Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.die Bevölkerung zu bringen vermögen, als eine ganz unabweisbare In England scheint das Krippen- und Warteschulwesen wenig ausge- d) Armenschul- und Armenerziehungswesen. Das Armenschul- und Erziehungswesen soll nun da anfangen, England hat das Armenschulwesen fast ausschließlich auf die Polizei ge- die Bevölkerung zu bringen vermögen, als eine ganz unabweisbare In England ſcheint das Krippen- und Warteſchulweſen wenig ausge- d) Armenſchul- und Armenerziehungsweſen. Das Armenſchul- und Erziehungsweſen ſoll nun da anfangen, England hat das Armenſchulweſen faſt ausſchließlich auf die Polizei ge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0459" n="435"/> die Bevölkerung zu bringen vermögen, als eine ganz unabweisbare<lb/> Aufgabe jeder Gemeinde <hi rendition="#g">vom Geſetze</hi> eingeführt, von <hi rendition="#g">der Verwal-<lb/> tung öffentlich geleitet</hi>, und von <hi rendition="#g">jedem verſtändigen Manne<lb/> anerkannt werden</hi>. Sie ſind dazu beſtimmt, die erſte Grundlage<lb/> für das ganze öffentliche Bildungsweſen der Armen zu werden, und<lb/> damit den Uebergang zur Verwaltung der geſellſchaftlichen Entwicklung<lb/> zu bilden.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">England</hi> ſcheint das Krippen- und Warteſchulweſen wenig ausge-<lb/> bildet. — In <hi rendition="#g">Frankreich</hi> vertreten die <hi rendition="#aq">Hospices d’enfants</hi> die Warteſchulen;<lb/> die eigentlichen <hi rendition="#aq">Crêches</hi> in Paris gegründet, jedoch gegen <hi rendition="#g">Zahlung der Eltern<lb/> (Block</hi>, <hi rendition="#aq">v. Crêches</hi>). — In <hi rendition="#g">Oeſterreich</hi> ſeit zwanzig Jahren als Aufgabe<lb/> der <hi rendition="#g">Krippenvereine</hi> (vergl. namentlich die Krippenkalender für Wien 1870);<lb/><hi rendition="#g">Warteſchulen</hi> ſchon ſeit 1832 begonnen; <hi rendition="#g">Stubenrauch</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> §. 364. <hi rendition="#aq">Salles<lb/> d’asile</hi> (<hi rendition="#g">Gerando</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> 21) ſchon ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">d</hi>) Armenſchul- und Armenerziehungsweſen.</p><lb/> <p>Das Armenſchul- und Erziehungsweſen ſoll nun da anfangen,<lb/> wo die Armenkinder aus den Warteſchulen in die Volksſchule übergehen.<lb/> Das Armenſchulweſen hat es bis zur Reife, das Erziehungsweſen nach<lb/> derſelben mit den Kindern der Armen zu thun. Die Armenſchule be-<lb/> ſteht aber <hi rendition="#g">nicht</hi> in dem bloßen Recht der <hi rendition="#g">Freiſchule</hi> für arme Kinder,<lb/> ſondern es beruht vielmehr auf zwei ſelbſtändigen Principien. <hi rendition="#g">Zuerſt</hi><lb/> enthält es die ſtrenge Schulpolizei mit dem Recht derſelben, jedes<lb/> herumvagirende Kind polizeilich in dieſe Schule zu ſenden; zweitens<lb/> aber als nothwendiges Corollar der Grundſatz, daß <hi rendition="#g">in</hi> dieſen Schulen<lb/> den Kindern <hi rendition="#g">Nahrung</hi> während der Schulzeit gegeben und <hi rendition="#g">Rein-<lb/> lichkeit</hi> von ihnen erzwungen wird. <hi rendition="#g">Keine Gemeinde ſollte<lb/> daran ſparen</hi>, den Lehrern dazu die Mittel zu geben; keine Schul-<lb/> aufſicht ſollte einen Bericht erſtatten, ohne dieſe Frage zu berühren.