aufhebt, thut dieß noch weniger im Allgemeinen; es kann daher die Competenz des Gerichts, die Gesetzesqualität zum Zwecke seines richterlichen Urtheils über das Klagobjekt zu bestimmen, niemals den Gang der Verwaltung stören, und es ist daher nur ganz consequent, wenn die Verfassungen, welche das Klagrecht gegen jeden Verwaltungs- akt zulassen, hinzufügen, daß dadurch der "freie Gang der Verwaltung nicht gehindert werden dürfe." (Königreich Sachsen §. 49. Braun- schweig §. 195 u. a. m. Zöpfl §. 453.)
Es ist mithin auch durchaus falsch, wenn man meint, die Gerichte hätten das Recht ein Urtheil darüber zu fällen, ob eine Behörde zum Erlaß einer Verordnung berechtigt sei oder nicht. Das gehört eben so wenig zu ihrer Competenz, als die Frage, ob eine Verfügung eine zweckmäßige Ausführung des Gesetzes enthalte; Englands Grundsätze sind in dieser Beziehung durchaus falsch (siehe oben) und nur durch die dort noch bestehende Verschmelzung von Justiz und Administration erklärlich. Allerdings wäre jede Selbstthätigkeit und Tüchtigkeit der Verwaltung geradezu unmöglich, wenn die Gerichte ein solches, dem organischen Leben des Staats direkt widersprechendes Recht haben sollten.
Es folgt mithin der wichtige Satz, daß jeder Ausspruch eines Gerichts über die Gesetzesqualität eines öffentlichen Akts überhaupt und über das Verhältniß einer Verordnung zum Gesetz niemals eine weitere Gültigkeit hat, als für den einzelnen Fall, in welchem derselbe erlassen wird. Der entscheidende Ausspruch, daß eine Verordnung ge- setzwidrig sei, macht sie weder objektiv und allgemein gesetzwidrig, noch bindet derselbe das Gericht für den nächsten Fall einer Klage gegen die- selbe Verordnung, in welchem sogar dasselbe Gericht die Gesetzmäßigkeit derselben anerkennen kann. Es folgt schon aus dieser Möglichkeit, daß niemals über das Recht des Gesetzes oder der Verordnung an sich vom Gericht geurtheilt werden kann und darf, da allerdings damit alle Ordnung untergraben wäre. Es folgt aber ebenfalls aus dem Obigen, daß die geforderte Competenz des Gerichts niemals etwas Bedenkliches weder für das gesetzliche Recht noch für die Thätigkeit der Verwaltung hat noch haben kann, und daß alle Darstellungen geradezu falsch sind, welche behaupten, daß durch eine solche Competenz das Gericht über Gesetzgebung und Verwaltung gestellt werden, sondern das wahre Verhältniß ist folgendes.
Das Gericht hat nämlich zum Inhalt seines Urtheils niemals etwas anderes zu machen, als den betreffenden Streitfall. Es kann daher seinen Ausspruch sowohl über die Gesetzesqualität eines öffentlichen Aktes als über das Verhältniß zwischen Verordnung und Gesetz zwar
Stein, die Verwaltungslehre. I. 13
aufhebt, thut dieß noch weniger im Allgemeinen; es kann daher die Competenz des Gerichts, die Geſetzesqualität zum Zwecke ſeines richterlichen Urtheils über das Klagobjekt zu beſtimmen, niemals den Gang der Verwaltung ſtören, und es iſt daher nur ganz conſequent, wenn die Verfaſſungen, welche das Klagrecht gegen jeden Verwaltungs- akt zulaſſen, hinzufügen, daß dadurch der „freie Gang der Verwaltung nicht gehindert werden dürfe.“ (Königreich Sachſen §. 49. Braun- ſchweig §. 195 u. a. m. Zöpfl §. 453.)
Es iſt mithin auch durchaus falſch, wenn man meint, die Gerichte hätten das Recht ein Urtheil darüber zu fällen, ob eine Behörde zum Erlaß einer Verordnung berechtigt ſei oder nicht. Das gehört eben ſo wenig zu ihrer Competenz, als die Frage, ob eine Verfügung eine zweckmäßige Ausführung des Geſetzes enthalte; Englands Grundſätze ſind in dieſer Beziehung durchaus falſch (ſiehe oben) und nur durch die dort noch beſtehende Verſchmelzung von Juſtiz und Adminiſtration erklärlich. Allerdings wäre jede Selbſtthätigkeit und Tüchtigkeit der Verwaltung geradezu unmöglich, wenn die Gerichte ein ſolches, dem organiſchen Leben des Staats direkt widerſprechendes Recht haben ſollten.
