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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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je nach der Art desselben verschieden ist, aber nie, auch da wo es
speciell unter den kirchlichen Organen steht, ohne regelmäßige öffentliche
Rechenschaftsablage verwaltet werden soll.

3) Die Armensteuer. Die Frage nach der Armensteuer entsteht,
wo die Armuth als allgemeiner Zustand vom Staate anerkannt wird.
Eine allgemeine Armensteuer als Theil der allgemeinen Besteuerung
ist nicht richtig, schon darum, weil sie durch das System der Armen-
steuer vollständig ersetzt wird. Dieses nun besteht aus drei Theilen.

Die eigentliche Armensteuer ist eine Gemeinde- und Landes-
steuer. Es ist nicht richtig, die Besteuerung einfach in das Steuer-
system einzubeziehen, sondern sie muß speciell berechnet und aus-
geschrieben werden, wie sie speciell zu verwalten ist. Nur unter dieser
Voraussetzung ist die Selbstbesteuerung fähig, ihren Werth speciell
für das Armenwesen zu entwickeln.

Die gesetzlichen Armeneinnahmen als Besteuerung gewisser Ein-
kommenszweige (wie Steuer auf Theater, öffentliche Lustbarkeiten, das
österreichische Armendrittel u. s. w.) sind nicht richtig, da sie ihren
höheren Zweck, die Theilnahme der Einzelnen an der Armenfrage nicht
erreichen.

Die dritte Art entsteht da, wo eine bestimmte Gemeinde nicht
im Stande ist, entweder vorübergehend oder dauernd ihrer Armenpflege
zu genügen. Grundsatz: Unterstützung durch die Landtage, als
Gegenstand der Berathung und Beschlußfassung der Landesvertretung.
Nur in außerordentlichen Fällen kann der Staat als Einheit eine solche
Unterstützung gewähren.

Das sind die Elemente der Organisation des Armenwesens inner-
halb der Selbstverwaltung. Es waltet nun nirgends eine größere
Verschiedenheit ob, als gerade in diesem Gebiet. Dennoch ist die Rechts-
bildung auf demselben in unserer Zeit sehr lebendig. Ihre Grundlage
aber muß allerdings die englisch-preußische sein, daß auch in dieser
Organisation das Armenwesen von dem Hülfswesen für die sociale
Bewegung durchstehend zu scheiden ist, da beide ganz verschiedene
Principien und Aufgaben haben. Jede Vermengung stört den Erfolg.
Dasselbe gilt von dem Folgenden.

III. Der dritte große Organismus ist das Vereinswesen und
zwar als das Gebiet der Hülfsvereine. Dieselben bedürfen keiner
besonderen Organisation, sondern finden die letztere in den allgemeinen
Grundsätzen über die Freiheit und über das Recht des Vereinswesens
überhaupt.

Die systematische Organisation des Armenwesens als Ganzes ist viel zu
wenig behandelt (vergl. de Gerando IV. S. 584 ff.; Mohl, Polizeiwissen-

je nach der Art deſſelben verſchieden iſt, aber nie, auch da wo es
ſpeciell unter den kirchlichen Organen ſteht, ohne regelmäßige öffentliche
Rechenſchaftsablage verwaltet werden ſoll.

3) Die Armenſteuer. Die Frage nach der Armenſteuer entſteht,
wo die Armuth als allgemeiner Zuſtand vom Staate anerkannt wird.
Eine allgemeine Armenſteuer als Theil der allgemeinen Beſteuerung
iſt nicht richtig, ſchon darum, weil ſie durch das Syſtem der Armen-
ſteuer vollſtändig erſetzt wird. Dieſes nun beſteht aus drei Theilen.

Die eigentliche Armenſteuer iſt eine Gemeinde- und Landes-
ſteuer. Es iſt nicht richtig, die Beſteuerung einfach in das Steuer-
ſyſtem einzubeziehen, ſondern ſie muß ſpeciell berechnet und aus-
geſchrieben werden, wie ſie ſpeciell zu verwalten iſt. Nur unter dieſer
Vorausſetzung iſt die Selbſtbeſteuerung fähig, ihren Werth ſpeciell
für das Armenweſen zu entwickeln.

Die geſetzlichen Armeneinnahmen als Beſteuerung gewiſſer Ein-
kommenszweige (wie Steuer auf Theater, öffentliche Luſtbarkeiten, das
öſterreichiſche Armendrittel u. ſ. w.) ſind nicht richtig, da ſie ihren
höheren Zweck, die Theilnahme der Einzelnen an der Armenfrage nicht
erreichen.

