in dem größeren oder geringeren Fleiß, den die Behörden darauf nehmen. Natürlich ist die Masse von einzelnen Gesetzen und Verordnungen gerade hier am größten; namentlich in England und Frankreich, so daß viele die Eisen- bahngesetzgebung fast ganz auf diesem Gebiete suchen. -- In Frankreich ist das Meiste in dem Cahier des Charges bestimmt; daneben sehr genaue Instruktionen an das Bahnpersonal; das polizeiliche Betriebsreglement ist das Gesetz vom 13. Nov. 1846. In England sehr ausführliche Bestimmungen in den Regulations. Neuestes Gesetz: Locomotive Act 1865, 28. 29. Vict. 83 mit Oberaufsicht der Board of Trade; Bahntelegraphen (26. 27. Vict. 112). In Deutschland Verbindung von Gesetz und Instruktionen in den größeren Staaten; in den kleineren nur letztere. Preußen: Eisenbahnbetriebs-Regle- ment der unter Staatsverwaltung stehenden Bahnen (Verordnung vom 3. Sept. 1865). Oesterreich: Betriebsordnung von 1851 (Michel, Eisenbahnrecht, S. 4 ff.). Pollanctz und Wittek Sammlung 1869.
4) Verkehrsrecht.
Das Verkehrsrecht der Bahnen entsteht nun da, wo die Thätig- keit des Betriebes nunmehr mit dem Einzelnen in Berührung kommt. Diese Berührung ist dem Princip nach eine privatrechtliche und das Recht derselben ein gewöhnliches Vertragsrecht. Allein auch hier wird das an sich einfache Rechtssystem modificirt durch die öffentliche Natur der Funktionen der Bahnen, und auch hier entsteht daher aus dem Zusammenwirken beider Faktoren das, was wir als das Verkehrsrecht der Bahnen kennen.
Das Verständniß der doppelten Natur desselben bildet sich erst da aus, wo die Idee der Regalität in den Hintergrund tritt, und die Bahn Dritten gegenüber als ein reines Privatunternehmen erscheint. Die Funktion des öffentlichen Rechts ist dabei die, das freie Privat- recht der Bahnen in so weit zu beschränken, als das öffentliche In- teresse es fordert. Die drei, wissenschaftlich zwar im Einzelnen, nicht aber im Ganzen bisher bearbeiteten Gebiete dieses Rechts sind:
a) Das Tarifrecht. Der Tarif ist der Preis für die Trans- portleistung der Bahnen. An sich haben die Bahnen ein unbegränztes Tarifrecht. Die öffentliche Natur des Betriebs aber erscheint darin, daß die Concession den Bahnen erstlich überhaupt ein Maximum des Tarifs vorschreibt, und zweitens jeder Tarif der Regierung zur Ge- nehmigung vorgelegt werden muß. Pflicht der Bahnen zu möglichst großer Veröffentlichung des Tarifs. Bestandtheile des Tarifs (Asse- kuranz, Spesen etc.). Die Frage nach der Höhe des Tarifs ist aller- dings von der größten volkswirthschaftlichen Wichtigkeit, aber an sich keine Sache der Verwaltung. Innerhalb des Maximums muß die Bahn unbedingt freie Bewegung haben. Dagegen hat unzweifelhaft
in dem größeren oder geringeren Fleiß, den die Behörden darauf nehmen. Natürlich iſt die Maſſe von einzelnen Geſetzen und Verordnungen gerade hier am größten; namentlich in England und Frankreich, ſo daß viele die Eiſen- bahngeſetzgebung faſt ganz auf dieſem Gebiete ſuchen. — In Frankreich iſt das Meiſte in dem Cahier des Charges beſtimmt; daneben ſehr genaue Inſtruktionen an das Bahnperſonal; das polizeiliche Betriebsreglement iſt das Geſetz vom 13. Nov. 1846. In England ſehr ausführliche Beſtimmungen in den Regulations. Neueſtes Geſetz: Locomotive Act 1865, 28. 29. Vict. 83 mit Oberaufſicht der Board of Trade; Bahntelegraphen (26. 27. Vict. 112). In Deutſchland Verbindung von Geſetz und Inſtruktionen in den größeren Staaten; in den kleineren nur letztere. Preußen: Eiſenbahnbetriebs-Regle- ment der unter Staatsverwaltung ſtehenden Bahnen (Verordnung vom 3. Sept. 1865). Oeſterreich: Betriebsordnung von 1851 (Michel, Eiſenbahnrecht, S. 4 ff.). Pollanctz und Wittek Sammlung 1869.
4) Verkehrsrecht.
Das Verkehrsrecht der Bahnen entſteht nun da, wo die Thätig- keit des Betriebes nunmehr mit dem Einzelnen in Berührung kommt. Dieſe Berührung iſt dem Princip nach eine privatrechtliche und das Recht derſelben ein gewöhnliches Vertragsrecht. Allein auch hier wird das an ſich einfache Rechtsſyſtem modificirt durch die öffentliche Natur der Funktionen der Bahnen, und auch hier entſteht daher aus dem Zuſammenwirken beider Faktoren das, was wir als das Verkehrsrecht der Bahnen kennen.
