desselben fehlt noch trotz ihres großen Interesses. Man kann drei Grundformen unterscheiden.
Die erste historische Form entsteht daraus, daß die Post im Ganzen verliehen und verpachtet und die Poststationen verkauft werden. Von einem staatlichen Princip für die Höhe und das System des Portos ist keine Rede, der ganze Postbetrieb ist ein finanzielles Regal, jede einzelne Poststation erscheint als ein Unternehmen und der Post- meister bestimmt die Taxe.
In der zweiten Epoche tritt bereits die Verwaltung ein. Sie ent- wickelt zwei Momente. Zuerst regelt sie gesetzlich die Taxe, anfäng- lich nach ziemlich rohem Ermessen, dann nach dem System der Ent- fernungen. Zweitens aber zieht sie aus jeder Taxe eine finanzielle Einnahme und steigert daher die letztere so hoch als möglich. Dadurch entsteht ein zwar höchst einseitiges, aber doch geregeltes System sowohl des Portos der Briefe als der Meilen und Fahrtaxen für die Fahr- post. Natürlich wird die Post jetzt einträglicher für den Staat, aber die Verhaltungskosten, namentlich das Porto wachsen, während durch die Höhe des Portos bei steigender Entfernung der persönliche Verkehr wesentlich auf örtlich enge Gränzen beschränkt bleibt.
Dieß ist erträglich, so lange Handel und Verkehr der einzelnen Unternehmungen nur ausnahmsweise weitere Kreise suchen. Es wird unerträglich, so wie das Gesammtleben durch die Eisenbahnen und die Dampfschifffahrt seine gewaltigen Dimensionen auf jede einzelne Person zur Geltung bringt. Die bloße systematische Ordnung und Genauigkeit in der Beförderung, wie sie die Gesetze der dreißiger Jahre erzeugen, reichen nicht aus. So entsteht ein ganz neues Princip, dessen Grund- lagen die beiden Sätze sind, daß bei einem festen Minimalgewicht die Gestehungskosten des Postbetriebes nicht in dem Transport, sondern in der Aufnahme und Abgabe der Briefe bestehen, und daß das Baarzahlen bei der Frankirung theurer zu stehen komme als das Porto selbst. Diese beiden Sätze in Verbindung mit dem obersten Princip, daß das Porto nicht mehr principiell eine Einkommensquelle für die Finanzen bilden solle, bilden zusammengenommen das gegenwärtige Portosystem Europa's, dessen Gründer Rowland Hill ist (1839--41) und dessen Grundlagen das gleiche, niedrige und in Marken zu zahlende Porto sind. Seine weitere Entwicklung empfängt dann dasselbe theils durch Systemisirung nach den Versendungen (Briefe, Muster, Zeitungen u. s. w.), theils durch das System der Rayons, die wieder in neuester Zeit verschwinden und an deren Stelle die Einheit der Länder tritt, während die Postverträge das System bereits durch gegenseitige Zugeständnisse über die ganze Welt ausgedehnt haben.
deſſelben fehlt noch trotz ihres großen Intereſſes. Man kann drei Grundformen unterſcheiden.
Die erſte hiſtoriſche Form entſteht daraus, daß die Poſt im Ganzen verliehen und verpachtet und die Poſtſtationen verkauft werden. Von einem ſtaatlichen Princip für die Höhe und das Syſtem des Portos iſt keine Rede, der ganze Poſtbetrieb iſt ein finanzielles Regal, jede einzelne Poſtſtation erſcheint als ein Unternehmen und der Poſt- meiſter beſtimmt die Taxe.
In der zweiten Epoche tritt bereits die Verwaltung ein. Sie ent- wickelt zwei Momente. Zuerſt regelt ſie geſetzlich die Taxe, anfäng- lich nach ziemlich rohem Ermeſſen, dann nach dem Syſtem der Ent- fernungen. Zweitens aber zieht ſie aus jeder Taxe eine finanzielle Einnahme und ſteigert daher die letztere ſo hoch als möglich. Dadurch entſteht ein zwar höchſt einſeitiges, aber doch geregeltes Syſtem ſowohl des Portos der Briefe als der Meilen und Fahrtaxen für die Fahr- poſt. Natürlich wird die Poſt jetzt einträglicher für den Staat, aber die Verhaltungskoſten, namentlich das Porto wachſen, während durch die Höhe des Portos bei ſteigender Entfernung der perſönliche Verkehr weſentlich auf örtlich enge Gränzen beſchränkt bleibt.
