Die handelsrechtliche Persönlichkeit, rechtlich in der Firma anerkannt, hat daher drei Grundformen: die einzelne Person, die drei Formen der Gesellschaft, stille, offene und Commandite, und Aktien- gesellschaft. Die Rechtsverhältnisse, die sich daraus ergeben, bilden den ersten Theil des Handelsrechts. Der zweite enthält diejenigen Modifi- kationen des bürgerlichen Vertragsrechts, welche durch die Natur des Geschäfts gesetzt werden, in Begriff, Abschließung, Erfüllung und Be- weiskraft der Handelsbücher. Das ist das natürliche System des all- gemeinen Theiles des Handelsrechts. Für den Handel selbst aber ist es eine erste wesentliche Bedingung, daß dieses Recht objektive Gültig- keit und Selbständigkeit gegenüber dem Privatrecht habe; die Herstellung dieser rechtlichen Selbständigkeit ist daher eine wesentliche Aufgabe der Verwaltung; und so entstehen die Handelsgesetzbücher. Zweitens aber fordert der Handel, eben weil dieses sein Recht auf eigenen, vom Privatrecht wesentlich verschiedenen Grundlagen beruht, daß auch die gerichtliche Organisation, welche das Handelsrecht vollzieht, die Mit- wirkung des Handelsstandes aufnehme; und aus der natürlichen und im Grunde nie bestrittenen Anwendung dieses Princips geht das Handelsgericht hervor. Das ist der erste Theil innerer Verwal- tung des Handels.
Das bisherige Handelsrecht theilt noch immer das Schicksal aller Rechts- gebiete; es bildet einen isolirten Theil der Rechtswissenschaft, und wird sein Verständniß erst empfangen, wenn es seine organische Verbindung mit Privat- recht und Verwaltungsrecht durchführt. Bekanntlich besteht das Handelsrecht viel länger als die Handelsgesetzbücher; eben so die Handelsgerichte (vergl. über die Handelsgerichte des vorigen Jahrhunderts: Fischer, Cameral- und Polizei- recht III. 220 f.; Berg, Teutsches Polizeirecht III. S. 491). Handelsgebrauch (Usance) vergl. Mittermaier, deutsches Privatrecht II. §. 530. Neuere Zeit: Lotz, Staatswirthschaftslehre II. 205. Die Erkenntniß, daß die Hauptaufgabe der Verwaltung in der Bildung eines Handelsrechts liege, schon von Lotz am klarsten erkannt (Staatswirthschaftslehre VI. 203 ff.). Die Geschichte des Handels- rechts in allen Commentaren der deutschen Handelsgesetzbücher. Die Geschichte der Handelsgerichte und ihres Rechts speciell Craizenach, Wesen und Wirken der Handelsgerichte 1861. Langer Kampf namentlich in Preußen über Stel- lung und Errichtung derselben auf Grundlage der Verschiedenheit des deutschen und rheinisch-französischen Rechtsgebietes; Badener Handelsbl. Nr. 696. -- Oesterreich: Handelsgerichtsbeisitzer aus dem Handelsstand (Erlaß vom 2. Dec. 1864). -- Hannover: Errichtung von Handelsgerichten 1865 von Leonhardt. Die Rechtslehre von den einzelnen Orten der Handelsunternehmungen in den Lehrbüchern des Handelsrechts; vergeblicher Versuch den Begriff des "Geschäfts" zu bestimmen. Ueber die Gesellschaften und Vereine Stein, Vereinswesen und Recht S. 63 ff.
Die handelsrechtliche Perſönlichkeit, rechtlich in der Firma anerkannt, hat daher drei Grundformen: die einzelne Perſon, die drei Formen der Geſellſchaft, ſtille, offene und Commandite, und Aktien- geſellſchaft. Die Rechtsverhältniſſe, die ſich daraus ergeben, bilden den erſten Theil des Handelsrechts. Der zweite enthält diejenigen Modifi- kationen des bürgerlichen Vertragsrechts, welche durch die Natur des Geſchäfts geſetzt werden, in Begriff, Abſchließung, Erfüllung und Be- weiskraft der Handelsbücher. Das iſt das natürliche Syſtem des all- gemeinen Theiles des Handelsrechts. Für den Handel ſelbſt aber iſt es eine erſte weſentliche Bedingung, daß dieſes Recht objektive Gültig- keit und Selbſtändigkeit gegenüber dem Privatrecht habe; die Herſtellung dieſer rechtlichen Selbſtändigkeit iſt daher eine weſentliche Aufgabe der Verwaltung; und ſo entſtehen die Handelsgeſetzbücher. Zweitens aber fordert der Handel, eben weil dieſes ſein Recht auf eigenen, vom Privatrecht weſentlich verſchiedenen Grundlagen beruht, daß auch die gerichtliche Organiſation, welche das Handelsrecht vollzieht, die Mit- wirkung des Handelsſtandes aufnehme; und aus der natürlichen und im Grunde nie beſtrittenen Anwendung dieſes Princips geht das Handelsgericht hervor. Das iſt der erſte Theil innerer Verwal- tung des Handels.