Es folgt mithin der wichtige Satz, daß jeder Ausſpruch eines Gerichts über die Geſetzesqualität eines öffentlichen Akts überhaupt und über das Verhältniß einer Verordnung zum Geſetz niemals eine weitere Gültigkeit hat, als für den einzelnen Fall, in welchem derſelbe erlaſſen wird. Der entſcheidende Ausſpruch, daß eine Verordnung ge- ſetzwidrig ſei, macht ſie weder objektiv und allgemein geſetzwidrig, noch bindet derſelbe das Gericht für den nächſten Fall einer Klage gegen die- ſelbe Verordnung, in welchem ſogar daſſelbe Gericht die Geſetzmäßigkeit derſelben anerkennen kann. Es folgt ſchon aus dieſer Möglichkeit, daß niemals über das Recht des Geſetzes oder der Verordnung an ſich vom Gericht geurtheilt werden kann und darf, da allerdings damit alle Ordnung untergraben wäre. Es folgt aber ebenfalls aus dem Obigen, daß die geforderte Competenz des Gerichts niemals etwas Bedenkliches weder für das geſetzliche Recht noch für die Thätigkeit der Verwaltung hat noch haben kann, und daß alle Darſtellungen geradezu falſch ſind, welche behaupten, daß durch eine ſolche Competenz das Gericht über Geſetzgebung und Verwaltung geſtellt werden, ſondern das wahre Verhältniß iſt folgendes.
Das Gericht hat nämlich zum Inhalt ſeines Urtheils niemals etwas anderes zu machen, als den betreffenden Streitfall. Es kann daher ſeinen Ausſpruch ſowohl über die Geſetzesqualität eines öffentlichen Aktes als über das Verhältniß zwiſchen Verordnung und Geſetz zwar
Stein, die Verwaltungslehre. I. 13
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[193/0217]
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Gang der Verwaltung ſtören, und es iſt daher nur ganz conſequent,
wenn die Verfaſſungen, welche das Klagrecht gegen jeden Verwaltungs-
akt zulaſſen, hinzufügen, daß dadurch der „freie Gang der Verwaltung
nicht gehindert werden dürfe.“ (Königreich Sachſen §. 49. Braun-
ſchweig §. 195 u. a. m. Zöpfl §. 453.)
Es iſt mithin auch durchaus falſch, wenn man meint, die Gerichte
hätten das Recht ein Urtheil darüber zu fällen, ob eine Behörde zum
Erlaß einer Verordnung berechtigt ſei oder nicht. Das gehört eben
ſo wenig zu ihrer Competenz, als die Frage, ob eine Verfügung eine
zweckmäßige Ausführung des Geſetzes enthalte; Englands Grundſätze
ſind in dieſer Beziehung durchaus falſch (ſiehe oben) und nur durch
die dort noch beſtehende Verſchmelzung von Juſtiz und Adminiſtration
erklärlich. Allerdings wäre jede Selbſtthätigkeit und Tüchtigkeit der
Verwaltung geradezu unmöglich, wenn die Gerichte ein ſolches, dem
organiſchen Leben des Staats direkt widerſprechendes Recht haben
ſollten.
Es folgt mithin der wichtige Satz, daß jeder Ausſpruch eines
Gerichts über die Geſetzesqualität eines öffentlichen Akts überhaupt und
über das Verhältniß einer Verordnung zum Geſetz niemals eine weitere
Gültigkeit hat, als für den einzelnen Fall, in welchem derſelbe
erlaſſen wird. Der entſcheidende Ausſpruch, daß eine Verordnung ge-
ſetzwidrig ſei, macht ſie weder objektiv und allgemein geſetzwidrig, noch
bindet derſelbe das Gericht für den nächſten Fall einer Klage gegen die-
ſelbe Verordnung, in welchem ſogar daſſelbe Gericht die Geſetzmäßigkeit
derſelben anerkennen kann. Es folgt ſchon aus dieſer Möglichkeit, daß
niemals über das Recht des Geſetzes oder der Verordnung an ſich vom
Gericht geurtheilt werden kann und darf, da allerdings damit alle
Ordnung untergraben wäre. Es folgt aber ebenfalls aus dem Obigen,
daß die geforderte Competenz des Gerichts niemals etwas Bedenkliches
weder für das geſetzliche Recht noch für die Thätigkeit der Verwaltung
hat noch haben kann, und daß alle Darſtellungen geradezu falſch ſind,
welche behaupten, daß durch eine ſolche Competenz das Gericht über
Geſetzgebung und Verwaltung geſtellt werden, ſondern das wahre
Verhältniß iſt folgendes.
Das Gericht hat nämlich zum Inhalt ſeines Urtheils niemals etwas
anderes zu machen, als den betreffenden Streitfall. Es kann daher
ſeinen Ausſpruch ſowohl über die Geſetzesqualität eines öffentlichen
Aktes als über das Verhältniß zwiſchen Verordnung und Geſetz zwar
Stein, die Verwaltungslehre. I. 13
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/217>, abgerufen am 21.11.2024.
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