<lb/> Sind eigene Waiſenſchulen <hi rendition="#g">unvermeidlich</hi>, ſo ſind ſie die natürliche<lb/> Armenſchule. Die <hi rendition="#g">Armenerziehung</hi> dagegen reicht ſchon bis in das<lb/> reifere Alter hinein. Sie hat zur Aufgabe, namentlich verwahrloste<lb/> Jünglinge und Mädchen, dann entlaſſene jugendliche Verbrecher aufzu-<lb/> nehmen und ſie zu erziehen. Während das Armenſchulweſen in <hi rendition="#g">jeder</hi><lb/> Gemeinde möglich und nothwendig iſt, fordert das Armenerziehungs-<lb/> weſen bereits größere Armenverwaltungsgemeinden, und ſollte direkt<lb/> von der Landſchaft ausgehen. Hier iſt noch faſt alles zu ſchaffen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">England</hi> hat das Armenſchulweſen faſt ausſchließlich auf die Polizei ge-<lb/> gründet; ſeine <hi rendition="#aq">district ragged</hi> und <hi rendition="#aq">pauper schools</hi> ſind Polizeiſchulen, ohne<lb/> weiteren ſocialen Inhalt (vergl. <hi rendition="#g">Kries</hi>, Engl. Armenpflege 31; <hi rendition="#g">Gerando</hi><lb/><hi rendition="#aq">II.</hi> 23). Vereinsweſen in England für verwahrloste Kinder <hi rendition="#aq">II.</hi> 420. Geſetz-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [435/0459]
die Bevölkerung zu bringen vermögen, als eine ganz unabweisbare
Aufgabe jeder Gemeinde vom Geſetze eingeführt, von der Verwal-
tung öffentlich geleitet, und von jedem verſtändigen Manne
anerkannt werden. Sie ſind dazu beſtimmt, die erſte Grundlage
für das ganze öffentliche Bildungsweſen der Armen zu werden, und
damit den Uebergang zur Verwaltung der geſellſchaftlichen Entwicklung
zu bilden.
In England ſcheint das Krippen- und Warteſchulweſen wenig ausge-
bildet. — In Frankreich vertreten die Hospices d’enfants die Warteſchulen;
die eigentlichen Crêches in Paris gegründet, jedoch gegen Zahlung der Eltern
(Block, v. Crêches). — In Oeſterreich ſeit zwanzig Jahren als Aufgabe
der Krippenvereine (vergl. namentlich die Krippenkalender für Wien 1870);
Warteſchulen ſchon ſeit 1832 begonnen; Stubenrauch II. §. 364. Salles
d’asile (Gerando II. 21) ſchon ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts.
d) Armenſchul- und Armenerziehungsweſen.
Das Armenſchul- und Erziehungsweſen ſoll nun da anfangen,
wo die Armenkinder aus den Warteſchulen in die Volksſchule übergehen.
Das Armenſchulweſen hat es bis zur Reife, das Erziehungsweſen nach
derſelben mit den Kindern der Armen zu thun. Die Armenſchule be-
ſteht aber nicht in dem bloßen Recht der Freiſchule für arme Kinder,
ſondern es beruht vielmehr auf zwei ſelbſtändigen Principien. Zuerſt
enthält es die ſtrenge Schulpolizei mit dem Recht derſelben, jedes
herumvagirende Kind polizeilich in dieſe Schule zu ſenden; zweitens
aber als nothwendiges Corollar der Grundſatz, daß in dieſen Schulen
den Kindern Nahrung während der Schulzeit gegeben und Rein-
lichkeit von ihnen erzwungen wird. Keine Gemeinde ſollte
daran ſparen, den Lehrern dazu die Mittel zu geben; keine Schul-
aufſicht ſollte einen Bericht erſtatten, ohne dieſe Frage zu berühren.
Sind eigene Waiſenſchulen unvermeidlich, ſo ſind ſie die natürliche
Armenſchule. Die Armenerziehung dagegen reicht ſchon bis in das
reifere Alter hinein. Sie hat zur Aufgabe, namentlich verwahrloste
Jünglinge und Mädchen, dann entlaſſene jugendliche Verbrecher aufzu-
nehmen und ſie zu erziehen. Während das Armenſchulweſen in jeder
Gemeinde möglich und nothwendig iſt, fordert das Armenerziehungs-
weſen bereits größere Armenverwaltungsgemeinden, und ſollte direkt
von der Landſchaft ausgehen. Hier iſt noch faſt alles zu ſchaffen.
England hat das Armenſchulweſen faſt ausſchließlich auf die Polizei ge-
gründet; ſeine district ragged und pauper schools ſind Polizeiſchulen, ohne
weiteren ſocialen Inhalt (vergl. Kries, Engl. Armenpflege 31; Gerando
II. 23). Vereinsweſen in England für verwahrloste Kinder II. 420. Geſetz-
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