solchen Funktion mit dem bloßen Besitze ist beseitigt; das gesammte Leben des Staats ist Ein großes, organisches Ganze, und jedes Organ ist jetzt ein Amt des Staats; der alte Gegensatz zwischen dem ständischen Recht und dem Amte ist daher verschwunden; an die Stelle des Begriffes der Hoheitsrechte tritt der Begriff und das Recht der Regierung.
Allein diese Regierung hat zu ihrem Gegengewicht jetzt zwar nicht mehr die ständischen Körperschaften, wohl aber die Gesammtheit des Volkes in der Volksvertretung. Die Volksvertretung ist jetzt die gesetz- gebende Gewalt, und an den Unterschied beider knüpft sich eine Orga- nisation von Rechtsverhältnissen, welche wir unter dem Ausdruck der Verantwortlichkeit zusammenfaßten. Die verantwortliche Regierung ihrerseits ist vorhanden im Amtswesen. Die Verantwortlichkeit, als die ethische und juristische Verpflichtung, in den einzelnen Funktionen der Staatsorgane den Geist der Gesetze zu verwirklichen, gibt den einzelnen Organen ein neues Element. Sie dienen jetzt, da die Staatsgewalt die gesellschaftlichen Körper bewältigt hat, nicht mehr dem Bedürfnisse der ersteren nach Macht, und sind daher auch nicht mehr unbedingt an den individuellen Willen ihres Hauptes gebunden. Sie stehen jetzt gegenüber einem organisch gebildeten Staatswillen; sie sind Organe desselben und ihm verantwortlich. Und diese Verantwortlichkeit ist es, welche jedem dieser Organe eine gewisse Selbständigkeit verleiht; denn der Staat, dem sie dienen, erschöpft sich nicht mehr wie einst in Einer Person und ihrem Willen. Dieß Verhältniß bezeichnen wir mit einem Worte: es ist die Verfassungsmäßigkeit. Und das Staatsorgan, auf der Verfassungsmäßigkeit ruhend, ist jetzt erst das Amt im gegen- wärtigen Sinn des Wortes.
So stehen jetzt der Begriff und das Recht des Amts auf der Grundlage des Staatsbegriffes; mit der Entwicklung des Staatslebens aber entwickelt sich auch der äußere Organismus des Amtes, frei von den Hemmnissen der ständischen Rechte. Erst jetzt erscheint diese Orga- nisation als eine auf der dauernden Natur des Staates beruhende, und daher einerseits selbst dauernde, andererseits eben darum auch allenthalben gleichartige. Nicht mehr die Bedürfnisse und Bestrebungen des Königthums nach seinem speziellen Rechte gegenüber den ständischen Rechten bestimmen die Eintheilungen und den Zusammenhang jenes Organismus, sondern die Ordnung der wirklichen großen Lebensverhält- nisse; das Amtswesen erscheint daher jetzt als ein System, und will als solches betrachtet werden. Das Systematische ist charakteristisch für diese Epoche, denn es geht aus der an sich ewig organischen Einheit des wirklichen Lebens hervor, an das es sich anschließt. Andererseits schließt das Amt die freie Selbstthätigkeit des Staatsbürgerthums auch
ſolchen Funktion mit dem bloßen Beſitze iſt beſeitigt; das geſammte Leben des Staats iſt Ein großes, organiſches Ganze, und jedes Organ iſt jetzt ein Amt des Staats; der alte Gegenſatz zwiſchen dem ſtändiſchen Recht und dem Amte iſt daher verſchwunden; an die Stelle des Begriffes der Hoheitsrechte tritt der Begriff und das Recht der Regierung.
Allein dieſe Regierung hat zu ihrem Gegengewicht jetzt zwar nicht mehr die ſtändiſchen Körperſchaften, wohl aber die Geſammtheit des Volkes in der Volksvertretung. Die Volksvertretung iſt jetzt die geſetz- gebende Gewalt, und an den Unterſchied beider knüpft ſich eine Orga- niſation von Rechtsverhältniſſen, welche wir unter dem Ausdruck der Verantwortlichkeit zuſammenfaßten. Die verantwortliche Regierung ihrerſeits iſt vorhanden im Amtsweſen. Die Verantwortlichkeit, als die ethiſche und juriſtiſche Verpflichtung, in den einzelnen Funktionen der Staatsorgane den Geiſt der Geſetze zu verwirklichen, gibt den einzelnen Organen ein neues Element. Sie dienen jetzt, da die Staatsgewalt die geſellſchaftlichen Körper bewältigt hat, nicht mehr dem Bedürfniſſe der erſteren nach Macht, und ſind daher auch nicht mehr unbedingt an den individuellen Willen ihres Hauptes gebunden. Sie ſtehen jetzt gegenüber einem organiſch gebildeten Staatswillen; ſie ſind Organe deſſelben und ihm verantwortlich. Und dieſe Verantwortlichkeit iſt es, welche jedem dieſer Organe eine gewiſſe Selbſtändigkeit verleiht; denn der Staat, dem ſie dienen, erſchöpft ſich nicht mehr wie einſt in Einer Perſon und ihrem Willen. Dieß Verhältniß bezeichnen wir mit einem Worte: es iſt die Verfaſſungsmäßigkeit. Und das Staatsorgan, auf der Verfaſſungsmäßigkeit ruhend, iſt jetzt erſt das Amt im gegen- wärtigen Sinn des Wortes.
