alle Zeiten festgehalten werden wird. Aus ihm geht dann auch der Charakter des Rechts hervor, das der Beamtete durch die Anstellung erwirbt, und das eben damit ein ganz anderes ist, als in Frankreich und England. Es hat dasselbe aber auch die Basis für die Entscheidung der Frage abgegeben, welchen Einfluß die administrative verfassungs- mäßige Verantwortlichkeit auf die Anstellung haben kann. Zuerst verbietet es natürlich, über die Gränze der berufsmäßigen Bildung in der Wahl des Anzustellenden hinauszugehen; dann aber, indem es das Amt eben zum Berufe macht, setzt es der individuellen wie der Partei- auffassung die rechte Gränze, indem es die berufsmäßige Fähigkeit zur Grundlage der Anstellung, und aus der Innehaltung dieses Grund- satzes eine gemeinsame Angelegenheit des ganzen Beamtenstandes macht. Obwohl diese Principien weder allenthalben gesetzlich normirt, noch auch vollkommen ausnahmslos innegehalten werden, so kann man sie doch als geltendes deutsches Anstellungsrecht ansehen, und wir dürfen hoffen, daß dasselbe niemals in seiner heilsamen Geltung erschüttert werden möge!
Die Preußische Gesetzgebung ist die erste, welche die obigen Grundsätze im Allgemeinen Landrecht (II. 5. 10. §. 70. 71.) zu einem öffentlich rechtlichen und allgemein gültigen Grundsatz erhoben und die Staatsprüfung als Bedingung der Anstellung principiell gefordert hat. Die übrigen Staaten sind diesem Vorgange allmählig nachgefolgt; in den meisten deutschen Verwaltungen ist derselbe durch eigene Gesetze strenge geregelt, und zum Theil in ganz einzelne Fragen hinübergeführt. (S. Rönne, Preußisches Staatsrecht §. 293 ff.) Der Streit, ob die Prüfung an sich gut oder vom Uebel sei, ist übrigens schon im vorigen Jahrhundert von Moser (Landeshoheit in Regierungssachen S. 158) angeregt, und dürfte jetzt wohl als ein entschiedener anzusehen sein. In Würt- temberg hat sogar die Verfassungsurkunde §. 74 ausdrücklich gesagt: "Niemand kann ein Staatsamt erhalten, ohne zuvor gesetzmäßig geprüft und für tüchtig erkannt zu sein." Merkwürdig, daß Zöpfl die ganze so wichtige Frage über- haupt nicht berührt, während Zachariä in II. §. 136 sich mit Recht mit Seuffert (Verhältniß des Staates und der Diener des Staates §. 56) für den "vollen Nutzen" der Examina erklärt, deren nähere Bestimmungen in den territorialen Prüfungsordnungen enthalten sind. Die Verhältnisse Englands sind von Gneist (I. 382 und 589) genau dargelegt. Sie haben endlich dahin geführt, daß man die unabweisbare Nothwendigkeit der berufsmäßigen Bildung anerkennt, und es beginnt sich dort ein System zu bilden, das dem Deutschen in Betreff der Prüfungen entspricht, während es allerdings durch den Mangel einer organischen Universitätsbildung ein höchst unvollkommenes bleibt, und daher selbst wieder als praktisch nutzlos in Frage gestellt wird. Schon im Jahre 1861 sagte ein englischer Minister im Parlament wörtlich: "That the numbers of "employes" in the various departments of civil service were utterly incompetent to discharge the service of their poste, that they were often grossly ignorant, some times absolutely stupid, occasionally
Stein, die Verwaltungslehre. I. 23
alle Zeiten feſtgehalten werden wird. Aus ihm geht dann auch der Charakter des Rechts hervor, das der Beamtete durch die Anſtellung erwirbt, und das eben damit ein ganz anderes iſt, als in Frankreich und England. Es hat daſſelbe aber auch die Baſis für die Entſcheidung der Frage abgegeben, welchen Einfluß die adminiſtrative verfaſſungs- mäßige Verantwortlichkeit auf die Anſtellung haben kann. Zuerſt verbietet es natürlich, über die Gränze der berufsmäßigen Bildung in der Wahl des Anzuſtellenden hinauszugehen; dann aber, indem es das Amt eben zum Berufe macht, ſetzt es der individuellen wie der Partei- auffaſſung die rechte Gränze, indem es die berufsmäßige Fähigkeit zur Grundlage der Anſtellung, und aus der Innehaltung dieſes Grund- ſatzes eine gemeinſame Angelegenheit des ganzen Beamtenſtandes macht. Obwohl dieſe Principien weder allenthalben geſetzlich normirt, noch auch vollkommen ausnahmslos innegehalten werden, ſo kann man ſie doch als geltendes deutſches Anſtellungsrecht anſehen, und wir dürfen hoffen, daß daſſelbe niemals in ſeiner heilſamen Geltung erſchüttert werden möge!
