der Einheit ist. Die dritte ist die staatsbürgerliche Ordnung, deren Princip die Gleichheit und Freiheit des Einzelnen innerhalb der Einheit ist.
Jede dieser Gesellschaftsordnungen erzeugt nun eine ihr angehörige Gestalt des Lebens aller Menschen; mit dieser Gestalt auch das ihr entsprechende Recht; jede Gesellschaftsordnung hat daher das ihrem Wesen entsprechende Staatsrecht, das ist ihr Recht des Oberhaupts, ihre Verfassung und ihre Verwaltung, wie es andererseits nicht minder feststeht, daß jede Gesellschaftsordnung auch ihr Privatrecht erzeugt. Die Geschichte der Gesellschaft wird damit zur Grundlage auch der Ge- schichte der Verwaltung und ihres Rechts, und der leitende Grundsatz für die Entwicklung der Rechtsgeschichte der Verwaltung ist daher der, daß alles positive Recht der letzteren auf die herrschende Gesellschafts- ordnung, aller Wechsel und alles Werden des Rechts auf den Kampf und die Entwicklung derselben zurückgeführt werden muß. Dieser Kampf oder dieser Lebensproceß der Gesellschaft aber, oder das Werden der einen Ordnung aus der andern, beruht wieder auf dem Zusammen- wirken dreier großer Faktoren.
Der erste dieser drei Faktoren ist der arbeitende Geist selbst, dessen Ergebnisse uns als die Rechtsphilosophie erscheinen. Der zweite ist die Natur des gewerblichen Besitzes. Der dritte ist die zum Bewußtsein ihres Wesens gelangende Idee des Staats; die Persön- lichkeit des Staats, die erkennt, daß das Maß und die Kraft ihrer Entwicklung in dem Maß und der Kraft der Entwicklung aller der Einzelnen gegeben ist, welche eben die Gemeinschaft bilden. So ent- steht in jedem Rechtsgebiet im Staate im Allgemeinen, aber zugleich in jedem Verwaltungsgebiet im Besondern ein Leben, in welchem die Idee des Rechts -- das Gerechte, to dikaion -- mit dem positiven, durch die bestehende Gesellschaftsordnung gesetzen Rechte kämpft, und sich gegenüber den gesellschaftlichen Ordnungen ihre Anerkennung und Geltung zu erzwingen sucht. Diese Bewegung ist der größte organische Proceß, den die Welt kennt. Es ist der Entwick- lungsproceß, in welchem der Geist sich durch seine eigene Arbeit zur Herrschaft über das thatsächliche Dasein erhebt. Das ist das wahre und ewige Leben der Erde, und die Geschichte dieses gewaltigen, alle vergangenen Jahrtausende umfassenden und alle kommenden erfüllenden Processes ist die Weltgeschichte. Und indem die Verwaltungslehre diese höchsten Gesichtspunkte in sich verarbeitet, wird sie das, was sie sein soll, nicht ein beschränktes Gebiet der praktischen Bildung, sondern eine bestimmte Gestalt der höchsten Wissenschaft des menschlichen Lebens überhaupt. Und erst darin wird sie ihre Vollendung finden.
der Einheit iſt. Die dritte iſt die ſtaatsbürgerliche Ordnung, deren Princip die Gleichheit und Freiheit des Einzelnen innerhalb der Einheit iſt.
Jede dieſer Geſellſchaftsordnungen erzeugt nun eine ihr angehörige Geſtalt des Lebens aller Menſchen; mit dieſer Geſtalt auch das ihr entſprechende Recht; jede Geſellſchaftsordnung hat daher das ihrem Weſen entſprechende Staatsrecht, das iſt ihr Recht des Oberhaupts, ihre Verfaſſung und ihre Verwaltung, wie es andererſeits nicht minder feſtſteht, daß jede Geſellſchaftsordnung auch ihr Privatrecht erzeugt. Die Geſchichte der Geſellſchaft wird damit zur Grundlage auch der Ge- ſchichte der Verwaltung und ihres Rechts, und der leitende Grundſatz für die Entwicklung der Rechtsgeſchichte der Verwaltung iſt daher der, daß alles poſitive Recht der letzteren auf die herrſchende Geſellſchafts- ordnung, aller Wechſel und alles Werden des Rechts auf den Kampf und die Entwicklung derſelben zurückgeführt werden muß. Dieſer Kampf oder dieſer Lebensproceß der Geſellſchaft aber, oder das Werden der einen Ordnung aus der andern, beruht wieder auf dem Zuſammen- wirken dreier großer Faktoren.
