Zahlungsmandat darf daher nicht mit der des Wechsels verschmolzen werden, wie es gewöhnlich geschieht; denn der Anweisung liegt ein kaufmännischer Credit und ein Handelsbuch zum Grunde, dem Wechsel nicht. Der Wechsel beginnt, wo seine Form die gesetzliche Be- dingung seines Rechts wird, und das darum, weil eben diese Form den reinen Zahlungscredit ohne alle Beziehung auf vorhergegangene Geschäfte bedeutet. Die zweite Epoche des Wechselrechts ist die, wo vermöge der Entwicklung des geschäftlichen Lebens der Creditumlauf sich über alle wirthschaftlichen Verhältnisse erstreckt, und enthält daher die Ausdehnung der Wechselfähigkeit über alle wirthschaftlichen Persönlichkeiten. Das System des Wechselrechts endlich entsteht da- durch, daß diese Form des Wechsels eine Reihe von Modifikationen der Zahlungspflicht zuläßt, die aber das Princip nicht ändern können. Das Wechselrecht selbst aber ist demgemäß ein selbständiges Gebiet des Rechtslebens, dessen wissenschaftliche Grundlage nicht der Vertrag, son- dern die Lehre vom Credit ist. Sie ist es, welche uns das Wechsel- recht als das erkennen läßt, was es wirklich ist, nämlich das Ver- waltungsrecht des Zahlungscredits der einzelnen Unter- nehmung. Und darin liegt auch der Uebergang zur folgenden Gestaltung des Creditwesens.
Es liegt wohl in dem Mangel eines festen Begriffes von der inneren Verwaltung, daß einerseits auch das Wechselrecht keine bestimmte systematische Stellung in der Wissenschaft hat, und daß ihm weder die Nationalökonomie, noch die Polizeiwissenschaft, noch die Volkswirthschaftspflege eine solche hat geben können. Das Obige wird wohl feststellen, daß ohne den entscheidenden Unter- schied zwischen Zahlungs- und Unternehmungscredit zwar die Exegese des Wechsel- rechts, nicht aber das organische Verständniß desselben zum Abschlusse gedeihen kann. Im Uebrigen muß es hier genügen, sowohl in Beziehung auf Geschichte als Theorie und Gesetzgebung auf die ausgezeichneten Werke von Thöl, Contze u. A. zu verweisen, bei denen wir einzig den klaren Unterschied zwischen An- weisung und Wechsel vermissen, der freilich von der obigen Unterscheidung ab- hängig ist. Jedenfalls gehört hierher auch das Gesetz über die Cheques, so weit es ein solches gibt (französisches Gesetz vom 28. Mai 1865; s. Austria 1865, Nr. 65).
3) Das Vereinswesen des Zahlungscredits. Das Bankwesen. Begriff und Rechtsprincip.
Mit kaufmännischem und Bankhauscredit, mit Handelsbuch und Wechselrecht sind nun zwar die Elemente des Creditwesens und Rechts gegeben, allein der Credit selbst erscheint noch immer als Sache der Einzelnen, welche ihn brauchen und geben. So wie aber das Credit- wesen sich weiter entwickelt, und jede Wirthschaft streben muß, durch
Zahlungsmandat darf daher nicht mit der des Wechſels verſchmolzen werden, wie es gewöhnlich geſchieht; denn der Anweiſung liegt ein kaufmänniſcher Credit und ein Handelsbuch zum Grunde, dem Wechſel nicht. Der Wechſel beginnt, wo ſeine Form die geſetzliche Be- dingung ſeines Rechts wird, und das darum, weil eben dieſe Form den reinen Zahlungscredit ohne alle Beziehung auf vorhergegangene Geſchäfte bedeutet. Die zweite Epoche des Wechſelrechts iſt die, wo vermöge der Entwicklung des geſchäftlichen Lebens der Creditumlauf ſich über alle wirthſchaftlichen Verhältniſſe erſtreckt, und enthält daher die Ausdehnung der Wechſelfähigkeit über alle wirthſchaftlichen Perſönlichkeiten. Das Syſtem des Wechſelrechts endlich entſteht da- durch, daß dieſe Form des Wechſels eine Reihe von Modifikationen der Zahlungspflicht zuläßt, die aber das Princip nicht ändern können. Das Wechſelrecht ſelbſt aber iſt demgemäß ein ſelbſtändiges Gebiet des Rechtslebens, deſſen wiſſenſchaftliche Grundlage nicht der Vertrag, ſon- dern die Lehre vom Credit iſt. Sie iſt es, welche uns das Wechſel- recht als das erkennen läßt, was es wirklich iſt, nämlich das Ver- waltungsrecht des Zahlungscredits der einzelnen Unter- nehmung. Und darin liegt auch der Uebergang zur folgenden Geſtaltung des Creditweſens.