Die Preußiſche Geſetzgebung iſt die erſte, welche die obigen Grundſätze im Allgemeinen Landrecht (II. 5. 10. §. 70. 71.) zu einem öffentlich rechtlichen und allgemein gültigen Grundſatz erhoben und die Staatsprüfung als Bedingung der Anſtellung principiell gefordert hat. Die übrigen Staaten ſind dieſem Vorgange allmählig nachgefolgt; in den meiſten deutſchen Verwaltungen iſt derſelbe durch eigene Geſetze ſtrenge geregelt, und zum Theil in ganz einzelne Fragen hinübergeführt. (S. Rönne, Preußiſches Staatsrecht §. 293 ff.) Der Streit, ob die Prüfung an ſich gut oder vom Uebel ſei, iſt übrigens ſchon im vorigen Jahrhundert von Moſer (Landeshoheit in Regierungsſachen S. 158) angeregt, und dürfte jetzt wohl als ein entſchiedener anzuſehen ſein. In Würt- temberg hat ſogar die Verfaſſungsurkunde §. 74 ausdrücklich geſagt: „Niemand kann ein Staatsamt erhalten, ohne zuvor geſetzmäßig geprüft und für tüchtig erkannt zu ſein.“ Merkwürdig, daß Zöpfl die ganze ſo wichtige Frage über- haupt nicht berührt, während Zachariä in II. §. 136 ſich mit Recht mit Seuffert (Verhältniß des Staates und der Diener des Staates §. 56) für den „vollen Nutzen“ der Examina erklärt, deren nähere Beſtimmungen in den territorialen Prüfungsordnungen enthalten ſind. Die Verhältniſſe Englands ſind von Gneiſt (I. 382 und 589) genau dargelegt. Sie haben endlich dahin geführt, daß man die unabweisbare Nothwendigkeit der berufsmäßigen Bildung anerkennt, und es beginnt ſich dort ein Syſtem zu bilden, das dem Deutſchen in Betreff der Prüfungen entſpricht, während es allerdings durch den Mangel einer organiſchen Univerſitätsbildung ein höchſt unvollkommenes bleibt, und daher ſelbſt wieder als praktiſch nutzlos in Frage geſtellt wird. Schon im Jahre 1861 ſagte ein engliſcher Miniſter im Parlament wörtlich: „That the numbers of „employés“ in the various departments of civil service were utterly incompetent to discharge the service of their poste, that they were often grossly ignorant, some times absolutely stupid, occasionally
Stein, die Verwaltungslehre. I. 23
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erwirbt, und das eben damit ein ganz anderes iſt, als in Frankreich und
England. Es hat daſſelbe aber auch die Baſis für die Entſcheidung
der Frage abgegeben, welchen Einfluß die adminiſtrative verfaſſungs-
mäßige Verantwortlichkeit auf die Anſtellung haben kann. Zuerſt
verbietet es natürlich, über die Gränze der berufsmäßigen Bildung in
der Wahl des Anzuſtellenden hinauszugehen; dann aber, indem es das
Amt eben zum Berufe macht, ſetzt es der individuellen wie der Partei-
auffaſſung die rechte Gränze, indem es die berufsmäßige Fähigkeit zur
Grundlage der Anſtellung, und aus der Innehaltung dieſes Grund-
ſatzes eine gemeinſame Angelegenheit des ganzen Beamtenſtandes macht.
Obwohl dieſe Principien weder allenthalben geſetzlich normirt, noch auch
vollkommen ausnahmslos innegehalten werden, ſo kann man ſie doch
als geltendes deutſches Anſtellungsrecht anſehen, und wir dürfen hoffen,
daß daſſelbe niemals in ſeiner heilſamen Geltung erſchüttert werden möge!
Die Preußiſche Geſetzgebung iſt die erſte, welche die obigen Grundſätze im
Allgemeinen Landrecht (II. 5. 10. §. 70. 71.) zu einem öffentlich rechtlichen und
allgemein gültigen Grundſatz erhoben und die Staatsprüfung als Bedingung
der Anſtellung principiell gefordert hat. Die übrigen Staaten ſind dieſem
Vorgange allmählig nachgefolgt; in den meiſten deutſchen Verwaltungen iſt
derſelbe durch eigene Geſetze ſtrenge geregelt, und zum Theil in ganz einzelne
Fragen hinübergeführt. (S. Rönne, Preußiſches Staatsrecht §. 293 ff.) Der
Streit, ob die Prüfung an ſich gut oder vom Uebel ſei, iſt übrigens ſchon
im vorigen Jahrhundert von Moſer (Landeshoheit in Regierungsſachen S. 158)
angeregt, und dürfte jetzt wohl als ein entſchiedener anzuſehen ſein. In Würt-
temberg hat ſogar die Verfaſſungsurkunde §. 74 ausdrücklich geſagt: „Niemand
kann ein Staatsamt erhalten, ohne zuvor geſetzmäßig geprüft und für tüchtig
erkannt zu ſein.“ Merkwürdig, daß Zöpfl die ganze ſo wichtige Frage über-
haupt nicht berührt, während Zachariä in II. §. 136 ſich mit Recht mit
Seuffert (Verhältniß des Staates und der Diener des Staates §. 56) für
den „vollen Nutzen“ der Examina erklärt, deren nähere Beſtimmungen in den
territorialen Prüfungsordnungen enthalten ſind. Die Verhältniſſe Englands
ſind von Gneiſt (I. 382 und 589) genau dargelegt. Sie haben endlich dahin
geführt, daß man die unabweisbare Nothwendigkeit der berufsmäßigen Bildung
anerkennt, und es beginnt ſich dort ein Syſtem zu bilden, das dem Deutſchen
in Betreff der Prüfungen entſpricht, während es allerdings durch den Mangel
einer organiſchen Univerſitätsbildung ein höchſt unvollkommenes bleibt, und
daher ſelbſt wieder als praktiſch nutzlos in Frage geſtellt wird. Schon im
Jahre 1861 ſagte ein engliſcher Miniſter im Parlament wörtlich: „That the
numbers of „employés“ in the various departments of civil service
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were often grossly ignorant, some times absolutely stupid, occasionally
Stein, die Verwaltungslehre. I. 23
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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/377>, abgerufen am 22.11.2024.
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