Die dritte Art entſteht da, wo eine beſtimmte Gemeinde nicht
im Stande iſt, entweder vorübergehend oder dauernd ihrer Armenpflege
zu genügen. Grundſatz: Unterſtützung durch die Landtage, als
Gegenſtand der Berathung und Beſchlußfaſſung der Landesvertretung.
Nur in außerordentlichen Fällen kann der Staat als Einheit eine ſolche
Unterſtützung gewähren.

Das ſind die Elemente der Organiſation des Armenweſens inner-
halb der Selbſtverwaltung. Es waltet nun nirgends eine größere
Verſchiedenheit ob, als gerade in dieſem Gebiet. Dennoch iſt die Rechts-
bildung auf demſelben in unſerer Zeit ſehr lebendig. Ihre Grundlage
aber muß allerdings die engliſch-preußiſche ſein, daß auch in dieſer
Organiſation das Armenweſen von dem Hülfsweſen für die ſociale
Bewegung durchſtehend zu ſcheiden iſt, da beide ganz verſchiedene
Principien und Aufgaben haben. Jede Vermengung ſtört den Erfolg.
Daſſelbe gilt von dem Folgenden.

III. Der dritte große Organismus iſt das Vereinsweſen und
zwar als das Gebiet der Hülfsvereine. Dieſelben bedürfen keiner
beſonderen Organiſation, ſondern finden die letztere in den allgemeinen
Grundſätzen über die Freiheit und über das Recht des Vereinsweſens
überhaupt.

Die ſyſtematiſche Organiſation des Armenweſens als Ganzes iſt viel zu
wenig behandelt (vergl. de Gerando IV. S. 584 ff.; Mohl, Polizeiwiſſen-

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[428/0452] je nach der Art deſſelben verſchieden iſt, aber nie, auch da wo es ſpeciell unter den kirchlichen Organen ſteht, ohne regelmäßige öffentliche Rechenſchaftsablage verwaltet werden ſoll. 3) Die Armenſteuer. Die Frage nach der Armenſteuer entſteht, wo die Armuth als allgemeiner Zuſtand vom Staate anerkannt wird. Eine allgemeine Armenſteuer als Theil der allgemeinen Beſteuerung iſt nicht richtig, ſchon darum, weil ſie durch das Syſtem der Armen- ſteuer vollſtändig erſetzt wird. Dieſes nun beſteht aus drei Theilen. Die eigentliche Armenſteuer iſt eine Gemeinde- und Landes- ſteuer. Es iſt nicht richtig, die Beſteuerung einfach in das Steuer- ſyſtem einzubeziehen, ſondern ſie muß ſpeciell berechnet und aus- geſchrieben werden, wie ſie ſpeciell zu verwalten iſt. Nur unter dieſer Vorausſetzung iſt die Selbſtbeſteuerung fähig, ihren Werth ſpeciell für das Armenweſen zu entwickeln. Die geſetzlichen Armeneinnahmen als Beſteuerung gewiſſer Ein- kommenszweige (wie Steuer auf Theater, öffentliche Luſtbarkeiten, das öſterreichiſche Armendrittel u. ſ. w.) ſind nicht richtig, da ſie ihren höheren Zweck, die Theilnahme der Einzelnen an der Armenfrage nicht erreichen. Die dritte Art entſteht da, wo eine beſtimmte Gemeinde nicht im Stande iſt, entweder vorübergehend oder dauernd ihrer Armenpflege zu genügen. Grundſatz: Unterſtützung durch die Landtage, als Gegenſtand der Berathung und Beſchlußfaſſung der Landesvertretung. Nur in außerordentlichen Fällen kann der Staat als Einheit eine ſolche Unterſtützung gewähren. Das ſind die Elemente der Organiſation des Armenweſens inner- halb der Selbſtverwaltung. Es waltet nun nirgends eine größere Verſchiedenheit ob, als gerade in dieſem Gebiet. Dennoch iſt die Rechts- bildung auf demſelben in unſerer Zeit ſehr lebendig. Ihre Grundlage aber muß allerdings die engliſch-preußiſche ſein, daß auch in dieſer Organiſation das Armenweſen von dem Hülfsweſen für die ſociale Bewegung durchſtehend zu ſcheiden iſt, da beide ganz verſchiedene Principien und Aufgaben haben. Jede Vermengung ſtört den Erfolg. Daſſelbe gilt von dem Folgenden. III. Der dritte große Organismus iſt das Vereinsweſen und zwar als das Gebiet der Hülfsvereine. Dieſelben bedürfen keiner beſonderen Organiſation, ſondern finden die letztere in den allgemeinen Grundſätzen über die Freiheit und über das Recht des Vereinsweſens überhaupt. Die ſyſtematiſche Organiſation des Armenweſens als Ganzes iſt viel zu wenig behandelt (vergl. de Gerando IV. S. 584 ff.; Mohl, Polizeiwiſſen-

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/452>, abgerufen am 22.11.2024.