Der erſte dieſer drei Faktoren iſt der arbeitende Geiſt ſelbſt, deſſen Ergebniſſe uns als die Rechtsphiloſophie erſcheinen. Der zweite iſt die Natur des gewerblichen Beſitzes. Der dritte iſt die zum Bewußtſein ihres Weſens gelangende Idee des Staats; die Perſön- lichkeit des Staats, die erkennt, daß das Maß und die Kraft ihrer Entwicklung in dem Maß und der Kraft der Entwicklung aller der Einzelnen gegeben iſt, welche eben die Gemeinſchaft bilden. So ent- ſteht in jedem Rechtsgebiet im Staate im Allgemeinen, aber zugleich in jedem Verwaltungsgebiet im Beſondern ein Leben, in welchem die Idee des Rechts — das Gerechte, το δικαιον — mit dem poſitiven, durch die beſtehende Geſellſchaftsordnung geſetzen Rechte kämpft, und ſich gegenüber den geſellſchaftlichen Ordnungen ihre Anerkennung und Geltung zu erzwingen ſucht. Dieſe Bewegung iſt der größte organiſche Proceß, den die Welt kennt. Es iſt der Entwick- lungsproceß, in welchem der Geiſt ſich durch ſeine eigene Arbeit zur Herrſchaft über das thatſächliche Daſein erhebt. Das iſt das wahre und ewige Leben der Erde, und die Geſchichte dieſes gewaltigen, alle vergangenen Jahrtauſende umfaſſenden und alle kommenden erfüllenden Proceſſes iſt die Weltgeſchichte. Und indem die Verwaltungslehre dieſe höchſten Geſichtspunkte in ſich verarbeitet, wird ſie das, was ſie ſein ſoll, nicht ein beſchränktes Gebiet der praktiſchen Bildung, ſondern eine beſtimmte Geſtalt der höchſten Wiſſenſchaft des menſchlichen Lebens überhaupt. Und erſt darin wird ſie ihre Vollendung finden.
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der Einheit iſt. Die dritte iſt die ſtaatsbürgerliche Ordnung,
deren Princip die Gleichheit und Freiheit des Einzelnen innerhalb der
Einheit iſt.
Jede dieſer Geſellſchaftsordnungen erzeugt nun eine ihr angehörige
Geſtalt des Lebens aller Menſchen; mit dieſer Geſtalt auch das ihr
entſprechende Recht; jede Geſellſchaftsordnung hat daher das ihrem
Weſen entſprechende Staatsrecht, das iſt ihr Recht des Oberhaupts,
ihre Verfaſſung und ihre Verwaltung, wie es andererſeits nicht minder
feſtſteht, daß jede Geſellſchaftsordnung auch ihr Privatrecht erzeugt.
Die Geſchichte der Geſellſchaft wird damit zur Grundlage auch der Ge-
ſchichte der Verwaltung und ihres Rechts, und der leitende Grundſatz
für die Entwicklung der Rechtsgeſchichte der Verwaltung iſt daher der,
daß alles poſitive Recht der letzteren auf die herrſchende Geſellſchafts-
ordnung, aller Wechſel und alles Werden des Rechts auf den Kampf
und die Entwicklung derſelben zurückgeführt werden muß. Dieſer Kampf
oder dieſer Lebensproceß der Geſellſchaft aber, oder das Werden der
einen Ordnung aus der andern, beruht wieder auf dem Zuſammen-
wirken dreier großer Faktoren.
Der erſte dieſer drei Faktoren iſt der arbeitende Geiſt ſelbſt, deſſen
Ergebniſſe uns als die Rechtsphiloſophie erſcheinen. Der zweite
iſt die Natur des gewerblichen Beſitzes. Der dritte iſt die zum
Bewußtſein ihres Weſens gelangende Idee des Staats; die Perſön-
lichkeit des Staats, die erkennt, daß das Maß und die Kraft ihrer
Entwicklung in dem Maß und der Kraft der Entwicklung aller der
Einzelnen gegeben iſt, welche eben die Gemeinſchaft bilden. So ent-
ſteht in jedem Rechtsgebiet im Staate im Allgemeinen, aber zugleich
in jedem Verwaltungsgebiet im Beſondern ein Leben, in welchem die
Idee des Rechts — das Gerechte, το δικαιον — mit dem poſitiven,
durch die beſtehende Geſellſchaftsordnung geſetzen Rechte kämpft, und
ſich gegenüber den geſellſchaftlichen Ordnungen ihre Anerkennung und
Geltung zu erzwingen ſucht. Dieſe Bewegung iſt der größte
organiſche Proceß, den die Welt kennt. Es iſt der Entwick-
lungsproceß, in welchem der Geiſt ſich durch ſeine eigene Arbeit zur
Herrſchaft über das thatſächliche Daſein erhebt. Das iſt das wahre
und ewige Leben der Erde, und die Geſchichte dieſes gewaltigen, alle
vergangenen Jahrtauſende umfaſſenden und alle kommenden erfüllenden
Proceſſes iſt die Weltgeſchichte. Und indem die Verwaltungslehre
dieſe höchſten Geſichtspunkte in ſich verarbeitet, wird ſie das, was ſie
ſein ſoll, nicht ein beſchränktes Gebiet der praktiſchen Bildung, ſondern
eine beſtimmte Geſtalt der höchſten Wiſſenſchaft des menſchlichen Lebens
überhaupt. Und erſt darin wird ſie ihre Vollendung finden.
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/36>, abgerufen am 21.11.2024.
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