systematische Grundbuchsordnung sie selbst, und mit ihr die Vollendung des Grundbuchswesens von selber erzeugt. Die klare Scheidung dieser Faktoren ist daher die erste Bedingung des Fortschrittes im Grundbuchswesen.
Durchstehend bei allen Besprechungen des Grundbuchswesens ist die Un- klarheit über Grundbuchsordnung und Grundbuchsrecht, ihre Selbständigkeit und ihr gegenseitiges Bedingtsein. Namentlich bei dem reichen Werke von Mascher (vergl. namentlich S. 552 und 586). Von diesem Standpunkt müssen auch die einzelnen Grundbuchsordnungen und Rechte verglichen werden. -- Englands Grundbuchswesen beruht nicht auf dem Bedürfniß nach Credit, sondern auf der Vielgestaltigkeit und zum Theil Unklarheit der Eigenthums- verhältnisse, und der Schwierigkeit der Processe. Daher will es vor allen Dingen eine "indefensible Title" für alle dinglichen Rechte herstellen (vergl. Austria a. a. O). Früheres Recht, falsch als noch bestehend angenommen bei Mascher S. 555. 556. Es ist daher eine registrirte Sammlung von Beweis- urkunden. -- In Frankreich vermengen sich die Systeme; die Hypothek existirt allerdings nur durch die Eintragung bei dem Conservateur; von andern dinglichen Rechten ist dagegen keine Rede, und das Recht der Transscription für das Eigenthum ist Grund von hundert Streitigkeiten (s. Foelix a. a. O. und Mascher 94--125, S. 556; Mittermaier, deutsches Privatrecht §. 262). -- Preußen und Oesterreich haben die volle Legalität grundsätzlich aus- gesprochen; in beiden aber haben die Kronländer und Provinzen wieder ihre eigenen Grundbuchsordnungen, so daß die Durchführung des Princips vielfache Schwierigkeiten findet, daher auch die Modifikation in Preußen seit 1864, daß Grundeigenthum nur durch Tradition erworben wird (Mascher S. 552 ff.). Die von Mascher S. 225 ff. sog. Länder des sächsischen Rechts (nur nicht das Königreich Sachsen selbst) unterscheiden sich von denen des österreichisch- preußischen Rechts dadurch, daß sie nur die Legalität des Pfandrechts an- erkennen, und auch das zum Theil nur unvollkommen. Das wäre die Auf- gabe der Vergleichung gewesen. Die leitenden Grundsätze über Legalität bei Mascher unter der Rubrik "Publicität."
d)Publicität.
Der letzte Grundsatz zur vollen Geltung des Grundbuchswesens als Basis des Realcredits ist nun der, daß jeder das Recht der Einsicht in das Grundbuch haben soll. Dieser Grundsatz ist so- wohl im Princip als in der Ausführung bestritten. So lange das Grundbuch ein reines Hypothekenbuch ist, ist die allgemeine Einsicht in dasselbe nicht motivirt, und die Erlaubniß des Schuldners erforderlich; mit der vollen Legalität wird sie nothwendig. Die natürliche Form ist das Recht auf einen Grundbuchsauszug gegen Gebühr. Daneben steht das Recht jedes Besitzers, eine Bescheinigung der Eintragung von
ſyſtematiſche Grundbuchsordnung ſie ſelbſt, und mit ihr die Vollendung des Grundbuchsweſens von ſelber erzeugt. Die klare Scheidung dieſer Faktoren iſt daher die erſte Bedingung des Fortſchrittes im Grundbuchsweſen.
Durchſtehend bei allen Beſprechungen des Grundbuchsweſens iſt die Un- klarheit über Grundbuchsordnung und Grundbuchsrecht, ihre Selbſtändigkeit und ihr gegenſeitiges Bedingtſein. Namentlich bei dem reichen Werke von Maſcher (vergl. namentlich S. 552 und 586). Von dieſem Standpunkt müſſen auch die einzelnen Grundbuchsordnungen und Rechte verglichen werden. — Englands Grundbuchsweſen beruht nicht auf dem Bedürfniß nach Credit, ſondern auf der Vielgeſtaltigkeit und zum Theil Unklarheit der Eigenthums- verhältniſſe, und der Schwierigkeit der Proceſſe. Daher will es vor allen Dingen eine „indefensible Title“ für alle dinglichen Rechte herſtellen (vergl. Auſtria a. a. O). Früheres Recht, falſch als noch beſtehend angenommen bei Maſcher S. 555. 556. Es iſt daher eine regiſtrirte Sammlung von Beweis- urkunden. — In Frankreich vermengen ſich die Syſteme; die Hypothek exiſtirt allerdings nur durch die Eintragung bei dem Conservateur; von andern dinglichen Rechten iſt dagegen keine Rede, und das Recht der Transſcription für das Eigenthum iſt Grund von hundert Streitigkeiten (ſ. Foelix a. a. O. und Maſcher 94—125, S. 556; Mittermaier, deutſches Privatrecht §. 262). — Preußen und Oeſterreich haben die volle Legalität grundſätzlich aus- geſprochen; in beiden aber haben die Kronländer und Provinzen wieder ihre eigenen Grundbuchsordnungen, ſo daß die Durchführung des Princips vielfache Schwierigkeiten findet, daher auch die Modifikation in Preußen ſeit 1864, daß Grundeigenthum nur durch Tradition erworben wird (Maſcher S. 552 ff.). Die von Maſcher S. 225 ff. ſog. Länder des ſächſiſchen Rechts (nur nicht das Königreich Sachſen ſelbſt) unterſcheiden ſich von denen des öſterreichiſch- preußiſchen Rechts dadurch, daß ſie nur die Legalität des Pfandrechts an- erkennen, und auch das zum Theil nur unvollkommen. Das wäre die Auf- gabe der Vergleichung geweſen. Die leitenden Grundſätze über Legalität bei Maſcher unter der Rubrik „Publicität.“
d)Publicität.