So ſtehen jetzt der Begriff und das Recht des Amts auf der Grundlage des Staatsbegriffes; mit der Entwicklung des Staatslebens aber entwickelt ſich auch der äußere Organismus des Amtes, frei von den Hemmniſſen der ſtändiſchen Rechte. Erſt jetzt erſcheint dieſe Orga- niſation als eine auf der dauernden Natur des Staates beruhende, und daher einerſeits ſelbſt dauernde, andererſeits eben darum auch allenthalben gleichartige. Nicht mehr die Bedürfniſſe und Beſtrebungen des Königthums nach ſeinem ſpeziellen Rechte gegenüber den ſtändiſchen Rechten beſtimmen die Eintheilungen und den Zuſammenhang jenes Organismus, ſondern die Ordnung der wirklichen großen Lebensverhält- niſſe; das Amtsweſen erſcheint daher jetzt als ein Syſtem, und will als ſolches betrachtet werden. Das Syſtematiſche iſt charakteriſtiſch für dieſe Epoche, denn es geht aus der an ſich ewig organiſchen Einheit des wirklichen Lebens hervor, an das es ſich anſchließt. Andererſeits ſchließt das Amt die freie Selbſtthätigkeit des Staatsbürgerthums auch
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ſolchen Funktion mit dem bloßen Beſitze iſt beſeitigt; das geſammte Leben
des Staats iſt Ein großes, organiſches Ganze, und jedes Organ iſt
jetzt ein Amt des Staats; der alte Gegenſatz zwiſchen dem ſtändiſchen
Recht und dem Amte iſt daher verſchwunden; an die Stelle des Begriffes
der Hoheitsrechte tritt der Begriff und das Recht der Regierung.
Allein dieſe Regierung hat zu ihrem Gegengewicht jetzt zwar nicht
mehr die ſtändiſchen Körperſchaften, wohl aber die Geſammtheit des
Volkes in der Volksvertretung. Die Volksvertretung iſt jetzt die geſetz-
gebende Gewalt, und an den Unterſchied beider knüpft ſich eine Orga-
niſation von Rechtsverhältniſſen, welche wir unter dem Ausdruck der
Verantwortlichkeit zuſammenfaßten. Die verantwortliche Regierung
ihrerſeits iſt vorhanden im Amtsweſen. Die Verantwortlichkeit, als die
ethiſche und juriſtiſche Verpflichtung, in den einzelnen Funktionen der
Staatsorgane den Geiſt der Geſetze zu verwirklichen, gibt den einzelnen
Organen ein neues Element. Sie dienen jetzt, da die Staatsgewalt
die geſellſchaftlichen Körper bewältigt hat, nicht mehr dem Bedürfniſſe
der erſteren nach Macht, und ſind daher auch nicht mehr unbedingt an
den individuellen Willen ihres Hauptes gebunden. Sie ſtehen jetzt
gegenüber einem organiſch gebildeten Staatswillen; ſie ſind Organe
deſſelben und ihm verantwortlich. Und dieſe Verantwortlichkeit iſt es,
welche jedem dieſer Organe eine gewiſſe Selbſtändigkeit verleiht; denn
der Staat, dem ſie dienen, erſchöpft ſich nicht mehr wie einſt in Einer
Perſon und ihrem Willen. Dieß Verhältniß bezeichnen wir mit einem
Worte: es iſt die Verfaſſungsmäßigkeit. Und das Staatsorgan, auf
der Verfaſſungsmäßigkeit ruhend, iſt jetzt erſt das Amt im gegen-
wärtigen Sinn des Wortes.
So ſtehen jetzt der Begriff und das Recht des Amts auf der
Grundlage des Staatsbegriffes; mit der Entwicklung des Staatslebens
aber entwickelt ſich auch der äußere Organismus des Amtes, frei von
den Hemmniſſen der ſtändiſchen Rechte. Erſt jetzt erſcheint dieſe Orga-
niſation als eine auf der dauernden Natur des Staates beruhende,
und daher einerſeits ſelbſt dauernde, andererſeits eben darum auch
allenthalben gleichartige. Nicht mehr die Bedürfniſſe und Beſtrebungen
des Königthums nach ſeinem ſpeziellen Rechte gegenüber den ſtändiſchen
Rechten beſtimmen die Eintheilungen und den Zuſammenhang jenes
Organismus, ſondern die Ordnung der wirklichen großen Lebensverhält-
niſſe; das Amtsweſen erſcheint daher jetzt als ein Syſtem, und will
als ſolches betrachtet werden. Das Syſtematiſche iſt charakteriſtiſch für
dieſe Epoche, denn es geht aus der an ſich ewig organiſchen Einheit
des wirklichen Lebens hervor, an das es ſich anſchließt. Andererſeits
ſchließt das Amt die freie Selbſtthätigkeit des Staatsbürgerthums auch
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/315>, abgerufen am 26.11.2024.
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