Dieß iſt erträglich, ſo lange Handel und Verkehr der einzelnen Unternehmungen nur ausnahmsweiſe weitere Kreiſe ſuchen. Es wird unerträglich, ſo wie das Geſammtleben durch die Eiſenbahnen und die Dampfſchifffahrt ſeine gewaltigen Dimenſionen auf jede einzelne Perſon zur Geltung bringt. Die bloße ſyſtematiſche Ordnung und Genauigkeit in der Beförderung, wie ſie die Geſetze der dreißiger Jahre erzeugen, reichen nicht aus. So entſteht ein ganz neues Princip, deſſen Grund- lagen die beiden Sätze ſind, daß bei einem feſten Minimalgewicht die Geſtehungskoſten des Poſtbetriebes nicht in dem Transport, ſondern in der Aufnahme und Abgabe der Briefe beſtehen, und daß das Baarzahlen bei der Frankirung theurer zu ſtehen komme als das Porto ſelbſt. Dieſe beiden Sätze in Verbindung mit dem oberſten Princip, daß das Porto nicht mehr principiell eine Einkommensquelle für die Finanzen bilden ſolle, bilden zuſammengenommen das gegenwärtige Portoſyſtem Europa’s, deſſen Gründer Rowland Hill iſt (1839—41) und deſſen Grundlagen das gleiche, niedrige und in Marken zu zahlende Porto ſind. Seine weitere Entwicklung empfängt dann daſſelbe theils durch Syſtemiſirung nach den Verſendungen (Briefe, Muſter, Zeitungen u. ſ. w.), theils durch das Syſtem der Rayons, die wieder in neueſter Zeit verſchwinden und an deren Stelle die Einheit der Länder tritt, während die Poſtverträge das Syſtem bereits durch gegenſeitige Zugeſtändniſſe über die ganze Welt ausgedehnt haben.
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deſſelben fehlt noch trotz ihres großen Intereſſes. Man kann drei
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Die erſte hiſtoriſche Form entſteht daraus, daß die Poſt im Ganzen
verliehen und verpachtet und die Poſtſtationen verkauft werden. Von
einem ſtaatlichen Princip für die Höhe und das Syſtem des Portos
iſt keine Rede, der ganze Poſtbetrieb iſt ein finanzielles Regal, jede
einzelne Poſtſtation erſcheint als ein Unternehmen und der Poſt-
meiſter beſtimmt die Taxe.
In der zweiten Epoche tritt bereits die Verwaltung ein. Sie ent-
wickelt zwei Momente. Zuerſt regelt ſie geſetzlich die Taxe, anfäng-
lich nach ziemlich rohem Ermeſſen, dann nach dem Syſtem der Ent-
fernungen. Zweitens aber zieht ſie aus jeder Taxe eine finanzielle
Einnahme und ſteigert daher die letztere ſo hoch als möglich. Dadurch
entſteht ein zwar höchſt einſeitiges, aber doch geregeltes Syſtem ſowohl
des Portos der Briefe als der Meilen und Fahrtaxen für die Fahr-
poſt. Natürlich wird die Poſt jetzt einträglicher für den Staat, aber
die Verhaltungskoſten, namentlich das Porto wachſen, während durch
die Höhe des Portos bei ſteigender Entfernung der perſönliche Verkehr
weſentlich auf örtlich enge Gränzen beſchränkt bleibt.
Dieß iſt erträglich, ſo lange Handel und Verkehr der einzelnen
Unternehmungen nur ausnahmsweiſe weitere Kreiſe ſuchen. Es wird
unerträglich, ſo wie das Geſammtleben durch die Eiſenbahnen und die
Dampfſchifffahrt ſeine gewaltigen Dimenſionen auf jede einzelne Perſon
zur Geltung bringt. Die bloße ſyſtematiſche Ordnung und Genauigkeit
in der Beförderung, wie ſie die Geſetze der dreißiger Jahre erzeugen,
reichen nicht aus. So entſteht ein ganz neues Princip, deſſen Grund-
lagen die beiden Sätze ſind, daß bei einem feſten Minimalgewicht die
Geſtehungskoſten des Poſtbetriebes nicht in dem Transport, ſondern
in der Aufnahme und Abgabe der Briefe beſtehen, und daß das
Baarzahlen bei der Frankirung theurer zu ſtehen komme als das Porto
ſelbſt. Dieſe beiden Sätze in Verbindung mit dem oberſten Princip,
daß das Porto nicht mehr principiell eine Einkommensquelle für die
Finanzen bilden ſolle, bilden zuſammengenommen das gegenwärtige
Portoſyſtem Europa’s, deſſen Gründer Rowland Hill iſt (1839—41)
und deſſen Grundlagen das gleiche, niedrige und in Marken zu
zahlende Porto ſind. Seine weitere Entwicklung empfängt dann daſſelbe
theils durch Syſtemiſirung nach den Verſendungen (Briefe, Muſter,
Zeitungen u. ſ. w.), theils durch das Syſtem der Rayons, die wieder
in neueſter Zeit verſchwinden und an deren Stelle die Einheit der
Länder tritt, während die Poſtverträge das Syſtem bereits durch
gegenſeitige Zugeſtändniſſe über die ganze Welt ausgedehnt haben.
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/228>, abgerufen am 04.12.2024.
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