Das bisherige Handelsrecht theilt noch immer das Schickſal aller Rechts- gebiete; es bildet einen iſolirten Theil der Rechtswiſſenſchaft, und wird ſein Verſtändniß erſt empfangen, wenn es ſeine organiſche Verbindung mit Privat- recht und Verwaltungsrecht durchführt. Bekanntlich beſteht das Handelsrecht viel länger als die Handelsgeſetzbücher; eben ſo die Handelsgerichte (vergl. über die Handelsgerichte des vorigen Jahrhunderts: Fiſcher, Cameral- und Polizei- recht III. 220 f.; Berg, Teutſches Polizeirecht III. S. 491). Handelsgebrauch (Uſance) vergl. Mittermaier, deutſches Privatrecht II. §. 530. Neuere Zeit: Lotz, Staatswirthſchaftslehre II. 205. Die Erkenntniß, daß die Hauptaufgabe der Verwaltung in der Bildung eines Handelsrechts liege, ſchon von Lotz am klarſten erkannt (Staatswirthſchaftslehre VI. 203 ff.). Die Geſchichte des Handels- rechts in allen Commentaren der deutſchen Handelsgeſetzbücher. Die Geſchichte der Handelsgerichte und ihres Rechts ſpeciell Craizenach, Weſen und Wirken der Handelsgerichte 1861. Langer Kampf namentlich in Preußen über Stel- lung und Errichtung derſelben auf Grundlage der Verſchiedenheit des deutſchen und rheiniſch-franzöſiſchen Rechtsgebietes; Badener Handelsbl. Nr. 696. — Oeſterreich: Handelsgerichtsbeiſitzer aus dem Handelsſtand (Erlaß vom 2. Dec. 1864). — Hannover: Errichtung von Handelsgerichten 1865 von Leonhardt. Die Rechtslehre von den einzelnen Orten der Handelsunternehmungen in den Lehrbüchern des Handelsrechts; vergeblicher Verſuch den Begriff des „Geſchäfts“ zu beſtimmen. Ueber die Geſellſchaften und Vereine Stein, Vereinsweſen und Recht S. 63 ff.
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Die handelsrechtliche Perſönlichkeit, rechtlich in der Firma
anerkannt, hat daher drei Grundformen: die einzelne Perſon, die drei
Formen der Geſellſchaft, ſtille, offene und Commandite, und Aktien-
geſellſchaft. Die Rechtsverhältniſſe, die ſich daraus ergeben, bilden den
erſten Theil des Handelsrechts. Der zweite enthält diejenigen Modifi-
kationen des bürgerlichen Vertragsrechts, welche durch die Natur des
Geſchäfts geſetzt werden, in Begriff, Abſchließung, Erfüllung und Be-
weiskraft der Handelsbücher. Das iſt das natürliche Syſtem des all-
gemeinen Theiles des Handelsrechts. Für den Handel ſelbſt aber iſt
es eine erſte weſentliche Bedingung, daß dieſes Recht objektive Gültig-
keit und Selbſtändigkeit gegenüber dem Privatrecht habe; die Herſtellung
dieſer rechtlichen Selbſtändigkeit iſt daher eine weſentliche Aufgabe der
Verwaltung; und ſo entſtehen die Handelsgeſetzbücher. Zweitens
aber fordert der Handel, eben weil dieſes ſein Recht auf eigenen, vom
Privatrecht weſentlich verſchiedenen Grundlagen beruht, daß auch die
gerichtliche Organiſation, welche das Handelsrecht vollzieht, die Mit-
wirkung des Handelsſtandes aufnehme; und aus der natürlichen und
im Grunde nie beſtrittenen Anwendung dieſes Princips geht das
Handelsgericht hervor. Das iſt der erſte Theil innerer Verwal-
tung des Handels.
Das bisherige Handelsrecht theilt noch immer das Schickſal aller Rechts-
gebiete; es bildet einen iſolirten Theil der Rechtswiſſenſchaft, und wird ſein
Verſtändniß erſt empfangen, wenn es ſeine organiſche Verbindung mit Privat-
recht und Verwaltungsrecht durchführt. Bekanntlich beſteht das Handelsrecht
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rechts in allen Commentaren der deutſchen Handelsgeſetzbücher. Die Geſchichte
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der Handelsgerichte 1861. Langer Kampf namentlich in Preußen über Stel-
lung und Errichtung derſelben auf Grundlage der Verſchiedenheit des deutſchen
und rheiniſch-franzöſiſchen Rechtsgebietes; Badener Handelsbl. Nr. 696. —
Oeſterreich: Handelsgerichtsbeiſitzer aus dem Handelsſtand (Erlaß vom 2. Dec.
1864). — Hannover: Errichtung von Handelsgerichten 1865 von Leonhardt.
Die Rechtslehre von den einzelnen Orten der Handelsunternehmungen in den
Lehrbüchern des Handelsrechts; vergeblicher Verſuch den Begriff des „Geſchäfts“
zu beſtimmen. Ueber die Geſellſchaften und Vereine Stein, Vereinsweſen
und Recht S. 63 ff.
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/402>, abgerufen am 22.11.2024.
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