Das Verſtändniß der doppelten Natur deſſelben bildet ſich erſt da aus, wo die Idee der Regalität in den Hintergrund tritt, und die Bahn Dritten gegenüber als ein reines Privatunternehmen erſcheint. Die Funktion des öffentlichen Rechts iſt dabei die, das freie Privat- recht der Bahnen in ſo weit zu beſchränken, als das öffentliche In- tereſſe es fordert. Die drei, wiſſenſchaftlich zwar im Einzelnen, nicht aber im Ganzen bisher bearbeiteten Gebiete dieſes Rechts ſind:
a) Das Tarifrecht. Der Tarif iſt der Preis für die Trans- portleiſtung der Bahnen. An ſich haben die Bahnen ein unbegränztes Tarifrecht. Die öffentliche Natur des Betriebs aber erſcheint darin, daß die Conceſſion den Bahnen erſtlich überhaupt ein Maximum des Tarifs vorſchreibt, und zweitens jeder Tarif der Regierung zur Ge- nehmigung vorgelegt werden muß. Pflicht der Bahnen zu möglichſt großer Veröffentlichung des Tarifs. Beſtandtheile des Tarifs (Aſſe- kuranz, Speſen ꝛc.). Die Frage nach der Höhe des Tarifs iſt aller- dings von der größten volkswirthſchaftlichen Wichtigkeit, aber an ſich keine Sache der Verwaltung. Innerhalb des Maximums muß die Bahn unbedingt freie Bewegung haben. Dagegen hat unzweifelhaft
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Natürlich iſt die Maſſe von einzelnen Geſetzen und Verordnungen gerade hier
am größten; namentlich in England und Frankreich, ſo daß viele die Eiſen-
bahngeſetzgebung faſt ganz auf dieſem Gebiete ſuchen. — In Frankreich iſt
das Meiſte in dem Cahier des Charges beſtimmt; daneben ſehr genaue
Inſtruktionen an das Bahnperſonal; das polizeiliche Betriebsreglement iſt das
Geſetz vom 13. Nov. 1846. In England ſehr ausführliche Beſtimmungen in
den Regulations. Neueſtes Geſetz: Locomotive Act 1865, 28. 29. Vict. 83
mit Oberaufſicht der Board of Trade; Bahntelegraphen (26. 27. Vict. 112).
In Deutſchland Verbindung von Geſetz und Inſtruktionen in den größeren
Staaten; in den kleineren nur letztere. Preußen: Eiſenbahnbetriebs-Regle-
ment der unter Staatsverwaltung ſtehenden Bahnen (Verordnung vom 3. Sept.
1865). Oeſterreich: Betriebsordnung von 1851 (Michel, Eiſenbahnrecht,
S. 4 ff.). Pollanctz und Wittek Sammlung 1869.
4) Verkehrsrecht.
Das Verkehrsrecht der Bahnen entſteht nun da, wo die Thätig-
keit des Betriebes nunmehr mit dem Einzelnen in Berührung kommt.
Dieſe Berührung iſt dem Princip nach eine privatrechtliche und das
Recht derſelben ein gewöhnliches Vertragsrecht. Allein auch hier wird
das an ſich einfache Rechtsſyſtem modificirt durch die öffentliche Natur
der Funktionen der Bahnen, und auch hier entſteht daher aus dem
Zuſammenwirken beider Faktoren das, was wir als das Verkehrsrecht
der Bahnen kennen.
Das Verſtändniß der doppelten Natur deſſelben bildet ſich erſt da
aus, wo die Idee der Regalität in den Hintergrund tritt, und die
Bahn Dritten gegenüber als ein reines Privatunternehmen erſcheint.
Die Funktion des öffentlichen Rechts iſt dabei die, das freie Privat-
recht der Bahnen in ſo weit zu beſchränken, als das öffentliche In-
tereſſe es fordert. Die drei, wiſſenſchaftlich zwar im Einzelnen, nicht
aber im Ganzen bisher bearbeiteten Gebiete dieſes Rechts ſind:
a) Das Tarifrecht. Der Tarif iſt der Preis für die Trans-
portleiſtung der Bahnen. An ſich haben die Bahnen ein unbegränztes
Tarifrecht. Die öffentliche Natur des Betriebs aber erſcheint darin,
daß die Conceſſion den Bahnen erſtlich überhaupt ein Maximum des
Tarifs vorſchreibt, und zweitens jeder Tarif der Regierung zur Ge-
nehmigung vorgelegt werden muß. Pflicht der Bahnen zu möglichſt
großer Veröffentlichung des Tarifs. Beſtandtheile des Tarifs (Aſſe-
kuranz, Speſen ꝛc.). Die Frage nach der Höhe des Tarifs iſt aller-
dings von der größten volkswirthſchaftlichen Wichtigkeit, aber an ſich
keine Sache der Verwaltung. Innerhalb des Maximums muß die
Bahn unbedingt freie Bewegung haben. Dagegen hat unzweifelhaft
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/243>, abgerufen am 23.11.2024.
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