Es liegt wohl in dem Mangel eines feſten Begriffes von der inneren Verwaltung, daß einerſeits auch das Wechſelrecht keine beſtimmte ſyſtematiſche Stellung in der Wiſſenſchaft hat, und daß ihm weder die Nationalökonomie, noch die Polizeiwiſſenſchaft, noch die Volkswirthſchaftspflege eine ſolche hat geben können. Das Obige wird wohl feſtſtellen, daß ohne den entſcheidenden Unter- ſchied zwiſchen Zahlungs- und Unternehmungscredit zwar die Exegeſe des Wechſel- rechts, nicht aber das organiſche Verſtändniß deſſelben zum Abſchluſſe gedeihen kann. Im Uebrigen muß es hier genügen, ſowohl in Beziehung auf Geſchichte als Theorie und Geſetzgebung auf die ausgezeichneten Werke von Thöl, Contze u. A. zu verweiſen, bei denen wir einzig den klaren Unterſchied zwiſchen An- weiſung und Wechſel vermiſſen, der freilich von der obigen Unterſcheidung ab- hängig iſt. Jedenfalls gehört hierher auch das Geſetz über die Cheques, ſo weit es ein ſolches gibt (franzöſiſches Geſetz vom 28. Mai 1865; ſ. Auſtria 1865, Nr. 65).
3) Das Vereinsweſen des Zahlungscredits. Das Bankweſen. Begriff und Rechtsprincip.
Mit kaufmänniſchem und Bankhauscredit, mit Handelsbuch und Wechſelrecht ſind nun zwar die Elemente des Creditweſens und Rechts gegeben, allein der Credit ſelbſt erſcheint noch immer als Sache der Einzelnen, welche ihn brauchen und geben. So wie aber das Credit- weſen ſich weiter entwickelt, und jede Wirthſchaft ſtreben muß, durch
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Zahlungsmandat darf daher nicht mit der des Wechſels verſchmolzen
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kaufmänniſcher Credit und ein Handelsbuch zum Grunde, dem Wechſel
nicht. Der Wechſel beginnt, wo ſeine Form die geſetzliche Be-
dingung ſeines Rechts wird, und das darum, weil eben dieſe Form
den reinen Zahlungscredit ohne alle Beziehung auf vorhergegangene
Geſchäfte bedeutet. Die zweite Epoche des Wechſelrechts iſt die, wo
vermöge der Entwicklung des geſchäftlichen Lebens der Creditumlauf
ſich über alle wirthſchaftlichen Verhältniſſe erſtreckt, und enthält daher
die Ausdehnung der Wechſelfähigkeit über alle wirthſchaftlichen
Perſönlichkeiten. Das Syſtem des Wechſelrechts endlich entſteht da-
durch, daß dieſe Form des Wechſels eine Reihe von Modifikationen
der Zahlungspflicht zuläßt, die aber das Princip nicht ändern können.
Das Wechſelrecht ſelbſt aber iſt demgemäß ein ſelbſtändiges Gebiet des
Rechtslebens, deſſen wiſſenſchaftliche Grundlage nicht der Vertrag, ſon-
dern die Lehre vom Credit iſt. Sie iſt es, welche uns das Wechſel-
recht als das erkennen läßt, was es wirklich iſt, nämlich das Ver-
waltungsrecht des Zahlungscredits der einzelnen Unter-
nehmung. Und darin liegt auch der Uebergang zur folgenden
Geſtaltung des Creditweſens.
Es liegt wohl in dem Mangel eines feſten Begriffes von der inneren
Verwaltung, daß einerſeits auch das Wechſelrecht keine beſtimmte ſyſtematiſche
Stellung in der Wiſſenſchaft hat, und daß ihm weder die Nationalökonomie,
noch die Polizeiwiſſenſchaft, noch die Volkswirthſchaftspflege eine ſolche hat geben
können. Das Obige wird wohl feſtſtellen, daß ohne den entſcheidenden Unter-
ſchied zwiſchen Zahlungs- und Unternehmungscredit zwar die Exegeſe des Wechſel-
rechts, nicht aber das organiſche Verſtändniß deſſelben zum Abſchluſſe gedeihen
kann. Im Uebrigen muß es hier genügen, ſowohl in Beziehung auf Geſchichte
als Theorie und Geſetzgebung auf die ausgezeichneten Werke von Thöl, Contze
u. A. zu verweiſen, bei denen wir einzig den klaren Unterſchied zwiſchen An-
weiſung und Wechſel vermiſſen, der freilich von der obigen Unterſcheidung ab-
hängig iſt. Jedenfalls gehört hierher auch das Geſetz über die Cheques, ſo
weit es ein ſolches gibt (franzöſiſches Geſetz vom 28. Mai 1865; ſ. Auſtria
1865, Nr. 65).
3) Das Vereinsweſen des Zahlungscredits. Das Bankweſen.
Begriff und Rechtsprincip.
Mit kaufmänniſchem und Bankhauscredit, mit Handelsbuch und
Wechſelrecht ſind nun zwar die Elemente des Creditweſens und Rechts
gegeben, allein der Credit ſelbſt erſcheint noch immer als Sache der
Einzelnen, welche ihn brauchen und geben. So wie aber das Credit-
weſen ſich weiter entwickelt, und jede Wirthſchaft ſtreben muß, durch
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/314>, abgerufen am 22.11.2024.
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