daß ich ihn möge segnen, wenn er
mir aufs schlimmste flucht, und nichts als mein
Unglück sucht, und daß ich ihm mög begegnen,
mit gelaßnen stillen Muth, ob er mir gleich un-
recht thut.

5. Lasse mich auf JEsum schauen, der da gar
nicht wiederschalt, noch mit bösem böß vergalt,
und darinnen ihn nachgehen, daß ich als ein GOt-
tes Kind stets mit Sanfftmuth überwind.

6. Ach! laß deinen Geist mich stärcken, wenn
mein Feind mir setzet zu, daß ich ihm da gutes
thu, daß in meinen Wort und Wercken sich nicht
finde Bitterkeit, Zorn, Haß, Rachgier, Grimm
und Neid.

7. Laß auch meinen Feind aufhören, daß er
nicht mehr wider mich rede also freventlich, ja du
wollest ihn bekehren, daß der werd hinfort mein
Freund, welcher war mein ärgster Feind.

8. Ach du wollest ihm verzeihen, was er wider

mich

Der glaubige Chriſt bittet
GOtt! du lebſt ja noch! Sieh, wie er mit mir
umgehet, wie er tobet, rufft und ſchreyt, und
mich faſt fuͤr Zorn anſpeyt.

2. Hoͤre, HERR, ach hoͤr ſein Schelten! aber
ach verleih mir Gnad, daß ich niemals in der That,
noch mit Worten moͤg vergelten, was er wieder
mich ausuͤbt, und mich auf das Blut betruͤbt.

3. Gieb, daß ich nicht wieder haſſe, daß ich
ſchweige, wenn er ſchilt, und fuͤr gutes boͤß ver-
gilt, daß ich in Gedult mich faſſe, und ertrage
als ein Chriſt, was dem Fleiſch beſchwerlich iſt.

4. Hilff, daß ich ihn moͤge ſegnen, wenn er
mir aufs ſchlimmſte flucht, und nichts als mein
Ungluͤck ſucht, und daß ich ihm moͤg begegnen,
mit gelaßnen ſtillen Muth, ob er mir gleich un-
recht thut.

5. Laſſe mich auf JEſum ſchauen, der da gar
nicht wiederſchalt, noch mit boͤſem boͤß vergalt,
und darinnen ihn nachgehen, daß ich als ein GOt-
tes Kind ſtets mit Sanfftmuth uͤberwind.

6. Ach! laß deinen Geiſt mich ſtaͤrcken, wenn
mein Feind mir ſetzet zu, daß ich ihm da gutes
thu, daß in meinen Wort und Wercken ſich nicht
finde Bitterkeit, Zorn, Haß, Rachgier, Grimm
und Neid.

7. Laß auch meinen Feind aufhoͤren, daß er
nicht mehr wider mich rede alſo freventlich, ja du
wolleſt ihn bekehren, daß der werd hinfort mein
Freund, welcher war mein aͤrgſter Feind.

8. Ach du wolleſt ihm verzeihen, was er wider

mich
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[168/0192] Der glaubige Chriſt bittet GOtt! du lebſt ja noch! Sieh, wie er mit mir umgehet, wie er tobet, rufft und ſchreyt, und mich faſt fuͤr Zorn anſpeyt. 2. Hoͤre, HERR, ach hoͤr ſein Schelten! aber ach verleih mir Gnad, daß ich niemals in der That, noch mit Worten moͤg vergelten, was er wieder mich ausuͤbt, und mich auf das Blut betruͤbt. 3. Gieb, daß ich nicht wieder haſſe, daß ich ſchweige, wenn er ſchilt, und fuͤr gutes boͤß ver- gilt, daß ich in Gedult mich faſſe, und ertrage als ein Chriſt, was dem Fleiſch beſchwerlich iſt. 4. Hilff, daß ich ihn moͤge ſegnen, wenn er mir aufs ſchlimmſte flucht, und nichts als mein Ungluͤck ſucht, und daß ich ihm moͤg begegnen, mit gelaßnen ſtillen Muth, ob er mir gleich un- recht thut. 5. Laſſe mich auf JEſum ſchauen, der da gar nicht wiederſchalt, noch mit boͤſem boͤß vergalt, und darinnen ihn nachgehen, daß ich als ein GOt- tes Kind ſtets mit Sanfftmuth uͤberwind. 6. Ach! laß deinen Geiſt mich ſtaͤrcken, wenn mein Feind mir ſetzet zu, daß ich ihm da gutes thu, daß in meinen Wort und Wercken ſich nicht finde Bitterkeit, Zorn, Haß, Rachgier, Grimm und Neid. 7. Laß auch meinen Feind aufhoͤren, daß er nicht mehr wider mich rede alſo freventlich, ja du wolleſt ihn bekehren, daß der werd hinfort mein Freund, welcher war mein aͤrgſter Feind. 8. Ach du wolleſt ihm verzeihen, was er wider mich

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Zitationshilfe: Starck, Johann Friedrich: Tägliches Hand-Buch in guten und bösen Tagen. Frankfurt/Leipzig, 1749, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/starck_handbuch_1749/192>, abgerufen am 03.06.2024.