Der letzte Grundſatz zur vollen Geltung des Grundbuchsweſens als Baſis des Realcredits iſt nun der, daß jeder das Recht der Einſicht in das Grundbuch haben ſoll. Dieſer Grundſatz iſt ſo- wohl im Princip als in der Ausführung beſtritten. So lange das Grundbuch ein reines Hypothekenbuch iſt, iſt die allgemeine Einſicht in daſſelbe nicht motivirt, und die Erlaubniß des Schuldners erforderlich; mit der vollen Legalität wird ſie nothwendig. Die natürliche Form iſt das Recht auf einen Grundbuchsauszug gegen Gebühr. Daneben ſteht das Recht jedes Beſitzers, eine Beſcheinigung der Eintragung von
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des Grundbuchsweſens von ſelber erzeugt. Die klare Scheidung
dieſer Faktoren iſt daher die erſte Bedingung des Fortſchrittes im
Grundbuchsweſen.
Durchſtehend bei allen Beſprechungen des Grundbuchsweſens iſt die Un-
klarheit über Grundbuchsordnung und Grundbuchsrecht, ihre Selbſtändigkeit
und ihr gegenſeitiges Bedingtſein. Namentlich bei dem reichen Werke von
Maſcher (vergl. namentlich S. 552 und 586). Von dieſem Standpunkt müſſen
auch die einzelnen Grundbuchsordnungen und Rechte verglichen werden. —
Englands Grundbuchsweſen beruht nicht auf dem Bedürfniß nach Credit,
ſondern auf der Vielgeſtaltigkeit und zum Theil Unklarheit der Eigenthums-
verhältniſſe, und der Schwierigkeit der Proceſſe. Daher will es vor allen
Dingen eine „indefensible Title“ für alle dinglichen Rechte herſtellen (vergl.
Auſtria a. a. O). Früheres Recht, falſch als noch beſtehend angenommen bei
Maſcher S. 555. 556. Es iſt daher eine regiſtrirte Sammlung von Beweis-
urkunden. — In Frankreich vermengen ſich die Syſteme; die Hypothek
exiſtirt allerdings nur durch die Eintragung bei dem Conservateur; von andern
dinglichen Rechten iſt dagegen keine Rede, und das Recht der Transſcription
für das Eigenthum iſt Grund von hundert Streitigkeiten (ſ. Foelix a. a. O.
und Maſcher 94—125, S. 556; Mittermaier, deutſches Privatrecht §. 262).
— Preußen und Oeſterreich haben die volle Legalität grundſätzlich aus-
geſprochen; in beiden aber haben die Kronländer und Provinzen wieder ihre
eigenen Grundbuchsordnungen, ſo daß die Durchführung des Princips vielfache
Schwierigkeiten findet, daher auch die Modifikation in Preußen ſeit 1864, daß
Grundeigenthum nur durch Tradition erworben wird (Maſcher S. 552 ff.).
Die von Maſcher S. 225 ff. ſog. Länder des ſächſiſchen Rechts (nur nicht
das Königreich Sachſen ſelbſt) unterſcheiden ſich von denen des öſterreichiſch-
preußiſchen Rechts dadurch, daß ſie nur die Legalität des Pfandrechts an-
erkennen, und auch das zum Theil nur unvollkommen. Das wäre die Auf-
gabe der Vergleichung geweſen. Die leitenden Grundſätze über Legalität bei
Maſcher unter der Rubrik „Publicität.“
d) Publicität.
Der letzte Grundſatz zur vollen Geltung des Grundbuchsweſens
als Baſis des Realcredits iſt nun der, daß jeder das Recht der
Einſicht in das Grundbuch haben ſoll. Dieſer Grundſatz iſt ſo-
wohl im Princip als in der Ausführung beſtritten. So lange das
Grundbuch ein reines Hypothekenbuch iſt, iſt die allgemeine Einſicht in
daſſelbe nicht motivirt, und die Erlaubniß des Schuldners erforderlich;
mit der vollen Legalität wird ſie nothwendig. Die natürliche Form
iſt das Recht auf einen Grundbuchsauszug gegen Gebühr. Daneben
ſteht das Recht jedes Beſitzers, eine Beſcheinigung der Eintragung von
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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